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Dieser Text ist eine Kurzfassung des ADxS.org-Projektes und verlinkt auf die jeweiligen Unterseiten, die die Themen ausführlich und mit rund 14.000 Links auf Quellenangaben1 darstellen.
Diese Kurzfassung von ADxS.org ist bewusst “populärwissenschaftlich” formuliert, um Betroffenen den Einstieg ins Thema ADHS zu erleichtern, und ist durch unsere Sichtweise von ADHS geprägt. Die tiefer gehenden Beiträge legen dagegen Wert auf eine fachwissenschaftliche Darstellung. Dort ist unsere eigene Auffassung jeweils ausdrücklich als solche gekennzeichnet.
Kurzfassung der Kurzfassung ;-)
ADHS ist ein Syndrom. Das bedeutet, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Krankheiten / Störungen / Ursachen die ADHS-Symptome verursacht. ADHS ist dimensional. ADHS wird durch die Menge und Schwere der Symptome diagnostiziert. Es kann eine Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen (weniger und leichtere Symptome ohne subjektiven Leidensdruck der Betroffenen = subklinisches ADHS) oder eine Störung (mehr und schwerere Symptome mit Leidensdruck der Betroffenen = klinisches ADHS) sein.
Unbehandeltes ADHS hat schwerwiegende Folgen und geht mit einer verkürzten Lebenserwartung, einem erhöhten Risiko für andere psychische Störungen und Sucht einher und beeinträchtigt Bildung, das Einkommen und die Lebensqualität.
Die DSM und ICD Kriterien zur Diagnose von ADHS erfassen nicht alle Symptome, die bei ADHS auftreten können. Daher sollten Ärzte und Therapeuten alle bei ADHS möglichen Symptome kennen. ADHS-Symptom umfassen motorische, als auch Antriebs-, Aufmerksamkeits-, Gedächtnis-, Denk-, Wahrnehmungs- und emotionale Schwierigkeiten. ADHS-Symptome werden durch einen Mangel bestimmter Neurotransmitter (vor allem Dopamin und Noradrenalin) in spezifischen Gehirnbereichen wie dem Arbeitsgedächtnis und dem Belohnungszentrum vermittelt.
Obwohl sich die Symptome von ADHS und chronischem Stress ähneln, haben sie unterschiedliche Ursachen. Schwerer chronischer Stress kann ebenfalls zu Dopamin- und Noradrenalinmangel führen und ähnliche Symptome verursachen wie ADHS. ADHS kann verschiedene Ursachen haben, darunter genetische Faktoren (eine Mehrzahl von Genvarianten), Umwelteinflüsse wie frühkindlicher oder chronischer Stress und epigenetische Vererbung von Stress. ADHS hat eine genetische Komponente von etwa 76 %. Die Heritabilität von ADHS ist höher als die von Intelligenz.
Die Diagnose von ADHS erfolgt in der Regel durch Fragebögen, Interviews und Tests, wobei eine Differentialdiagnose durchgeführt werden muss, um eine Verwechslung mit anderen Störungen auszuschließen.
Die Behandlung von ADHS umfasst in der Regel eine medikamentöse Therapie, die durch therapeutische Maßnahmen wie Verhaltenstherapie, Stressreduktion, Achtsamkeitstraining und Neurofeedback unterstützt werden kann. Sport ist bei ADHS therapeutisch hilfreich.
Es gibt verschiedene Präsentationsformen (früher: Subtypen) von ADHS, die sich in den Symptomen unterscheiden können: der reine ADHS-HI-Typ (hyperaktiv/impulsiv), der reine ADHS-I-Typ (unaufmerksam) und der ADHS-C-Typ (kombiniert hyperaktiv/impulsiv und unaufmerksam).
Die Behandlung sollte individuell angepasst werden und umfasst auch die Behandlung von Schlafproblemen, die mit ADHS verbunden sind.
Seit Mitte März 2023 verwenden wir den Begriff ADHS (anstatt dem bis dahin verwendeten AD(H)S) als Oberbegriff. Die Subtypen / Ausprägungen bezeichnen wir nun als ADHS-HI (überwiegend hyperaktiv/impulsiv), ADHS-I (überwiegend unaufmerksam) und ADHS-C (hyperaktiv/impulsiv und unaufmerksam).
Diese Kurzfassung ist in verschiedene Abschnitte aufgeteilt, die in etwa den Kapiteln des Kompendiums entsprechen und deren Inhalte in der folgenden Gliederung in 1 bis 2 Sätzen beschrieben werden.
1. Was ist ADHS?
Hierauf gibt es sehr verschiedene Antworten, je nachdem, was “ist” meint:
Störung oder Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen?
Ursachen
wie entsteht ADHS?
Korrelate
was geht mit ADHS (häufig) einher?
Symptome
wie zeigt sich ADHS?
Symptomvermittlung
was bewirkt die einzelnen Symptome?
Folgen
was macht ADHS mit den Betroffenen?
Diese und einige weitere Punkte fassen wir in der Kurzdarstellung zusammen.
2. Folgen von ADHS ADHS hat massive Folgen, die häufig lebenslang bestehen bleiben. Die Darstellung der erhöhten Sterblichkeit, der erhöhten Risiken für weitere psychische Störungen oder der weiteren Folgerisiken zeigen ein realistisches Bild, wie schwerwiegend ADHS ist.
3. Symptome von ADHS
Hier beschreiben wir, wie ADHS nach außen in Erscheinung tritt und welche ca. 35 weiteren Symptome es über die von DSM und ICD genannten diagnostischen Symptome hinaus gibt.
Für die Diagnostik insbesondere von nach DSM oder ICD grenzwertigen Fällen sowie für jede sinnvolle Behandlung ist die Kenntnis aller ADHS-Symptome unerlässlich.
4. Symptomvermittlung ADHS könnte unserer Ansicht nach auch als chronische Überaktivität bzw. Überreagibilität der Stressregulationssysteme beschrieben werden, was eher auf die Vermittlung der Symptome abzielt. Dieser Abschnitt beschreibt, warum ADHS dennoch etwas anderes ist als chronischer (und erst recht als akuter) Stress bei Nichtbetroffenen.
5. Wie entsteht ADHS?
Welche genetische, epigenetische und umweltbedingte Umstände können ADHS auslösen? ADHS ist ein Symptomcluster, das durch verschiedene Ursachen bewirkt werden kann. ADHS wird überwiegend genetisch verursacht, wobei zu unterscheiden ist zwischen vererbten Genvarianten, die zigtausende Jahre alt sein können und epigenetischen Ursachen, die durch Lebenserfahrungen eines Menschen verursacht und über wenige Generationen weitervererbt werden können. Ein genetisch oder anders (z.B. durch eine frühkindliche Enzephalitis oder frühkindlichen Stress) verursachter Dopaminmangel in der Zeit zwischen Zeugung und ca. 3 Jahren kann eine Gehirnentwicklungsstörung oder -verzögerung bewirken, die ihrerseits AD(H)DS-Symptome verursachen oder vermitteln kann.
6. Diagnose von ADHS
Wie wird ADHS diagnostiziert?
Von welchen ähnlichen Störungen ist ADHS zu unterscheiden (Differenzialdiagnostik)?
Welche andere Störungen treten häufig zusammen (komorbid) mit ADHS auf?
7. Die Präsentationsformen (Subtypen) ADHS-HI / ADHS-C / ADHS-I
Wir beschreiben die Unterschiede zwischen ADHS-HI (mit Hyperaktivität), ADHS-I (ohne Hyperaktivität) und ADHS-C (mit Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit). SCT dürfte eher eine eigenständige Störung als ein ADHS-Subtyp sein.
8. Behandlung von ADHS
Wie kann ADHS behandelt werden? Wir beschreiben Medikamente, Psychotherapie, Stressvermeidung, Stressabbau, Ernährung, Neurofeedback und weitere Methoden.
Wie wirksam sind diese Behandlungsmethoden (welche Effektstärke haben sie)?
Was kann man zur Prävention von ADHS tun?
9. Neurologische Wirkmechanismen
Welche neurophysiologische und neurobiologische Abläufe vermitteln welche ADHS-Symptome?
10. Wissenswertes zu ADHS
Was einem noch helfen kann, um ADHS zu verstehen.
11. Tests und Umfragen
Wir bieten verschiedene kostenlose Online-Screening-Tests an, die Hinweise geben können, ob eine medizinisch-fachliche Diagnostik sinnvoll sein könnte:
ADHS-Symptomtest (Selbstbewertung)
ADHS-Fremdbewertungstest
ADHS-Reaktionstest
SCT-Test (Sluggish Cognitive Tempo)
Hochsensibilitätstest
Differentialdiagnostiktest Angst
Differentialdiagnostiktest Depression
Differentialdiagnostiktest Autismusspektrum
ADHS-Medikamentenwirkungstest
Daneben sammeln wir Kontaktdaten von Ärzten und Therapeuten mit Erfahrung zu ADHS.
12. ADHS-FORUM
ADxS.org bietet das derzeit umfangreichste deutschsprachige aktive Forum zum Thema ADHS: ADHS-Forum unter adhs-forum.ADxS.org
Die meisten Beiträge sind auch für Besucher lesbar. Die Mitgliedschaft ist kostenlos.
Die Frage “Ist ADHS eine Störung* oder eine Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen?” kann recht einfach und prägnant beantwortet werden: “Ja!”
*(Genau genommen ist ADHS ein Syndrom und keine Störung. Das ginge aber in der Kurzfassung zu weit).
ADHS ist – wie die meisten anderen psychischen Störungen – dimensional.23
Während eine Schwangerschaft oder ein Knochenbruch kategorial sind (sie bestehen oder sie bestehen nicht), ist ADHS (ebenso wie z.B. Depression, Angst oder Narzissmus) nur durch das Maß und die Schwerpunkte der Symptome als Störung zu diagnostizieren. In leichteren Fällen stellt ADHS lediglich eine Persönlichkeitsdimension dar.
Fast jeder Mensch hat ein paar ADHS-Symptome häufig. Erst die Menge der häufig auftretenden Symptome unterscheidet zwischen Persönlichkeitsmerkmalen, die keine Störung darstellen, und ADHS als belastender Störung. Das macht eine Diagnose zwar aufwendig (bei kurzer Beobachtung (als “Foto”) ist ADHS nicht unterscheidbar, erst bei längerer Betrachtung (als “Film”) wird es erkennbar), bleibt jedoch bei Weitem eindeutig genug, um ADHS sauber von bloßem chronischem Stress abgrenzen zu können. Während nicht betroffene Erwachsene 1 bis 2 von 18 Symptomen (nach Barkley) oder 9 von 35 Symptomen (in unserem Online-Symptomtest, Version 2) häufig aufweisen, haben ADHS-Betroffene im Schnitt 12 dieser 18 Symptome (nach Barkley) oder 26 der 35 Symptome (in unserem Online-Symptomtest, Version 2) häufig. Welche der Symptome ein bestimmter Betroffener hat, ist nicht vorhersagbar. Es sind häufig, aber bei Weitem nicht immer, die DSM / ICD-Symptome, die nur die (von anderen Störungen) optimal unterscheidenden Symptome (diagnostische Symptome) darstellen. Es sind keineswegs alle Symptome, die aus ADHS selbst entstehen können (behandlungsrelevante Symptome).
Zwischen Betroffenen von ADHS mit Störungsqualität und Betroffenen von ADHS ohne störende Intensität, also als bloße Persönlichkeitsdimension, bestehen jedoch starke genetische Verbindungen, sodass ADHS als dimensional aufgefasst werden muss.4
Der dimensionale Charakter von ADHS lässt sich als ein Kontinuum beschreiben:
gar nicht vorhanden, kein Symptom tritt häufig auf (das dürfte eher wenige Menschen betreffen)
vereinzelte Symptome häufig, ohne jede subjektive Beeinträchtigung (das betrifft die meisten Menschen)
einige Symptome häufig, die in einzelnen Lebenslagen erkennbar werden (viele Menschen)
spürbare Symptome, die in mehreren Lebenssituationen zuweilen anstrengend werden (die aber in aller Regel noch keine Störung darstellen)
deutliche Symptome, die in etlichen Lebenssituationen belastend wirken (dies kann bereits Störungscharakter haben)
starke Symptome, die in vielen Lebenssituationen beeinträchtigend wirken (in der Regel hat dies Störungsqualität)
sehr starke Symptome, die in den meisten Lebenssituationen das Leben sehr erschweren (Störung)
Ab welcher Stufe die Persönlichkeitsmerkmale zu einer Störung werden, muss anhand der individuellen subjektiven Belastung entschieden werden. Das subjektive Leid ist das entscheidende Merkmal, um von einer psychischen Störung zu sprechen. Dies ist bei fast allen psychischen Störungen so, mit Ausnahme vielleicht bei seltenen fremdgefährdenden Störungen und Psychopathie.
Etwa 5 bis 10 % der Menschen haben so starke ADHS-Symptome, dass sie erheblich darunter leiden. ADxS.org beschäftigt sich mit ADHS als Störung und verwendet den Begriff ADHS als Bezeichnung einer Störung im Sinne einer Stärke des Auftretens innerhalb des Kontinuums, die mit einem subjektiven Leiden der jeweils Betroffenen einhergeht. Menschen, die nicht an ihren Symptomen aus diesem Kontinuum leiden, können bei ADxS.org gleichwohl einiges über die Zusammenhänge und Hintergründe ihrer Persönlichkeitsmerkmale erfahren.
Laut einer repräsentativen Umfrage kennen 90 % der Befragten den Begriff ADHS. Von diesen glaubten 20 %, ADHS sei keine existierende klinische Störung und 66 % waren gegen eine medikamentöse Behandlung mit Stimulanzien.5 Das Projekt ADxS.org widmet sich der Aufgabe, Transparenz zu schaffen, das Verständnis zu erhöhen und Lösungsansätze zu präsentieren.
ADHS hat massive Folgen, die - unbehandelt - häufig das gesamte Leben über bestehen bleiben.67 Unter anderem ist die Lebenserwartung bei unbehandeltem ADHS um bis zu 13 Jahre verkürzt, die Wahrscheinlichkeit für Depressionen, Angst- und Essstörungen stark erhöht und Bildungsstand, Einkommen sowie Lebensqualität sind verringert. Das Suchtrisiko ist fast, die Raucherquote mehr als verdoppelt. ADHS-Betroffene werden 4 Mal so häufig geschieden und haben das 7-fache Risiko, im Gefängnis zu landen.
ADHS ist keinesfalls “bloß” Stress (auch wenn schwerer chronischer Stress und ADHS ihre nahezu identischen Symptome neurobiologisch recht ähnlich vermitteln), sondern für entsprechend stark Betroffene eine ernst zu nehmende Störung und schwere Belastung für die Betroffenen, die unbehandelt die Lebensqualität massiv beeinträchtigt.
Wie sich ADHS für Betroffene anfühlt, kann man als Nichtbetroffener anschaulich nachvollziehen, wenn man sich vorstellt, dass der eigene Schreibtisch anstatt in einem normalen Büro mitten in einer hochfrequentierten Fußgängerzone direkt neben den Straßenbahnschienen stünde und versucht, nachzufühlen, um wie viel anstrengender ein Tag dann wäre und um wie viel belasteter man nach Hause käme. Oder man vergleicht es mit den Lebensumständen, unter denen manche Nichtbetroffene zeitweise vergleichbare Symptome erleiden, wie z.B. eine Rosenkrieg-Scheidung, eine Insolvenz oder zu erfahren, dass man Krebs hat8 – nur dass hier das ganze Leben aus diesem Zustand besteht.
Betroffene können anhand dieser Beschreibung in der Regel nicht selbst erkennen, ob sie ADHS haben. Denn jeder Mensch empfindet seine andauernden Lebensumstände und Reaktionen als das normale Maß der Dinge. Aus sich selbst heraus sind lediglich kategoriale Abweichungen erkennbar (wenn etwas unter gar keinen Umständen akzeptabel ist), nicht aber dimensionale Abweichungen (dem Maß nach), da hierzu der Vergleichsmaßstab fehlt. Die Maßstäbe, das “Normalnull” eines Menschen, richten sich regelmäßig nach den eigenen lebenslangen Erfahrungen – und das eigene Leben war nun einmal schon immer so. ADHS-Betroffene kennen sich nicht anders und identifizieren sich daher mit ihren Symptomen als “normal”.
Immerhin hat ADHS gegenüber allen anderen psychischen Störungen einen unbestreitbaren Vorteil: Es ist die am besten behandelbare psychische Problematik überhaupt.
Wie bei allen psychischen Störungen muss zwischen der kleineren Anzahl der diagnostisch relevanten Symptomen und der Gesamtheit der behandlungsrelevanten Symptome unterschieden werden. ADHS kann weitaus mehr Symptome verursachen als die vielzitierten DSM- oder ICD-Kriterien. DSM und ICD sind diagnostische Manuale. Sie zielen darauf ab, Störungen zu identifizieren. Daher nennen DSM und ICD nur die diagnostisch relevanten Symptome, also diejenigen, die eine besonderes hohe Unterscheidungskraft zu anderen Störungsbildern besitzen. Symptome, die auch bei anderen Störungen häufig (mit) auftreten, werden bei DSM und ICD dagegen nicht aufgeführt. Selbst der renommierte amerikanische Psychiater Allen James Frances, Vorsitzender Herausgeber des DSM-IV, kritisiert, dass Diagnosen viel zu häufig allein auf die DSM- oder ICD-Kriterien gestützt werden.
DSM 5 nennt 8 Symptome von ADHS:
Unaufmerksamkeit (Ablenkbarkeit und Konzentrationsprobleme, nicht aber Taskwechselprobleme)
DSM IV (bis Mai 2013) und ICD 10 waren noch ausschließlich auf die Symptome von Kindern ausgerichtet und berücksichtigten daher naturgemäß nicht, dass sich die ADHS-Symptome bei Erwachsenen (⇒ ADHS bei Erwachsenen) gravierend verändern: motorische Hyperaktivität verliert sich weitgehend, während Innere Unruhe und Getrieben-Sein sichtbarer werden, emotionale Probleme nehmen zu (⇒ Emotionale Dysregulation – Stimmungsschwankungen bei ADHS). Auch Aufmerksamkeitsprobleme können abnehmen oder sogar ganz verschwinden (wenn auch seltener als Hyperaktivität).
Das Missverständnis, dass die DSM- oder ICD-Symptome die einzigen originären (unmittelbar durch ADHS verursachten) Symptome wären, ist selbst bei Ärzten und Therapeuten häufig. Für Behandlung und Therapie ist jedoch die Kenntnis der Gesamtheit aller möglichen Symptome unerlässlich. Die Folgen können fatal sein, etwa wenn die ADHS-typische Dysphorie bei Inaktivität mit Depression verwechselt wird und deshalb erfolglose Medikationsversuche mit Antidepressiva vorgenommen werden. Oder wenn Prokrastination, Stimmungsschwankungen oder Kränkbarkeit (⇒ Rejection Sensitivity: Kränkbarkeit / Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung und Kritik als spezifisches ADHS-Symptom) nicht als originäre Folge eines bestehenden ADHS in Betracht gezogen, sondern als Folgen negativer Lebenserfahrungen oder mangelnder Disziplin therapiert werden – was bei den Betroffenen den Eindruck vertiefen kann, ungenügend zu sein.
Unter ⇒ Symptome von ADHS haben wir alle Symptome gesammelt, die originär aus ADHS resultieren können und mit Quellenangaben aus der ADHS-Fachliteratur (als ADHS-Symptome) belegt:
Viele Fachbücher bestätigen ADHS-Betroffenen (neben ihren spezifischen Symptomen) spezifische positive Charaktereigenschaften. Diese positiven Eigenschaften sind weitgehend deckungsgleich mit den in der Fachliteratur zur Hochbegabung für genannten typischen Charakterzüge von Hochbegabten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass alle ADHS-Betroffenen hochbegabt wären (eine deutliche Minderbegabung ist sogar ein bekannter Risikofaktor für ADHS). ⇒ Hochbegabung und ADHS.
ADHS-Symptome werden durch einen (Wirkungs-)Mangel bestimmter Neurotransmitter (hauptsächlich Dopamin und Noradrenalin) in bestimmten Gehirnbereichen (vorwiegend dem Arbeitsgedächtnis und dem Belohnungszentrum ausgelöst.
Da schwerer chronischer Stress ebenfalls mit Dopamin- und Noradrenalinmangel einhergeht, ähneln sich die Symptome von ADHS und schwerem chronischem Stress.
⇒ ADHS-Symptome sind Stresssymptome
Doch auch wenn beide Phänomene ähnliche Symptome auf ähnliche neurobiologische Weise verursachen, ist ADHS etwas anderes als “nur“ chronischer Stress: Stress geht mit dem Stressor, ADHS bleibt. Denn der fast identische Neurotransmittermangel hat bei ADHS andere Ursachen als bei Stress. ⇒ ADHS als chronifizierte Stressregulationsstörung
ADHS: Der Unterschied zwischen Ursachenebene und Symptomvermittlungsebene
Es gibt viele verschiedene Ursachen, die einen Dopamin- und Noradrenalinmangel auslösen können. Dazu gehören unter anderem Enzephalitis (Gehirnentzündung) und Parkinson, aber auch einige seltene monogenetische Störungen. Daneben wird ein Zusammentreten von einer Vielzahl von Genvarianten, die alle ein kleines bisschen zu einem Dopamin- und Noradrenalinmangel beitragen, als Ursache genannt.
Diese einzelnen Krankheiten haben jeweils noch weitere, spezifische Symptome, die nicht auf Dopamin- und Noradrenalinmangel beruhen.
Der Dopamin- und Noradrenalinmangel ist die neurobiologische Gemeinsamkeit, die die ADHS-Symptome vermittelt. ADHS kann als Syndrom (Ansammlung erkennbarer Symptome, die häufig gemeinsam auftreten) bezeichnet werden. Sofern man den Dopamin- und Noradrenalin(wirk)mangel als das die Symptome vermittelnde Element sieht, kann es auch als Störung (Beeinträchtigung der normalen oder regelmäßigen Körperfunktionen durch eine Krankheit) bezeichnet werden.
Der Dopamin- und Noradrenalinmangel, der die ADHS-Symptome verursacht, kann durch eine Vielzahl (mindestens dreistellig) von Krankheiten verursacht werden.
Dies erklärt, warum ADHS nicht heilbar ist. Es ist nicht möglich, den Dopamin- und Noradrenalinspiegel dauerhaft zu erhöhen. Medikamente können den Mangel zwar sehr wirksam ausgleichen, aber immer nur solange sie wirken. Für eine Genesung müsste die jeweilige Ursache dauerhaft behoben werden, die den Dopamin- und Noradrenalinmangel auslöst. Bislang weiß man allerdings zu wenig über die genauen Ursachen.
Neue Erkenntnisse führen immer wieder einmal dazu, dass eine Ursache erkannt wird. Manchmal ist diese heilbar, meist jedoch nicht.
Mehr zur neurophysiologischen Vermittlung einzelner ADHS-Symptomen unten unter 6.
Es gibt mehrere Entstehungspfade, die gemeinsam wirken:
Genetisch: ADHS kann durch ein Zusammenwirken einer Mehrzahl an zufällig entstandenen Genen (bis zu zig- oder hunderttausenden Jahren alten Genvarianten) entstehen, ohne dass hierfür Umwelteinflüsse erforderlich wären. Diese Genvarianten sind ohne Stresseinwirkung entstanden. Bestehen gleichzeitig mehrere Genvarianten mit einer gleichartigen Wirkung (mehrere Gene, die z.B. alle den Neurotransmitter Dopamin abschwächen), können sich ihre Einflüsse so addieren, dass das Gleichgewicht gestört ist.
Nennen wir es, um es unterscheiden zu können, hier “genetisch geerbtes ADHS“.
Folgen dieser Genvarianten können schon in den ersten Lebensjahren weitere Ursachen vermitteln. So führt ein Dopamindefizit in den ersten Lebensjahren zu einer Entwicklungsstörung des Gehirns, weil Dopamin für die Gehirnentwicklung wichtig ist (ein sogenannter neurotropher Faktor). ADHS wird häufig als Gehirnentwicklungsstörung beschrieben. ⇒ Genetische und epigenetische Ursachen von ADHS – Einführung
⇒ Gehirnentwicklungsstörung und ADHS
Umwelt: ADHS kann durch Umweltfaktoren (frühkindlichen oder chronischen starken Stress) entstehen. Die Stressmedizin beschreibt dies bereits als Entstehungspfad für Depression.
Früher oder chronischer starker Stress kann neurotoxische Wirkung entfalten sowie die Expression von Genen, also ihre Aktivität, verändern (Epigenetik). Dies kann ebenso die ADHS-typischen Änderungen von Neurotransmitterspiegeln und Co. bewirken. Während aktiver Stress Dopamin- und Noradrenalinspiegel erhöht, geht chronischer Stress mit langfristig verringerten Dopaminspiegeln einher. Frühkindlicher chronischer Stress kann so die Dopamindefizite auslösen, die in der Folge eine Gehirnentwicklungsstörung bewirken. Diese ADHS-Ursache ist im besonderen Maße einer Prävention durch fürsorgliches, warmes Elternverhalten zugänglich.
Weiter können auch Krankheiten zu ADHS-typischen Verhaltensveränderungen anregen. Beispielsweise zerstört Enzephalitis die dopaminergen Zellen im Gehirn und kann so ein Dopamindefizit auslösen, das ADHS-typische Symptome verursacht.
Epigenetisch (Vererbte Erfahrungen): Durch schweren oder chronischen Stress erworbenes ADHS kann an die eigenen Nachfahren weitervererbt werden. Im Gegensatz zum “genetisch geerbten” ADHS der ersten Variante werden hier nur die durch Umwelteinflüsse erworbenen epigenetischen Veränderungen der Genaktivität weitervererbt. Gifte, schwerer früher oder chronischer Stress oder Krankheiten können die Expression von Genen verändern. Tierexperimente wie Studien an Menschen haben Vererbungen solcher erworbenen Genexpressionen über 2 bis 4 Generationen nachgewiesen. Nennen wir es zur Unterscheidung “epigenetisch geerbtes ADHS”. ⇒ Genetische und epigenetische Ursachen von ADHS – Einführung
ADHS hat eine starke genetische Komponente von rund 76 %. Die Heritabilität (Vererblichkeit) von ADHS ist damit größer als die von Intelligenz. Unter den ADHS-Fällen mit klinischer Intensität sind bis zu 90 % genetisch verursacht.9 Es sind jedoch nicht einzelne Gene ursächlich, auch wenn bestimmte Genvarianten häufiger beteiligt sind. Es sind viele hundert Kandidatengene bekannt. Es wäre nicht überraschend, wenn es tausende wären. Mehr als 300 davon haben wir unter ⇒ Kandidatengene bei ADHS genannt.
Dopamin hängt übrigens eng mit der Regulierung des circadianen Rhythmus zusammen. Dopamin und das schlaffördernde Melatonin sind Gegenspieler. Rund 75 % der ADHS-Betroffenen haben einen nach hinten verschobenen Tagesrhythmus (oder hätten ihn, wenn sie dürften. Dies erklärt den engen Zusammenhang von ADHS und (Ein-)Schlafproblemen.
Schlafprobleme und ADHS verstärken sich gegenseitig. ⇒ Schlafprobleme bei ADHS.
Wir stellen die Diagnoseverfahren von ADHS vor und erläutern, von welchen ähnlichen Störungsbildern ADHS abgegrenzt werden muss (Differentialdiagnostik) und welche Störungen häufig zusammen mit ADHS auftreten (Komorbiditäten).
⇒ Diagnostik
ADHS wird primär mittels Fragebögen (Selbstbeurteilung und Eltern-/Lehrerbeurteilung) diagnostiziert. Diese allein reichen für eine solide Diagnose indes nicht aus.
Interviews durch erfahrene Diagnostiker haben den Vorteil, dass diese das Maß der Schwere eines Symptoms besser einschätzen und vergleichen können.
Tests sind hinsichtlich der Beurteilung der Testergebnisse scheinbar objektiver – allerdings nur hinsichtlich der Testergebnisse.
⇒ ADHS – Diagnosemethoden.
Auch Interviews, Fragebögen und Tests können zu verfälschten Ergebnissen führen, wenn die Probanden ein sehr hohes persönliches Interesse an der Untersuchung haben und dementsprechend motiviert sind. Bei entsprechend hohen (und persönlich interessanten) Belohnungen, denen es gelingt, das ADHS-typische Motivierbarkeitsdefizit zu überwinden, sind die Aufmerksamkeitsleistungen von ADHS-Betroffenen nicht mehr von denen Nichtbetroffener zu unterscheiden.
Auch Rauchen kann Testergebnisse verfälschen, da Nikotin wie Methylphenidat den Dopaminspiegel erhöht und häufig als Selbstmedikation verwendet wird.
⇒ Diagnosemethoden: Probleme bei ADHS-HI-Tests – ADHS-HI-Symptome treten nicht durchgängig auf
Daher gibt nicht den einen universellen Test, der allein eine sichere objektive Diagnose stellen könnte.
Abgesehen davon können Leistungstests stets nur die momentane Stresssymptomatik bestätigen, nicht aber die Dauer ihres Bestehens und ihre Herkunft.
⇒ Stressschäden – Auswirkungen von frühkindlichem und/oder langanhaltendem Stress
Ausschluss organischer Ursachen
Dies ist ohne Blutuntersuchungen (auf Vitaminmangel, Schilddrüsenhormone etc.) unmöglich.
Daneben sind etliche weitere Differentialdiagnosen abzuklären.
Ausschluss bloßer Stresssymptomatik durch akute Stress verursachende Lebensumstände (Dauer der Existenz der Symptome und Auftreten in verschiedenen Lebensbereichen)
Ausschluss anderer psychischer Ursachen, die die Symptome besser erklären können
DSM/ICD sind wichtige Anhaltspunkte, beinhalten jedoch nur diejenigen Symptome, die besonders gut von anderen Störungsbildern abgrenzen und nicht die Gesamtheit aller Symptome, die aus ADHS resultieren können. Die im Einzelfall bestehenden Symptome müssen daher nicht zwingend DSM/ICD entsprechen und gehen in fast allen Fällen weit darüber hinaus.
Selbstwahrnehmungsfragebögen
Interviews mit Betroffener/m
Fremdbeurteilungsfragebögen und -interviews mit Eltern/Vertrauenspersonen
Testpsychologische Leistungsdiagnostik
Nochmals, weil von besonderer Bedeutung: Die Symptomkataloge von DSM und ICD sind keine abschließenden, vollständigen Aufstellungen aller ADHS-Symptome. DSM und ICD sind diagnostische Hilfsmittel, Statistik- und Abrechnungsinstrumente, die erheblich zur ärztlichen Qualitätssicherung beitragen. Diese als alleinige Maßstäbe zur Diagnostik zu verwenden, wäre jedoch ein Kunstfehler. ⇒ Diagnostische ADHS-Symptome nach DSM, ICD, Wender-Utah u.a.
Erst die Gesamtschau der Ergebnisse führt zu einer sicheren Diagnose.
7. Der Unterschied zwischen ADHS-HI und ADHS-I – die Subtypen¶
Bei ADHS werden die Subtypen ADHS-HI (überwiegende Hyperaktivität), ADHS-I (überwiegende Unaufmerksamkeit) und ADHS-C (Aufmerksamkeitsprobleme und Hyperaktivität) unterschieden. SCT (sluggish cognitive tempo) scheint kein ADHS-Subtyp, sondern eine eigenständige Störung zu sein. Dies deckt sich damit, dass hohe SCT-Werte durch unseren ADxS-SCT-Onlinetest gleichermaßen bei ADHS-HI- wie ADHS-I-Betroffenen festgestellt wurden.
Der reine ADHS-HI-Typ wird vorwiegend bei Kindern bis 15 Jahren festgestellt. Dies dürfte daran liegen, dass Unaufmerksamkeits-Symptome im Alter von weniger als 6 Jahren nur sehr schwer diagnostiziert werden können. Eine zuverlässige Diagnose ist erst in einem Alter von mehr als 15 Jahren möglich. ADHS-C dürfte daher häufig die spätere Entwicklungsform des ADHS-HI-Subtyps sein. Es gibt aber – auch bei Erwachsenen – noch einen Anteil von ca. 10 % der ADHS-Betroffenen mit dem reinen ADHS-HI-Subtyp mit geringen Aufmerksamkeitsproblemen.
Unser Leitfaden stellt eine aus wissenschaftlicher Sicht sinnvolle ADHS-Behandlung vor.
Wir stellen viele geeignete und weniger geeignete Medikamente für ADHS sowie mögliche nichtmedikamentöse Behandlungswege dar. Besonders wichtig ist der Vergleich von Effektstärken der unterschiedlichen Behandlungsoptionen. ⇒ Behandlung und Therapie
Einen pauschalen und einheitlichen Behandlungsweg für ADHS gibt es nicht. Jede Behandlung muss auf die individuelle Symptomausprägung und die persönlichen Lebensumstände und Persönlichkeitseigenschaften der Betroffenen ausgerichtet werden. Daher bedarf es stets einer individuellen ärztlichen Anamnese und Einzelfallbeurteilung.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die nachfolgend beschriebene Vorgehensweise in den meisten Fällen sinnvoll und bildet so ein gedankliches Grundgerüst. ⇒ Leitfaden ADHS-Behandlung
Im ersten Schritt bedarf es einer sicheren Diagnose durch Fragebogen UND Tests, Familienanamnese unter vollständiger Differentialdiagnostik und Ermittlung und Abgrenzung von Komorbiditäten. ⇒ Differentialdiagnostik bei ADHS und ⇒ ADHS – Komorbidität
Im zweiten Schritt sind erste Behandlungsschritte zu treffen. Dies ist in aller Regel vornehmlich eine angemessene und sorgfältig eingestellte Medikation. Die akute Medikation bewirkt, dass der Betroffene einmal erleben kann, wie sich ein symptomfreies Leben anfühlt, um dies über einige Monate als den Zielzustand zu verankern, der mit den therapeutischen Maßnahmen im dritten Schritt angestrebt wird. In der Regel führt erst eine Normalisierung der Dopaminspiegel durch Stimulanzien zu einer angemessenen Lern- und Therapiefähigkeit. Dopamin ist neurotroph, d.h. für die Verankerung von Lernerfahrungen notwendig.
Sind Kinder bis 6 Jahre betroffen, sind als zweite Behandlungsmaßnahme therapeutische Maßnahmen für die Eltern und die Bezugspersonen angezeigt. Bei kleinen Kindern bewirkt die Elternarbeit eine Verringerung der Stressoren und schützt vor einer Vertiefung der ADHS-Störung im noch verletzlichen Alter. Therapeutische Maßnahmen bei Kindern bis 6 Jahren selbst sind dagegen eher wirkungslos. ⇒ ADHS – Prävention und Vorsorge – Was Eltern tun können.
Im dritten Schritt erfolgen verschiedene therapeutische Maßnahmen, die das Ziel haben, die Medikation entbehrlich zu machen. Kurzfristig sollten Stressoren im Umfeld verringert und Schlafprobleme offensiv angegangen werden. ⇒ Schlafprobleme bei ADHS. Mittelfristig sind achtsamkeitsbasierte Therapieformen wie z.B. achtsamkeitsbasierte Verhaltenstherapie (MBCT), Achtsamkeitstraining (MBSR) empfehlenswert. Langfristig können Neurofeedback, Traumatherapien wie EMDR oder ggf. DBT sinnvoll sein. Dazu treten Umfeldinterventionen, Psychoedukation und Gruppenerfahrungen.
Neurofeedback ist dabei besonders faszinierend, weil die Behandlungserfolge – wenn auch leider nur in seltenen Ausnahmefällen vollständig heilend – dauerhaft sind. ⇒ Neurofeedback als ADHS-Therapie
Medikation bei ADHS ist ein hochkomplexes Thema. Bei ADHS sind dopaminerge, noradrenerge und andere Neurotransmittersysteme an der Vermittlung der Symptome beteiligt. Ausführliche Informationen finden sich in den einzelnen Beiträgen zu den jeweiligen Medikamenten.
Bei der Feinjustierung der Medikation sollte beachtet werden, dass ein gesunder Zustand nicht die Abwesenheit sämtlicher vorhandenen ADHS-Symptome ist, sondern dass bei Gesunden (und medikamentös optimal eingestellten) im Schnitt 20 bis 25 % der möglichen Symptome häufig auftreten (anstatt der im Schnitt 75 % der Symptome bei Betroffenen). Eine Medikation sollte daher lediglich die Anzahl der häufig auftretenden Symptome auf das Maß Nichtbetroffener reduzieren und nicht alle etwaigen Symptome vollständig beseitigen. Andernfalls wird eine Überdosierung riskiert, die im Extremfall zu einer Einschränkung statt zu einer Verbesserung der Lebensfreude führt.
Besonderes Augenmerk sollte auf die Behandlung von Schlafproblemen gelegt werden. Schlafprobleme können (wie alle ADHS-Symptome) Stresssymptome sein. Da Schlaf einer der wichtigsten Faktoren zum Abbau von Stress ist, können Schlafprobleme in einen ADHS-Teufelskreis führen. Rund 3/4 aller ADHS-Betroffenen haben einen nach hinten verschobenen Chronorhythmus, sodass das circadiane System betroffen ist. Gerade bei Kindern, die schulbedingt (oft viel zu) früh aufstehen müssen, kann eine Vorverlegung des Einschlafzeitpunkts (z.B. durch unretardiertes Melatonin) hilfreich sein.
Ausführlich hierzu unter ⇒ Schlafprobleme bei ADHS und dem interessanten Thema ⇒ Binaurale Musik als Therapie bei ADHS und Schlafproblemen ist ein eigener Beitrag gewidmet.
Nahrungsmittel, Lebensmittelzusätze und ADHS
ADHS wird nicht allein durch Nahrungsmittel oder Lebensmittelzusätze verursacht. Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln oder Lebensmittelzusätzen können jedoch als Stressoren die Intensität von ADHS erhöhen, oder bei Betroffenen, die ein so schwaches ADHS haben, dass es ohne zusätzliche Stressoren nicht störend auftritt (Stichwort: dimensionale Störung), dieses in den pathologischen Bereich verschieben. Dies ist kein allein auf ADHS zutreffendes Muster: auch bei anderen psychischen Störungen kann eine Beseitigung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten die Symptomintensität verringern oder beseitigen.
Beispielsweise kann früher oder langanhaltender Stress die Barrierefunktion der Darmschleimhaut beeinträchtigen und dadurch chronische Darmentzündungen begünstigen – insbesondere bei Menschen, die Stress eher nach außen ausleben, als ihn in sich hineinzufressen, da diese Stressphänotypik mit einer abgeflachten Cortisolstressantwort und daher häufig auch mit erhöhten Entzündungsproblemen einhergeht. Cortisol hemmt immunologisch Entzündungen und fördert stattdessen die Fremdkörperbekämpfung (TH1/TH2-Shift). Zu wenig Cortisol führt zu einer unzureichenden Entzündungshemmung.
Weiter kann (insbesondere früher oder chronischer) Stress die Expression von Genen verändern, die für die Bereitstellung von bestimmten Enzymen im Verdauungstrakt zuständig sind. Oxidativer Stress (der weniger durch psychische Belastungen als durch suboptimale Ernährung und Gifte wie Rauchen gefördert wird) kann ebenfalls Verdauungsprobleme und Nahrungsmittelunverträglichkeiten verursachen.
Mehr hierzu unter ⇒ Ernährung und Diät bei ADHS.
Prävention:
Auf der Grundlage des Verständnisses, dass weitervererbte Stresserfahrungen ein ADHS-Risiko bewirken können (Disposition) und dass besonders warmes und fürsorgliches Elternverhalten dazu beitragen kann, dass aus einer solchen Disposition kein tatsächliches ADHS entsteht (Manifestation), ist uns die Darstellung der Möglichkeiten zur ADHS-Prävention für Eltern und Bezugspersonen sehr wichtig. Diese Grundsätze dürften für weitere multigenfaktorielle psychische Störungen ebenso gelten. ⇒ Prävention
Jeder Gedanke, jedes Gefühl, jede Handlung hat ein neurophysiologisches Korrelat. Das bedeutet: alles, was wir tun, wird durch spezifische Abläufe im Gehirn repräsentiert. Diese Korrelation ist wechselseitig. Das Gehirn beeinflusst, abhängig von seinem neurophysiologischen Zustand, was wir denken, tun und fühlen, während alles, was wir denken, tun und fühlen seinerseits neurophysiologische Veränderungen in unserem Gehirn beeinflusst. Ebenso beeinflusst das Gehirn den Körper und der Körper das Gehirn. Auch hier bestehen Kreisläufe aus Wahrnehmung und Folgen, die sich gegenseitig beeinflussen.
Neurophysiologische Korrelate sind damit lediglich ein momentanes Abbild des Gehirnzustands, das mit einem bestimmten Zustand oder Verhalten gleichzeitig auftritt und bedeuten nicht, dass eine einseitige Kausalität gegeben wäre (dass also Gehirnzustände stets nur die Ursache und Verhalten immer nur die Folge wären). ⇒ Neurologische Aspekte
Beispiele neurophysiologischer Einflüsse und Korrelationen bei ADHS
Die Anzahl der Dopamintransporter halbiert sich bei Erwachsenen (50 Jahre) gegenüber Kindern (15 Jahre). Daher benötigen Erwachsene (zum Teil deutlich) geringere Dosierungen dopaminerger Medikamente als Kinder. ⇒ ADHS bei Erwachsenen
Motivationsprobleme ergeben sich aus einer abweichenden Bewertung zu erwartender Belohnungen. Belohnung ist für ADHS-Betroffene nur dann interessant (und da genauso interessant wie für Nichtbetroffene), wenn sie sofort zur Verfügung steht. Je weiter entfernt eine zu erwartende Belohnung in der Zukunft liegt, desto geringer ist das Interesse von ADHS-Betroffenen hieran im Vergleich zu Nichtbetroffenen. Wichtiges muss dagegen sofort passieren (Ungeduld). ⇒ Neurophysiologische Korrelate von Antriebs- und Motivationsproblemen bei ADHS
ADHS-Betroffene (insbesondere bei ADHS-HI und ebenso Prokrastinations-Betroffene) haben oft eine tief sitzende Abneigung gegen Entspannung und Achtsamkeit. ⇒ Woher kommt Abneigung gegen Achtsamkeit bei ADHS und Prokrastination? Diese Abneigung ist ebenfalls ein gesunder Stressnutzen: Wer einer akuten Gefahr ausgesetzt ist, sollte so lange nicht entspannen, bis diese Gefahr beseitigt ist. ⇒ Stressnutzen – der überlebensfördernde Zweck von Stress Wie bei allen ADHS-Symptomen ist nicht das Symptom selbst das Problem, sondern dass der Betroffene im Stressmodus anderen Leitmotiven unterliegt.
Viele ADHS-Betroffene leiden an einer Genussunfähigkeit. Wie bei der Aufmerksamkeit ist nicht die Fähigkeit des Genießens an sich gestört, sondern die Selbstlenkungsfähigkeit, sich selbstbestimmt Genuss zu erlauben und zu erleben. Dies ist ein ernsthaftes Problem, denn Genussfähigkeit ist eng mit Erholungsfähigkeit verbunden. Wer nicht ausreichend genießen kann, hat damit meist zugleich das Problem, sich nicht ausreichend erholen zu können. Dies zeigt sich zum Beispiel in der häufigen Aversion gegen Achtsamkeitsübungen, Meditation, Yoga oder anderen Entspannungstechniken. Dies führt in einen Teufelskreis, der die Symptomatik immer weiter verschärft. ⇒ Neurophysiologische Korrelate von Verzögerungsaversion, Genussunfähigkeit und Erholungsunfähigkeit bei ADHS
Doch auch Genussunfähigkeit ist ein Stressnutzen, indem sie dazu antreibt, sich nicht davon ablenken zu lassen, den Stressor zu bekämpfen, bis dieser besiegt ist.
Nach einiger Abwägung zwischen der tief empfundenen Abneigung, Dritte bloßzustellen und dem Vorteil, vielen Betroffenen zu zeigen, dass ADHS nichts ist, wofür man sich schämen müsste und dass damit sehr erfolgreiche Karrieren möglich sind, sind Hinweise auf prominente Personen mit ADHS, die ihre Diagnose selbst veröffentlicht haben, und Personen der Zeitgeschichte, bei denen ADHS angenommen wird, zu finden unter ⇒ Prominente ADHS-Betroffene.
Die typischen Begriffe zum Thema erläutern die Beiträge ⇒ Glossar und ⇒ Andere und ältere Namen für ADHS. In allen Beiträgen der Webseite werden unterstrichelte Fachbegriffe zudem durch einen Mouseovertext erläutert (ein Text, der erscheint, wenn man mit der Maus auf das Wort zeigt).
Ein paar Bemerkungen zur Frage, wie irreführend manche wissenschaftliche Untersuchungen sind, und woran man wissenschaftlich belastbare(re) Untersuchungen erkennt, finden sich unter ⇒ Untersuchungen beweisen – oft genug gar nichts.
Es handelt sich um unvalidierte Screenings, die nicht zur medizinischen Diagnose dienen, sondern eine Idee geben sollen, ob eine medizinische Diagnostik sinnvoll sein könnte.
Die Tests sind vollständig kostenlos. Es ist erforderlich, einen Account anzulegen, was ausschließlich dazu dient, dass mehrere Testergebnisse demselben Probanden zugeordnet werden können und die Ergebnisse für den Probanden dauerhaft abrufbar sind.
Unser Datenschutzkonzept ist extrem: Wir wollen nicht erfahren, welche Person sich hinter einem Account verbirgt. Daher werden keinerlei persönliche Daten abgefragt, insbesondere keine Mailadresse, keine Namensangaben oder sonstige Daten. Wir speichern auch keine IP-Daten oder sonstige Informationen über Probanden.
Im Gegenteil ist es konsequenterweise nicht erlaubt, Namensangaben oder Mailadressen in dem selbst zu wählenden Accountnamen oder Passwort zu verwenden. Daher ist der Testaccount komplett getrennt von den beiden Accounts für das Forum und Newsletter.
Über das Forum kann auch an virtuellen Selbsthilfegruppen teilgenommen oder eine eigene virtuelle Selbsthilfegruppe (gegebenenfalls zu spezifischen Themen, zu denen regional nicht genug Interessenten für eine Präsenzgruppe zu finden sind) gegründet werden.
Der Newsletteraccount (mit Mailadresse) ist aus Datenschutzgründen komplett getrennt vom Testaccount (ohne Mailadresse) und vom Forumsaccount.
Dies ist ein Beispiellink: Dieser Artikel ist eine extrem verkürzte Zusammenfassung des ADxS.org-Kompendiums und enthält daher (fast) keine Quellenangaben. Die tiefergehenden Kapitel und Beiträge enthalten insgesamt rund 14.000 Fußnotenlinks, die auf 10.000 unterschiedliche Quellen verweisen, davon mehr als 90 % Primärliteratur (Forschungsartikel). ↥