ADHS vermittelt unserer Auffassung nach seine Symptome auf vergleichbare Weise wie chronischer Stress unter anderem durch Dopamin- und Noradrenalin-(Wirkungs-)Mangel.
Weiter kann frühkindlicher chronischer Stress unserer Auffassung nach ebenso wie genetisch, epigenetisch oder auf andere Weise bedingter Dopamin- und Noradrenalinmangel die Gehirnentwicklung beeinträchtigen, was zu ADHS-Symptomen führt. Siehe hierzu unter ⇒ Gehirnentwicklungsstörung und ADHS im Kapitel Entstehung.
10.1. Genetische Abweichungen mit dopaminergem Hintergrund bei ADHS¶
Bei ADHS sind auffällig viele Polymorphismen (spezifische Genvarianten) an Genen beteiligt, die den Dopaminspiegel beeinflussen, z.B.:
-
DRD2
-
DRD3
-
DRD4
- Die 7-repeat-Allel des DRD4 bewirkt, dass die Empfindlichkeit des D4-Dopaminrezeptor (DRD4) für Dopamin verringert ist. Beim Subtyp ADHS-I (ohne Hyperaktivität) sei vorrangig der PFC betroffen. Vor dem Hintergrund, dass Hyperaktivität neurophysiologisch im Striatum entsteht und dort durch verringerte wie überhöhte Dopaminspiegel verursacht werden kann, wäre dies plausibel.
-
DRD5
- DAT1
- Dopamintransporter (DAT) tragen im Striatum die Hauptlast des Dopaminabbaus.
- COMT
- Der Dopaminabbau im PFC erfolgt vornehmlich durch das Enzym COMT sowie NET, die im PFC mehr Dopamin wiederaufnehmen als Noradrenalin. Der COMT-Val/Val-Polymorphismus bewirkt einen 4-mal schnelleren Dopaminabbau im PFC. Dies könnte zu einem Dopamindefizit im PFC beitragen, wie es bei ADHS vermutet wird. Die meisten Genstudien fanden jedoch bislang keine Korrelation zwischen Varianten des COMT-Gens und ADHS. Überraschenderweise fand eine Studie bei Val/Val eine verbesserte Daueraufmerksamkeit bei Kindern mit ADHS. Val/Met oder Met/Met-Variante zeigten dagegen bei Kindern mit ADHS eine signifikant schlechtere Daueraufmerksamkeit als die Normwerte. Dies ließe sich auch damit erklären, dass ADHS mit einem Dopaminüberschuss im PFC einherginge, da dann ein erhöhter Dopaminabbau den Dopaminspiegel in den Mittelbereich brächte, der mit optimaler kognitiver Fähigkeit einhergeht. Denn Dopaminüberschuss wie Dopaminmangel beeinträchtigen gleichermaßen.. Dies kollidiert jedoch mit der Tatsache, dass Amphetaminmedikamente, die den Dopaminspiegel im PFC erhöhen, bei ADHS die Daueraufmerksamkeit verbessern können. 0,25 mg / kg Amphetamin verbesserte die physiologische Effizienz bei gesunden Val/Val-Genträgern (= erhöhter Dopaminabbau) und verschlechterte sie bei gesunden Met/Met-Genträgern (verlangsamter Dopaminabbau). Möglicherweise könnten solche Betroffenen aber auch AMP-Nonresponder sein.
- mb-COMT-Knockout-Mäuse (Mäuse ohne membrangebundenes COMT) zeigen einen erhöhten Dopaminspiegel im Striatum. Dies deutet darauf hin, dass mb-COMT auch im Striatum am Dopaminabbau beteiligt ist.
10.2. Veränderungen des Dopaminsystems bei ADHS, chronischem und akutem Stress¶
Die Fachliteratur geht davon aus, dass ADHS durch verringerte Dopamin- und Noradrenalinspiegel im PFC und Striatum / Nucleus accumbens gekennzeichnet ist, wie dies auch bei chronischem Stress der Fall ist. Akuter Stress ist dagegen durch erhöhte Dopaminspiegel in diesen Gehirnregionen geprägt. Die Symptome von Dopamin- und Noradrenalinmangel (ADHS, chronischer Stress) und Dopamin- und Noradrenalinüberschuss (akuter Stress) sind gleichwohl teilweise identisch und verwechselbar. Sie entstehen, wenn der für die Informationsübertragung im Gehirn optimale Neurotransmitterspiegel über- oder unterschritten wird (Inverted-U-Theorie). Betroffen sind vornehmlich der dlPFC (Arbeitsgedächtnis – Exekutivfunktionen), das Striatum (Motivation und motorische Inhibition) sowie das Cerebellum (Zeitverarbeitung).
Es gibt allerdings auch Tiermodelle mit überhöhtem Dopaminspiegel, die ADHS-Symptome zeigen. Die DAT-KO-Maus zeigt zwar drastisch erhöhte basale Dopaminspiegel im Striatum, jedoch ist die phasische Dopaminausschüttung im Striatum verringert. Die DAT-KO-Maus (insbesondere die heterozygote Variante, bei der die DAT in etwa halbiert sind) zeigt nahezu das Vollbild an ADHS-Symptomen. Es gibt (selten) auch Menschen ohne oder mit sehr stark verringerten DAT. Diese zeigen indes weitere Symptome, die nicht ADHS-typisch sind (z.B. frühkindliche Parkinson-Dystonie) und werden daher selten mit ADHS und eher mit Cerebralparese fehldiagnostiziert. Viele Betroffene sterben bereits als Teenager. Ein Überschuss an extrazellulärem Dopamin führt durch Aktivierung von präsynaptischen D2-Autorezeptoren zu einer verminderten Produktion von Dopamin (und damit zu einer verringerten Einlagerung von Dopamin in die Vesikel) sowie zu einer Downregulierung oder Desensibilisierung von Dopaminrezeptoren, wodurch ein Mangel an phasischem Dopamin und ein Dopaminwirkmangel entsteht.
Während akuter und chronischer Stress im Erwachsenenalter in der Regel reversible Neurotransmitterveränderungen bewirken, kann wiederholter akuter Stress oder chronischer Stress insbesondere in Phasen von Gehirnentwicklungsschüben dauerhafte Schäden auslösen. Besonders vulnerable Lebensalter sind ab Zeugung bis 3 Jahre und in der Pubertät. So kann ADHS eine Folge von schwerem chronischem Stress sein, der einen Dopaminmangel verursacht, der wiederum zu einer Gehirnentwicklungsstörung führt. ⇒ Gehirnentwicklungsstörung und ADHS Letztendlich dürfte es dem wachsenden Gehirn egal sein, ob das zur Entwicklung eigentlich benötigte und nun fehlende Dopamin aufgrund einer genetischen Grundlage, einer epigenetische vererbten Erfahrung der Vorfahren oder einer eigenen Stresserfahrung verringert ist.
Die bei ADHS dauerhaften Veränderungen der Neurotransmitterspiegel (Dopamin, Noradrenalin und andere) können durch vererbte Genvarianten ausgelöst werden (stressunabhängig), durch akute Umwelteinflüsse verursacht werden oder die Folge von Umwelteinflüssen sein, die epigenetische Veränderungen auslösen, die dann ebenfalls (über eine begrenzte Anzahl von Generationen) weitervererbt werden können. (⇒ Wie ADHS entsteht: Gene oder Gene + Umwelt)
In den ersten Lebensjahren entwickeln sich die wichtigsten Gehirnregionen und Neurotransmittersysteme. Eine stressbedingte Störung während dieser Entwicklung führt leicht zu dauerhaft bleibenden Fehlstellungen der Neurotransmittersysteme. Je nach genetischer Disposition sowie Art und Intensität der frühkindlichen Stressbelastungen kann die Störung der Reifung der dopaminergen Bahnen zeitverzögert nachgeholt werden.
10.3. Lernprobleme durch Veränderungen des Dopaminsystems bei ADHS, chronischem und akutem Stress¶
Eine Zunahme phasischen Dopamins durch akuten Stress erhöht die Langzeitpotenzierung (LTP) mittels D1-Rezeptor-abhängiger Afferenzen des Hippocampus in den PFC, während chronischer Stress die LTP beeinträchtigt. Für die Induktion von LTP sind dopaminerg induzierte Veränderungen in der Phosphorylierung von Second-Messenger-Molekülen wie CREB und DARPP-32 erforderlich. Deren Auswirkungen dauern weit über den Zeitraum der Dopamin-Rezeptor-Stimulation an.
Elektrische Stimulation im PFC löst LTP aus, wenn tonisches Dopamin vorhanden ist. Fehlt dieses, wie nach mehrwöchigem chronischem Stress, wird stattdessen Langzeitdepression (LTD) ausgelöst.
10.4. Bei ADHS Striatum unteraktiviert bei Belohnungserwartung, überaktiviert bei Belohnungserhalt¶
Bei Jugendlichen mit ADHS war die Aktivierung des ventralen Striatum während der Belohnungserwartung gegenüber gesunden Kontrollen verringert. Die Aktivierung des ventralen Striatum korrelierte negativ mit hyperaktiven/impulsiven Symptomen.
Die Belohnungserwartung korreliert mit der Verfügbarkeit von DAT im Nucleus accumbens.
Die neuronale Aktivität der Substantia nigra/ventraler tegmentaler Bereich (SN/VTA), dem Hauptursprung der dopaminergen Neurotransmission, während der Belohnungserwartung korrelierte mit der belohnungsbezogenen Dopaminfreisetzung im ventralen Striatum, dem Hauptziel der SN/VTA-Dopaminneuronen. Die neuronale Aktivität im ventralen Striatum/Nucleus accumbens selbst korrelierte ebenfalls mit der ventralen striatalen Dopaminfreisetzung.
10.5. Verschiedene dopaminerge Hypothesen zu ADHS¶
Es bestehen verschieden Erklärungsmodelle, wie das dopaminerge System bei ADHS verändert ist. Alle können die Verhaltensveränderungen von ADHS-Betroffenen erklären.
Wir vermuten, dass die verschiedenen Modelle sich nicht widersprechen, sondern dass sie - allein oder in Kombination - für verschiedene Betroffene zutreffen können.
Einige Studien deuten auf eine erhöhte Dopamintransporterdichte mit schneller Wiederaufnahme von synaptischem Dopamin, was zu einem Mangel an Dopamin im synaptischen Spalt führt.
Dass nach neueren Studien in dopaminergen Synapsen keine Dopaminrezeptoren sitzen, sondern GABA-Rezeptoren, und die Dopaminrezeptroen stattdessen räumlich um die Synapse herum angeordnet sind, ändert an der Bedeutung des DAT nichts, da diese auch außerhalb der Synapse sitzen.
Andere Studien gehen von einem Dopamin-Defizit aus, zusammen mit einer geringen Dopaminfreisetzung, die in unbehandelten Fällen mit einer niedrigen Transporterdichte verbunden ist.
Neuere PET-Bildgebungsstudien deuten darauf hin, dass die Transporterdichte bei medikamentennaiven ADHS-Betroffenen verringert ist und mit chronischer Behandlung mit Stimulanzien zunimmt.
10.5.1. Veränderung des Dopaminabbaus bei ADHS¶
Nach einer Auffassung haben ADHS-Betroffene zu viele DAT im Striatum, was mit dem Alter zurückgeht. Ein 50-jähriger hat nur noch halb so viele Dopamintransporter wie ein 10-jähriger. Das könnte zum Teil miterklären, warum sich ADHS bei einigen Betroffenen nach der Adoleszenz verliert und warum sich die Symptome im Erwachsenenalter verändern.
DAT treten vorwiegend im Striatum auf, wo sie die Hauptlast des Dopaminabbaus tragen.
Sofern im Striatum zu viele zu aktive DAT sind, wird dort das von der sendenden Nervenzelle in den synaptischen Spalt zur empfangenden Nervenzelle abgegebene Dopamin von diesen überaktiven (auf der sendenden Seite der Synapse sitzenden) Wiederaufnahmetransportern bereits wieder aufgenommen, bevor es von den Rezeptoren der empfangenden Nervenzelle aufgenommen werden konnte. So kommt es zu einem Mangel an Dopamin. Damit kommt das Signal, das durch das Dopamin übergeben werden sollte, nicht sauber bei der empfangenden Nervenzelle an.
ADHS-Medikamente, Nikotin (rauchen – wenn auch dysfunktional wie eine Droge) und Zink blockieren die DAT und reduzieren damit ihre Überaktivität. Um ADHS erfolgreich mit Zink zu behandeln, müssten jedoch Zinkmengen eingenommen werden, die anderweitig gesundheitsgefährdend sind (Zinkgrippe).
Untersuchungen über den Dopaminspiegel bei ADHS in anderen Bereichen als im Striatum sind bislang höchst inkonsistent und leiden an geringen Probandenzahlen.
Eine Untersuchung (mit geringer Probandenzahl) fand einen leicht verringerten Dopaminmetabolismus im linken, medialen und rechten PFC bei ADHS. Eine weitere Untersuchung mit sehr geringer Probandenzahl fand erhöhte Dopaminwerte bei ADHS im rechten Mittelhirn.
Eine andere Untersuchung deutet darauf hin, dass bei einem ADHS-HI-Tiermodell, der SHR, Dopamin im PFC verringert ist, während Noradrenalin erhöht ist.
Auch weitere Untersuchungen deuten auf eine Unteraktivierung des PFC und anderer Gehirnbereiche außerhalb des Striatums hin. Siehe hierzu ⇒ Die neurologische Erklärung von Antriebs- und Motivationsproblemen, dort eingeklappt am Ende des Beitrags.
Bei chronischem Stress ist – je nach Entstehung und Konstellation – ein tonischer Dopaminmangel gegeben, ebenso wie bei frühem und lang anhaltendem Stress auch in Bezug auf die Stresshormone CRH und Cortisol und deren Rezeptoren eine Downregulation beschrieben wird.
Obwohl eine Downregulation von CRH und Cortisol durch den Dexamethason- oder den kombinierten Dexamethason/CRH-Test überprüft werden kann, ist uns eine Anwendung dieses Tests für ADHS bislang nur in wenigen Berichten begegnet.
⇒ Cortisol bei ADHS
Bei ADHS und Autismus könnte Beta-Phenyletlyamin (ein Dopamin-Abbaustoff, aber kein Peptid) im Urin verringert sein.
10.5.2. Veränderung der Dopaminsynthese bei ADHS?¶
Die Wirkung eines Dopaminmangels in PFC und Striatum kann neben einer verringerten Wirkung des Dopamins durch desensibilisierte Rezeptoren auch durch einen verringerten Dopaminspiegel entstehen. Dieser kann aus einem erhöhten Abbau von Dopamin (zu viel(e) oder zu aktive DAT, COMT, MAO-A etc.) oder aus einer mangelhaften Dopaminsynthese resultieren.
Verschiedene Untersuchungen zu der Frage, ob bei ADHS die Dopaminsynthese beeinträchtigt ist, kamen zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Zwei Untersuchungen fanden Hinweise auf eine erhöhte Synthese von Phenylalanin (einem Vorstoff zu Dopamin), zwei Untersuchungen fanden Hinweise auf eine verringerte Phenylalaninproduktion bei ADHS und eine Untersuchung konnte keine Unterschiede zwischen ADHS-Betroffenen und Nichtbetroffenen feststellen.
10.5.3. Dopaminmangel im Striatum durch überaktivierten PFC?¶
10.5.3.1. DAT-Erhöhung im Striatum?¶
Viele Ergebnisse sind widersprüchlich, ob Dopamintransporter bei ADHS erhöht oder verringert sind:
- Erhöhte DAT bei Unaufmerksamkeit bei Jugendlichen mit ADHS und zerebralen Durchblutungsproblemen nach einer Frühgeburt.
- 6 von 8 Studien fanden eine erhöhte DAT-Bindung bei (meist medikamentennaiven) Kindern und Erwachsenen mit ADHS-HI. 3 Studien fanden eine verminderte DAT-Bindung nach einer Methylphenidat-Behandlung.
- Der 3′-UTR-, aber nicht der Intron8-VNTR-Genotyp des DAT-Gens korrelierte bei ADHS-HI-Betroffenen wie bei Nichtbetroffenen mit einer erhöhten DAT-Bindung. S3′-UTR-Polymorphismus des DAT-Gens und ADHS-HI-Status hatten einen additiven Effekt auf die DAT-Bindung.
- Eine Studie fand Hinweise, die eher auf eine verringerte DAT-Zahl oder -Bindung bei ADHS hindeuten.
-
DAT zeigten bei ADHS-Betroffenen eine verringerte Bindung in
-
Nucleus accumbens
- Medikamenten-naive Erwachsene mit ADHS zeigten eine statistisch signifikant geringere DAT-Verfügbarkeit im bilateralen Nucleus accumbens. Doe verringerten DAT korrelierten mit erhöhter Unaufmerksamkeit
- Mittelhirn*
-
Nucleus caudatus links
- D2- und D3-Rezeptoren zeigten bei ADHS-Betroffenen eine verringerte Bindung in
-
Nucleus accumbens*
- Mittelhirn*
-
Nucleus caudatus links*
-
Hypothalamus*
- Bei den mit * gekennzeichneten Regionen ergab sich eine Korrelation zu Aufmerksamkeitsproblemen
- Bestimmte Genpolymorphismen des DAT-Gens scheinen zu ADHS beizutragen. Häufig genannt werden 9R und 10R. Eine Untersuchung fand höhere Arbeitsgedächtnisaktivitäten bei 9R und 10R in verschiedenen Gehirnregionen bei ADHS.
- Die Methylierung des Dopamintransporter-Gens im Blut könnte ebenfalls ein Indikator für die DAT-Dichte im Striatum sein und eines Tages als Instrument zur ADHS-Diagnose dienen.
- Sauerstoffmangel bei der Geburt erhöht das ADHS-Risiko. Hypoxy-ischämische Zustände rund um die Geburt (z.B. Asphyxie) bewirken eine mangelhafte Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Dies kann zu kognitiven Beeinträchtigungen führen, wobei deren Auftreten nach Sauerstoffmangel durch Dopamintransporter-Genpolymorphismen beeinflusst wird.
Die meisten Untersuchungen differenzieren nicht nach ADHS-Subtypen. Die von uns zusammengetragenen Hinweise auf die unterschiedlichen (phasischen) Cortisolstressantworten der Subtypen würden es rechtfertigen, diese Frage unter Berücksichtigung des Subtyps zu untersuchen.
10.5.3.2. Hoher Dopaminspiegel im mPFC verringert Dopaminspiegel im Striatum¶
Akuter schwerer Stress erhöht den Dopaminspiegel im PFC kurzfristig (Dopaminstressantwort, phasisches Dopamin).
Chronischer und frühkindlicher Stress können je nach Stressor und Alter bei der Einwirkung den Dopaminspiegel im PFC dauerhaft erhöhen oder absenken (basale Dopaminspiegel, tonisches Dopamin). Mehr hierzu unter ⇒ Neurophysiologische Korrelate von Stress.
Der mPFC steuert das Zusammenspiel zwischen subcorticalen Regionen, die genussorientierte Handlungen kontrollieren. Eine erhöhte Erregbarkeit des mPFC bewirkt eine geringere dopaminerge Reaktion des Striatums. Dies hemmt den Antrieb des Verhaltens auf dopaminerge Stimulation. Eine dauerhafte Überaktivierung des mPFC führt zu einer stabilen Unterdrückung des (mit phasischem Dopamin kodierten) natürlichen belohnungsmotivierten Verhaltens und korreliert im Maß mit anhedonischem Verhalten. Zusammengefasst verringert viel Dopamin im (m)PFC den Dopaminspiegel im Nucleus accumbens und im Striatum insgesamt.
Dieser Mechanismus könnte darauf beruhen, dass Dopamin im PFC die Aktivität glutamaterger Pyramidenzellen verringert und GABAerge Zellen anregt, was ebenfalls Glutamat inhibiert. Dies könnte zu einer starken Hemmung der glutamatergen Projektion in BA 9 und BA 10 führen, was eine Verringerung des Dopaminspiegels im ventralen und dorsalen Striatum auslöst.
Umgekehrt führt eine Blockade von Dopaminrezeptoren im PFC zu einem enthemmten Dopaminumsatz im Striatum.
Nach anderen Quellen korreliert Anhedonie mit einem verringerten Dopaminspiegel im mesocorticolimbischen System und im Nucleus accumbens. Die Dysfunktion des dopaminergen Systems bei Anhedonie soll mit Ketaminmedikamenten unmittelbar behebbar sein.
(Tonischer) Dopaminmangel korreliert mit einer Erhöhung der Dopamintransporteranzahl.
10.5.4. Tonisches und phasisches Dopamin in Erklärungsmodellen für ADHS¶
Interessanterweise zeigen Mausmodelle, bei denen die Dopaminrezeptoren deaktiviert wurden, kaum ADHS-Symptome, was die Bedeutung der DAT der D2-Autorezeptoren und ihres Einflusses auf das extrazelluläre und das phasische Dopamin weiter unterstreicht. Mehr hierzu unter ADHS im Tiermodell im Kapitel Neurologische Aspekte.
10.5.4.1. DA-Ausschüttung tonisch und phasisch verringert: Dynamische Entwicklungstheorie (DDT)¶
Nach der Dynamischen Entwicklungstheorie (DDT) habe ADHS eine hypo-dopaminerge Ursache:
- Verringerte tonische Feuerrate beeinträchtigt die Löschung von zuvor verstärkten Verhaltensweisen
- Abgeflachte phasische Dopamin-Bursts beeinträchtigen das Verstärkungslernen
In silicio konnte ein neuronales Basalganglienmodell von verringertem tonischem und phasischem Dopamin
- korrekt nachbilden:
- die Go- und NoGo-Pfade im Striatum
- die durchschnittliche Reaktionszeit
- nicht korrekt nachbilden
- die erhöhte Reaktionszeitvariabilität, wie sie bei ADHS häufig ist.
10.5.4.2. DA-Ausschüttung auf Belohnungserwartung phasisch verringert: Dopamin-Transfer-Defizit-Theorie (DTD; Tripp und Wickens, 2008)¶
Die Dopamin-Transfer-Defizit-Theorie (DTD) erklärt ADHS mittels einer abgeschwächten phasischen Dopaminreaktion auf Hinweise (Prädiktoren), die eine Belohnung erwarten lassen, zu erwartende Belohnungen, was eine veränderte Verstärkungssensitivität bewirke.
Erhalten Gesunde eine Belohnung wiederholt gleichzeitig mit einem Prädiktor, beginnen die Dopamin-Neuronen auf den Prädiktor und die Belohnung zu feuern. Ist die Beziehung zwischen Belohnung und Prädiktor eindeutig (gelernt), feuert Dopamin nur noch auf den Prädiktor.
Bei ADHS ist das Feuern der Dopaminzellen abnormal. Selbst wenn Belohnung und Prädiktor lange genug gemeinsam erschienen, um erlernt worden zu sein, zeigen ADHS-Betroffene immer noch eine zu niedrige Feuerrate nach dem Hinweis und eine erhöhte Feuerrate nach der eigentlichen Belohnung.
Das bei ADHS weniger effiziente Lernen wird auch mit einer verzögerten Reaktion auf eine unmittelbare Belohnung in Verbindung gebracht. Eine schwächere Konditionierung auf die Belohnung führt zu einer schnelleren Löschung des Verhaltens und einer schwächeren Auswirkung der Verstärker auf das Verhalten über längere Zeiträume. Die fehlende antizipatorische Dopaminsignalisierung des Hinweises bewirkt eine schnellere Verhaltensextinktion, wenn die Verstärkung verzögert oder unterbrochen wird. Dies würde einige Kernsymptome von ADHS erklären, darunter die Abwertung verzögerter Belohnungen.
10.5.4.3. Dopamin-Ausschüttung tonisch verringert, phasisch erhöht: Grace, 1991, 2001¶
Das Modell von Grace geht von verringertem tonischen Dopamin im Striatum als eine Ursache von ADHS aus.
Eine weitere Studie fand ebenfalls Hinweise auf erhöhtes phasisches Dopamin im Striatum und verknüpfte dies mit Symptomen von hoher Impulsivität und niedriger Inhibition. Eine MRT-Studie fand bei Erwachsenen mit ADHS-C Hinweise auf einen verringerten tonischen Dopaminspiegel im Ruhezustand und auf einen erhöhten phasischen Dopaminspiegel bei einer Flanker-Aufgabe, jeweils im rechten Nucleus caudatus (Teil des Striatums).
ADHS zeigte erhöhte striatale BOLD-Reaktionen (= phasisch) auf Belohnungserwartung und Belohnungsauszahlung.
Während der Belohnungserwartung blieb bei ADHS die bei Kontrollen beobachtete BOLD-Reaktion im rechten ventralen und linken dorsalen Striatum aus (negativ korreliert zu Hyperaktivitäts-/Impulsivitätssymptome), während bei der Reaktion auf die Belohnung bei ADHS die BOLD-Reaktion im ventralen Striatum bilateral und im linken dorsalen Striatum erhöht war (positiv korrelierten zu Hyperaktivitäts-/Impulsivitätssymptomen).
Eine Abnahme tonischer Dopaminaktivität korreliert mit einer Zunahme phasischer Bursts. Dieses Ungleichgewicht sei das Ergebnis einer gestörten präsynaptischen Regulierung von Dopamin auf terminaler Ebene, nicht die Folge einer zentralen verringerten tonischen Dopaminaktivität, wie sie bei chronischem Stress vermutet wird Ein abnorm niedriger tonischer extrazellulärer Dopaminspiegel bei ADHS führt zu einer Hochregulierung der Autorezeptoren, sodass stimulierend ausgelöstes phasisches Dopamin verstärkt wird.
Dies bewirke eine übergroße Belohnungsverstärkung. Daraus folgten
-
Impulsivität
- Präferenz für kleinere sofortige Belohnungen gegenüber größeren verzögerten Belohnungen
Véronneau-Veilleux et al zeigten in einem Computermodell, dass diese Theorie auch die erhöhte Reaktionszeitvarianz abbildet.
Eine Messung der tonischen und phasischen Dopaminfreisetzung bei ADHS-Probanden mithilfe dynamischer molekularer Bildgebungstechnik während der Durchführung der Eriksen-Flanker-Aufgabe (phasisch) oder in Ruhe (tonisch) zeigte im rechten Nucleus caudatus:
- verminderte tonische Freisetzung
-
signifikant höheres Liganden-Bindungspotenzial in Ruhe
- erhöhte phasische Freisetzung
-
signifikant niedrigeres Liganden-Bindungspotenzial während der Flanker-Aufgabe
In anderen Teilen des Striatum war diese Verteilung tendenziell ähnlich, jedoch nicht signifikant. Dies stützt die Hypothese überaktiver DAT.
Eine PET-Studie fand ebenfalls Belege für einen phasisch hyperdopaminergen Zustand bei ADHS.
Dem steht entgegen, dass bei zwei männlichen Geschwistern mit ADHS eine seltene DAT-Genvariante gefunden wurde (A559V), die zeigte:
- verdreifachter Dopamin-Efflux, bei depolarisierten Zell-Potenzialen
- auf dem Niveau, wie es bei normalen DAT durch AMP ausgelöst wird
-
MPH und AMP blockierten beide Ala559Val-vermittelten Dopamin-Efflux
- bei Wildtyp-hDAT erhöhten MPH und AMP diesen
- erhöhte Empfindlichkeit gegenüber intrazellulärem Na+, nicht aber gegenüber intrazellulärem Dopamin
- möglicherweise eine erhöhte basale hDAT A559V-Phosphorylierung, die durch AMP abgeschwächt wird
- normale DAT-Protein- und Zelloberflächenexpression
- normale Dopamin-(Wieder-)Aufnahme bei niedrigen wie hohen Dopaminspiegeln
- normale Wirkung von AMP, MPH, Kokain auf die Dopamin-Wiederaufnahme-Hemmung
- eine ältere A559V-Trägerin zeigte
- hohe Hyperaktivität/Unruhe
- hohe Impulsivität/emotionale Anfälligkeit
- hohe hyperaktiv-impulsive Symptomwerte nach DSM-IV (über 90)
Auch die DAT-Gen-Variante 12P572A zeigt einen erhöhten DAT-Efflux bei geringerer Abhängigkeit von Ionen- oder Dopaminkonzentrationen.
Der erhöhte Efflux dürfte unserer Ansicht nach auf erhöhte extrazelluläre Dopaminspiegel bei den Betroffenen hindeuten, wie dies bei ASS ebenfalls der Fall ist.
Ein Indiz gegen ein überhöhtes phasisches Dopamin bei ADHS könnte sein, dass AMP auch in Medikamentendosis von 1 mg/kg (allerdings injiziert) nicht nur das extrazelluläre, sondern auch das phasische Dopamin erhöhte.
Ein Indiz für ein überhöhtes phasisches Dopamin bei ADHS ist die bei ADHS erhöhte Tendenz zu fettreicher Fast-Food-Nahrung.
ADHS ist nicht die Folge einer ungesunden Nahrungsaufnahme ist, sondern eine ungesunde Nahrungsaufnahme ist eine Folge von ADHS. ADHS-Betroffene wählen häufiger ungesunde Nahrungsmittel, wobei ein “Junk Food”-Muster mit gesüßten Getränken und Desserts sowie das “westliche” Ernährungsmuster mit rotem Fleisch, raffiniertem Getreide, verarbeitetem Fleisch und gehärtetem Fett mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von ADHS-HI um bis zu 37 % korrelierte.
Eine fettreiche westliche Ernährung dämpft die phasische Dopaminfreisetzung und schwächte die dopaminerge Reaktion auf DAT-Hemmung ab. Eine Ernährung mit hohem Anteil an gesättigten (nicht: ungesättigten) Fetten verringerte die phasische Dopaminfreisetzung, verlangsamte die Dopaminaufnahme im Nucleus accumbens und schwächte die D1-Signalisierung.
Wenn ungesunde, fettreiche Ernährung eine Folge von ADHS ist, könnte dies ein Indiz dafür sein, dass die Betroffenen eine Verringerung des phasischen Dopamins als angenehm empfinden.
Fettreiche Nahrung verringerte jedoch auch die DAT-DA-Wiederaufnahme, was auf extrazelluläres Dopamin erhöhend wirkt.
10.5.4.4. ADxS.org-Hypothese: Dopamin-Ausschüttung tonisch verringert oder erhöht, phasisch beeinträchtigt¶
Nach unserem bisherigen Verständnis sollte ein Überschuss ebenso wie auch ein Mangel an extrazellulärem Dopamin mit ADHS-Symptomen einhergehen.
Die oben genannte Fach- und Forschungsliteratur geht bei ADHS von einem verringerten extrazellulären Dopaminspiegel aufgrund eines verringerten tonischen Dopaminsausstoßes aus (siehe oben).
Überaktive DAT (oder D2-Autorezeptoren) verursachen verringerte extrazelluläre Dopaminspiegel. Zwar sind die Vesikel, die die phasische Dopaminausschüttung speisen, durch hochaktive DAT gut gefüllt, doch nehmen überaktive DAT das phasisch ausgeschüttete Dopamin bereits wieder auf, bevor es sein Signal an die Rezeptoren übertragen kann. Vor allem aber führt ein verringerter extrazellulärer Dopaminspiegel zu einer mangelhaften Hemmung des phasischen Dopamins und damit zu ADHS-Symptomen.
Dies alleine ist jedoch mit der hohe Komorbidität zwischen ADHS und ASS schwierig zu vereinbaren, da ASS mit einem Überschuss an extrazellulärem Dopamin verbunden ist. Siehe hierzu unter Autismus - eine andere Störung des Dopaminsystems
Es dürfte als gesichert gelten, dass überhöhte extrazelluläre Dopaminspiegel (aufgrund zu schwacher DAT-Wiederaufnahme und/oder zu hohem DAT-Efflux) ASS-Symptome wie Rigidität und repetitive Verhaltensweisen verursachen.
Ebenso dürfte als gesichert gelten, dass wichtige Bereiche der ADHS-Symptome (Bewegung, Motivation und als Folge von Motivation auch Aufmerksamkeit) primär durch phasisches Dopamin gesteuert werden. Damit wäre unser bisheriges Erklärungsmodell allerdings dann vereinbar, wenn nicht nur ein verringerter, sondern auch ein überhöhter tonischer Dopaminspiegel zu Problemen der phasischen Dopaminaktivität führt.
Unteraktive DAT und damit ein überhöhter extrazellulärer Dopaminspiegel haben nach unserem Verständnis mehrere nachteilige Wirkungen in Bezug auf die phasisches Dopaminsignalisierung:
Erstens dürfte ein Übermaß an Dopamin im Extrazellulärraum als Rauschen die phasische Signalübertragung stört.
Zweitens dürften die dopaminergen Vesikel durch die unteraktiven DAT nicht ausreichend wiederbefüllt werden, sodass die phasisches Dopaminausschüttung allein auf neu synthetisiertes Dopamin angewiesen ist, das diese nicht alleine versorgen kann.
Daher müssten nach unserem Verständnis extrazellulär hyperdopaminerge wie hypodopaminerge Zustände die Signalübertragung durch phasisches Dopamin beeinträchtigen.
Ein Hinweis in diese Richtung findet sich in der Darstellung von Gatzke-Kopp et al (2007), wonach ein hoher tonischer dopaminerger Input (und ggf. ein hoher DAT-Efflux) zu einem hohen extrazellulärer Dopaminspiegel führt, der die durch Stimuli ausgelösten phasischen Dopaminreaktionen über D2-Autorezeptoren herunterreguliert. Tonisches Dopamin vermittelt die regulierende (inhibierende) Kontrolle des PFC auf das ventrale Striatum, hemmt also die (phasische) Aktivität des Striatums. Auf Belohnungsreize feuert das Striatum phasisch dopaminerg und aktiviert dopaminerge postsynaptische Rezeptoren. Die tonische Kontrolle ist also hemmend und moduliert das exzitatorische phasische Feuern auf Belohnungsreize.
Nach anderer Darstellung scheint der durch tonische Feuerung verursachte extrazelluläre “Hintergrund”-Dopaminspiegel keine D2-Autorezeptor-Rückkopplungsdepression auszulösen. Möglicherweise ist der Spiegel zu niedrig, um die gering-affinen D2-Rezeptoren zu stimulieren.
Da phasisches Dopamin nur von Neuronen ausgeschüttet werden kann, die zuvor tonisch aktiv sind (siehe hierzu Dopaminausschüttung (tonisch, phasisch) und Kodierung), wäre ein mögliches Erklärungsmodell:
ASS allein:
- hohes extrazelluläres Dopamin (ASS-Symptome) aufgrund hohem Efflux, nicht aufgrund hoher tonischer Aktivität
- normales phasisches Dopamin (keine ADHS-Symptome) aufgrund nicht erhöhter tonischer Aktivität oder aufgrund Downregulation durch hohes extrazelluläres Dopamin
- (wie Gatzke-Kopp et al, 2007)
ADHS allein:
- niedrig tonisch, hoch phasisch (wie Grace, siehe oben)
- niedriges extrazelluläres Dopamin aufgrund einer Überkompensation der hohen tonischen Aktivität durch überaktive DAT (wie Grace, siehe oben)
- hohes phasisches Dopamin aufgrund fehlender Downregulation, da niedriges extrazelluläres Dopamin
- niedrig tonisch, niedrig phasisch (wie Dynamische Entwicklungstheorie, DDT siehe oben)
- eine erhöhte Reaktionszeitvariabilität mag im Vergleich zu Nichtbetroffenen bei ADHS häufiger auftreten und insofern ADHS als Störungsbild kennzeichnen. Die Ergebnisse des ADxS.org-Reaktionstests zeigten jedoch nur bei weniger als der Hälfte der ADHS-Betroffenen eine erhöhte Reaktionszeitvarianz, sodass es kein ausreichend bestimmendes Merkmal ist.
ASS und ADHS komorbid
- hohes extrazelluläres Dopamin (ASS-Symptome) aufgrund hohem Efflux und zugleich hoher tonischer Aktivität
- hohes phasisches Dopamin aufgrund hoher tonischer Aktivität
- warum hier aber keine Downregulation des phasischen Dopamins durch hohes extrazelluläres Dopamin?
Denkbar, wenn Downregulation hohes tonisches Dopamin benötigt und hohes extrazelluläres Dopamin für Downregulation nicht ausreichend.
Der hyperdopaminerge Zustand bei Schizophrenie wird demgegenüber vermutlich durch einen massiven Verlust an hemmenden, Parvalbumin exprimierenden GABA-ergen Interneuronen im limbischen Hippocampus verursacht, was eine dopaminerge Überaktivität des anterioren (Nagetiere: ventralen) Hippocampus bewirkt, die zu einer überhöhten tonischen Dopaminfeuerung und einem überreagiblen Dopamin-System führt, das den Positiv-Symptomen der Schizophrenie zugrunde liegt.
10.5.5. Tonisches und phasisches Dopamin in Erklärungsmodellen für ASS¶
Verschiedene Tiermodelle und Forschungen an DAT1-Genvarianten deuten bei ASS auf einen erhöhten tonischen Dopaminspiegel (durch erhöhten Dopamin-Efflux oder minimierte Dopaminwiederaufnahme) hin. Mehr hierzu unter Autismus - eine andere Störung des Dopaminsystems
Dies eröffnet die Frage, wie die häufig bestehende Komorbidität zwischen ADHS und ASS mit dieser Gegensätzlichkeit zu vereinbaren ist. Denkbar wäre nach unserer Hypothese, dass ASS seine ADHS-Symptome aus einem Überschuss an extrazellulärem Dopamin bezieht, wie es z.B. im Tiermodell der DAT-KO-Maus der Fall ist, während ADHS ohne ASS seine Symptome aus einem Mangel an extrazellulärem Dopamin bezieht, wie es bei der SHR der Fall ist.
Bei ASS scheint auch Noradrenalin extrazellulär überhöht zu sein. Eine Studie replizierte andere Studien, wonach Kinder mit ASS eine erhöhte tonische (Ruhepupillendurchmesser) und eine verringerte phasische (PDR und ERP) Aktivität des Locus coreuleus-Noradrenalin-Systems aufweisen. Die tonischen und phasischen LC-NE-Indizes korrelierten vorrangig mit ADHS-Symptomen und nicht mit der ASS-Symptomatik.