Cannabinoidrezeptoren

Endocannabinoide binden als Neurotransmitter an Cannabinoid-Rezeptoren:¹
Dabei wirken Endocannabinoide nicht wie andere Neurotransmitter von der Präsynapse auf die Postsynapse, sondern werden von der Postsynapse des nachgeschalteten Neurons ausgeschüttet und binden an CB1R auf Prä-Synapse vorgeschalteter GABAerger und glutamaterger² Neuronen. Die präsynaptische Nervenzelle verringert oder stoppt darauf die Glutamat-Freisetzung, was die Erregung verringert. Hält die Aktivierung der Cannabinoid-Rezeptoren jedoch länger an, und erfasst sie eine hohe Anzahl von Neuronen (z.B. bei der Drogeneinnahme), beendet dies auch die GABA-Signalisierung.² Da GABA dämpfend wirkt, steigt das Aktivierungsniveau wieder an und die erregenden Prozesse nehmen wieder zu.³⁴

Mit CB1R und CB2R gibt es zwei Cannabinoid-Rezeptoren.⁵ Vereinzelt wurde CB3R als dritter Cannabinoid-Rezeptor genannt, was jedoch nicht zutreffend sein dürfte.

• 1. CB1-Rezeptor (CB1R)
  • 1.1. CB1R Vorkommen
  • 1.2. Was von CB1R reguliert wird
  • 1.3. Wirkpfade von CB1R
  • 1.4. CB1R bei verschiedenen Störungsbildern
  • 1.5. CB1R-Agonisten und Antagonisten
    • 1.5.1. CB1R-Agonisten
    • 1.5.2. Primär peripher wirksame CB1R-Agonisten
    • 1.5.3. CB1R-Antagonisten
    • 1.5.4. Allosterische Modulatoren von CB1R
      • 1.5.4.1. Positive allosterische Modulatoren (CB1R-POM)
      • 1.5.4.2. Negative allosterische Modulatoren (CB1R-NOM)
    • 1.5.5. Bindungsstärke an CB1R
  • 1.6. Wodurch CB1R-Wirkung beeinflusst wird
• 2. CB2-Rezeptor (CB2R)
• 3. GPR55: wohl kein CB3-Rezeptor
• 4. Downregulation, Upregulation, Desensitisierung

1. CB1-Rezeptor (CB1R)¶

Die psychoaktiven Wirkungen von Cannabis im Gehirn werden durch Bindung seines Hauptbestandteils ∆9-Tetrahydrocannabinol (THC) an CB1R vermittelt.⁶ Selektive CB1R-Antagonisten lösen bei cannabinoid-abhängigen Tieren ein Entzugssyndrom aus.⁶⁷⁸

CBR sind G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs) und primär an Gi/o-Proteine gekoppelt. Sie hemmen die Adenylylzyklase und fördern die Mitogen-aktivierte Proteinkinase (MAPK). CB1R ist zudem über Gi/o-Proteine an bestimmte Ionenkanäle gekoppelt und wirkt direkt auf Gs-Proteine, die die Adelylatzyklase aktivieren.⁹ CB1R vermitteln zudem autapische LTD über G(q)-Proteine.¹⁰

1.1. CB1R Vorkommen¶

CB1R nehmen in der Jugend kontinuierlich zu, bis zu einem Maximum in der Pubertät. Danach verringert sich die CB1R-Anzahl wieder.¹¹¹²³

Anders als CB2R, der prä- und postsynaptisch vorkommt, findet sich der CB1R nur präsynaptisch.¹³

Der CB1R (Cannabinoid-1-Rezeptor) ist in vielen Organen vorhanden, zuweilen in niedriger Konzentration.
Er ist einer der häufigsten Rezeptoren des Gehirns und dort der am häufigsten vorkommende G-Protein-gekoppelte Rezeptor.¹⁴
Der CB1R findet sich:⁶¹⁵

• im Gehirn in:

  • Basalganglien
    • Nucleus accumbens¹⁶¹⁷¹⁸
      • an präsynaptischen glutamatergen Terminals¹⁶
        • aus dem PFC, der basolateralen Amygdala und dem ventralen Hippocampus¹⁹ nicht aber aus dem Thalamus
      • auf hemmenden GABAergen Terminals von FSIs, aber nicht auf LTSIs, MSNs oder CINs¹⁶¹⁹
    • Striatum dorsal¹⁶¹⁸ und ventral²⁰
      • auf FSI und MSN-Kollateralen und in geringerem Maße auf CIN und LTSI¹⁶
      • auf GABAergen Interneuronen²⁰
      • in einem großen Teil der großen nicht-stacheligen cholinergen Interneuronen²⁰
      • auf striatonigralen Neuronen, die Substanz P und Dopamin-D1-Rezeptoren exprimieren²¹, die auch bevorzugt M4-Muscarin-Rezeptoren exprimieren²⁰
      • auf striatopallidalen Neuronen
        • die Enkephalin und Dopamin-D2-Rezeptoren exprimieren²¹
        • die bevorzugt M1-Muscarinrezeptoren exprimieren²⁰
      • präsynaptisch an glutamatergen Terminalen afferenter kortikostriataler (VGLUT1-positive) und thalamostriataler (VGLUT2-positive) Axone²²
    • im dorsalen Striatum der Maus fanden sich unter den axonalen Profile mit CB1R-Immunoperoxidase-Markierung in weniger als einem Prozent TH-Immunogoldpartikel, so dass die CB1R-Expression in Axonendigungen von nigrostriatalen dopaminergen Neuronen nur sehr gering ist²³
  • Globus pallidus²⁴
  • kortikolimbischen Regionen (beteiligt an Kognition, Gedächtnis und Motivation)
    • PFC²⁴
      • insbesondere in den Schichten II, III und V sowie etwas geringer in Schicht VI²⁵²⁰
      • In allen kortikalen Schichten ganz überwiegend in GABAergen Interneuronen
        • und zwar in²⁶
          • Cholecystokinin-positiven
          • vasoaktiven intestinalen Peptid-positiven
          • Somatostatin-positiven
        • CB1R auf GABAergen Neuronen fördern die Verhaltenshemmung²⁷
        • CB1R auf GABAergen Terminalen sind häufiger als auf glutamatergen Terminalen²⁸
      • In geringerem Maße auch in glutamatergen Terminalen und Pyramidenneuronen²⁶
        • CB1R, die in kortikalen glutamatergen Neuronen exprimiert werden, fördern Novelty seeking²⁷
      • in noradrenergen Terminalen²⁹
      • CB1R im vMPFC regulieren den Baroreflex³⁰
  • Caudatus Putamen
    • CB1R in Caudatus und Putamen bilden Heteromere mit Adenosin A2A-Rezeptoren. Die durch CB1R vermittelte motorische Hemmung im Striatum ist vollständig von der Aktivierung von A2AR (in Form von CB1R-ADA2-Heteromeren) abhängig und wird durch A2AR-Antagonisten aufgehoben. Die hemmende Wirkung von CB1R-Agonisten auf die durch den D2-Agonisten Quinpirole induzierte Hyperlokomotion wurde durch A2AR-Antagonisten MSX-3 ebenso blockiert wie durch den CB1R-Antagonisten Rimonabant.³¹
  • Mittelhirn (Mesencephalon)
    • Nucleus entopeduncularis³²
    • Substantia nigra³²
    • VTA¹⁷
    • periaquäduktales Grau (PAG, beteiligt an Schmerzverarbeitung)³³
  • Rückenmark³²
  • limbisches System (steht mit Stressreaktionen in Verbindung)
    • Hippocampus³²
      • paraventrikulärer Nucleus
      • insbesondere auf Cholecystokinin-positiven GABAergen Interneuronen³⁴
    • Amygdala³³
      • zentrale Amygdala³⁵
  • Cerebellum (Kleinhirn)³²³⁶
  • Zwischenhirn (Diencephalon)
    • Thalamus³³
    • Hypothalamus³³
  • Pyriformer Kortex (primärer olfaktorischer Kortex)¹⁸
  • Hirnstamm
    • rostrale ventromediale Medulla (RVM, beteiligt an Schmerzverarbeitung)³³
    • Pons (in geringer Menge)
  • in Oligodendrozyten in der weißen Substanz bestimmter Gehirnregionen³⁷³⁸ zumindest während der Gehirnentwicklung:³⁹
    • Corpus callosum, Commissura anterior (Commissura rostralis), Stria terminalis, Fornix, Bereiche der weißen Substanz des Hirnstamms

• peripher in geringerer Dichte in Nerven- und anderen Geweben, die an der Regulierung von Emotionen, Stress und Reaktionsfähigkeit beteiligt sind:⁴⁰

  • Axonendigungen
  • Gliazellen
  • Fortpflanzungssystem (Gebärmutter, Eierstock, Hoden, Prostata)
  • einigen Drüsensystemen (z.B. Nebenniere)
  • Fettgewebe
  • Herzen
  • Leber
  • Lunge
  • Knochenmark
  • Thymus
  • Mikrozirkulation

• insbesondere auf Axonendigungen.⁴¹ CB1R unterliegen (nur) im somatodendritischen Kompartiment einem permanenten Zyklus von Endozytose und Recycling. Dadurch werden CB1Rs im somatodendritischen Kompartiment kontinuierlich durch Endozytose aus der Plasmamembran entfernt, nicht aber in den Axonen. Im Ergebnis führt dies zu einem überproportionalen Auftreten von CB1R auf Axonen.⁴²⁴³

  • CB1R finden sich häufiger auf GABAergen als auf glutamatergen präsynaptischen Terminalen⁴⁴³⁵²⁸ sowie auf Neuronen, die DRD1 exprimieren⁴⁵
  • Aktivierung durch Endocannabinoide, die in postsynaptischen Terminalen als Reaktion auf postsynaptische Depolarisationen synthetisiert und freigesetzt werden⁴⁶⁴⁷
  • dies unterstreicht ihre Bedeutung für eine hemmende und exzitatorische Regulierung des Gehirns⁴⁸

• deneben auf Membranen und Mitochondrien von Astrozyten, wo er über den Crosstalk zwischen Astrozyten und Neuronen an der Regulierung der neuronalen/synaptischen Funktion beteiligt ist⁴⁹

CB1R bilden Heteromere mit:⁵⁰

• Dopamin-Rezeptoren
  • postsynaptische Heteromere.⁵¹
  • DRD2⁵²
• Adenosin A2A-Rezeptoren
  • in Caudatus und Putamen bilden Heteromere mit . Die durch CB1R vermittelte motorische Hemmung im Striatum ist vollständig von der Aktivierung von A2AR (in Form von CB1R-ADA2-Heteromeren) abhängig und wird durch A2AR-Antagonisten aufgehoben. Die hemmende Wirkung von CB1R-Agonisten auf die durch den D2-Agonisten Quinpirole induzierte Hyperlokomotion wurde durch A2AR-Antagonisten MSX-3 ebenso blockiert wie durch den CB1R-Antagonisten Rimonabant.³¹
  • 5HT1A⁵²
  • 5HT2A⁵²
  • AT1⁵²
  • GPR55⁵²
  • SST5⁵²
  • OX1⁵²
  • OX2⁵²
  • μOR⁵²
  • δOR⁵²
  • CB2R⁵²
  • GPR55⁵²
  • CXCR4⁵²

1.2. Was von CB1R reguliert wird¶

CB1R ist beteiligt an der Regulierung von:

• Koordination von Bewegungen⁵³
  • Motorik wird durch Endocannabinoide mit reguliert, die auf den Nucleus subthalamicus wirken. Diese Wirkung wird durch CB1R vermittelt, die außerhalb des Nucleus subthalamicus sitzen, vermutlich u.a. im Globus Pallidus und im PFC.²⁴
• Belohnung/Motivation⁵⁴⁵⁵
• räumliche Orientierung⁵³
• Sinneswahrnehmung (Geschmack, Geruch, Tastsinn, Gehör)
• Appetit⁵⁶⁵⁷⁵⁸
  • Der CB1R-Antagonist Rimonabant hemmte die Wirkung von Appetitanregern (Kokain, Morphin und Nahrung) und verringerte das Interesse an Saccharose, Bier und Alkohol⁵⁹
  • Endocannabinoide modulieren via CB1R Appetit und Energieaufwand. AEA wirkt je nach Sättigungszustand und je nach CB1R-Lage (peripher oder zentral) unterschiedlich auf das Fressverhalten:⁶⁰
    • Peripher: Der AEA-Wiederaufnahmehemmer AM404 reduzierte die Nahrungsaufnahme bei teilweise gesättigten Tieren, nicht bei ungesättigten Tieren
    • Zentral: AM404 bewirkte bei ungesättigten Tieren ungezügeltes Fressen (Hyperphagie). Der inverse CBR-Agonist SR141716A unterband dieses.
  • Von THC-Konsum wird häufig eine appetitanregende Wirkung berichtet
  • Insulin vermittelt im VTA eine Endocannabinoid–vermittelte LTD in Dopamin-Neuronen:⁶¹
    • Insulin unterdrückt den glutamatergen Input
    • der so verringerte Erregungsantrieb vermindert das Interesse an Nahrung
  • Milchaufnahme des Säuglings
    • CB1R-Antagonisten verhindern am ersten bis vierten Tag die Milchaufnahme von Säuglingen und können diese dadurch zum Tode führen⁶²
      • Die Welpen finden zwar die Nippel, können aber nicht saugen⁶³
      • Lecken von offen angebotener Milch funktioniert⁶⁴
      • Wirkung von Rimonabant und VCHSR1 ist gleich stark, obwohl Rimonabant 14 mal so stark an CB1R bindet wie VCHSR1.⁶⁵ Fraglich daher, ob Wirkung alleine über CB1R vermittelt wird.
    • CB1R-KO-Mäuse nehmen nur am ersten Lebenstag keine Milch an⁶², danach normalisiert sich dies⁶⁶
• Diurese (anders als CB2R)⁶⁷
• geistige Leistungsfähigkeit
• Lernen und Gedächtnis⁵⁴⁶⁸⁶⁹
• Kurzzeitgedächtnis
  • CB1R-Agonisten beeinträchtigen das Kurzzeitgedächtnis⁷⁰
• Motivation⁵³
• Angst^71727374
  • CB1R auf kortikalen glutamatergen Neuronen verringern Angst, wenn aktiviert⁷⁵
  • CB1R auf GABAergen Neuronen verstärkt Angst leicht⁷⁵
    • Der GABAerge Wirkpfad von Endocannabinoiden ist an der Vermittlung der anxiolytischen Wirkung von Benzodiazepinen beteiligt. Endocannabinoide können die angstlösende Wirkung von Benzodiazepinen verbessern.⁷⁶
  • Eine Blockade von CB1R verhindert die Glucocorticoid-induzierte Abnahme des konditionierten Freezing-Verhaltens⁷⁷
    • Der CB1R-Antagonist AM281 i.p. wie intra-hippocampal gegeben förderte das kontextuelle Furchtgedächtnis⁷⁸
  • Endogene CB1R-Agonisten wirken angstlindernd und verhindern das Auftreten pathologischer Angstzustände⁷⁹⁹
    • CB1R-Aktivierung (durch AEA oder 2-AG) führt zur Löschung des Furchtgedächtnisses⁸⁰
      • AEA wirkte primär auf die Signalübertragung in der Amygdala
      • 2-AG induzierte eine stärkere DA-Freisetzung aus dem mesolimbischen Signalweg⁸¹
    • Endocannabinoide modulieren das Vermeidungsverhalten positiv durch erhöhte Dopamin-Freisetzung
      • Der inverse CB1R-Agonist Rimonabant verrringerte drastisch die Dopamin-Freisetzung in Tiermodellen auf Warnsignal (Lichthinweis) und daraus resultierende aktive Vermeidung von elektrischen Fußschocks; ebenso wirkte eine Hemmung von 2-AG⁸²
    • Der AEA-Wiederaufnahmehemmer AM404 hoch dosiert hemmte das kontextuelle Furchtgedächtnis⁷⁸
    • dagegen förderte 2-AG via CB1R-Bindung auf GABAergen Neuronen die Ausprägung konditionierter Furcht⁷⁵
    • Der CB1R-Antagonist SR141716 erhöhte das konditionierte Freezing⁷⁵
    • Der CBR2-Antagonist AM630 verringerte das konditionierte Freezing⁷⁵
    • Der TRPV1-Antagonist SB366791 beeinflusste das Freezing nicht⁷⁵
    • Der CBR2-Agonist JWH133 beeinflusste das Freezing nicht⁷⁵
    • Der CBR1- und CBR2-Agonist CP55.940⁸³ erhöhte das konditionierte Freezing⁷⁵
    • Der Endocannabinoid-Wiederaufnahmehemmer AM404 verringerte das konditionierte Freezing⁷⁵
    • Der Endocannabinoid-Wiederaufnahmehemmer VDM11 beeinflusste das Freezing nicht⁷⁵
    • Die gleichzeitige Verabreichung mit SR141716 oder SB366791 bestätigte eine Beteiligung von CB1 und TRPV1⁷⁵
    • Der AEA-Abbauhemmer URB597 verringerte das konditionierte Freezing⁷⁵
    • Der 2-AG-Abbauhemmer JZL184 verstärkte das konditionierte Freezing⁷⁵
    • Die angstfördernde Wirkungen von 2-AG wird via CB1R in GABAergen Neuronen vermittelt⁷⁵
• Verteidigungsverhalten⁸⁴
  • AM-404 erhöhte das Verteidigungsverhalten auf Geruch eines Angreifers bei Ratten
  • Der CB1R-Antagonist AM251 beeinflusste das Verteidigungsverhalten jedoch nicht
• Risikoverhalten / Erlernen von Risikovermeidung⁸⁵
• amphetamin-vermittelte LTD in der Amygdala⁸⁶
  • Amphetamin-LTD wird dosisabhängig durch den Cannabinoid-CB1-Rezeptor-Antagonisten AM251 blockiert. Weder Dopamin-, Serotonin-1A-, Noradrenalin-α2- noch GABA-B-Rezeptor-Antagonisten beeinflussten Amphetamin-LTD.
• Sozialverhalten⁸⁷
• Stimmung⁷¹
• Antidepressiver Wirkung⁸⁸
• Krämpfe
  • Das ω-3-Endocannabinoid DHEA (Docosahexaenoyl-Ethanolamid) verringert die Anfälligkeit für Krampfanfälle bei Mäusen durch Aktivierung von CB1R⁸⁹
  • Status epilepticus wurden verringert durch AM404 und URB597, nicht aber durch AM251⁹⁰
• Zwangsverhalten⁹¹
  • CB1R hemmt Zwangsverhalten, TRPV1 förderte Zwangsverhalten. AEA wirkt auf beide Rezeptoren.⁹²
  • Die zwangshemmende Wirkung von AEA ließ nach 14 Tagen nach, die des TRPV1-Antagonisten Capsazepin blieb erhalten.⁹²
• Sucht⁹³⁹⁴⁹⁵
  • Nikotinabhängige Mäuse zeigen verringerte 5-HT(1A)-Rezeptoren im Zwischenhirn:⁹⁶
    • AM251 (CB1R-Antagonist) verringerte Abstinenzzeichen
    • AM-404 (das AEA erhöht) verringerte dosisabhängig die Immobilitätszeit
    • Der 5-HT(1A)-Rezeptor-Antagonist WAY 100635 hob die immobilitätshemmende Wirkung von AM404 auf
  • MA-404 mildert Entzugssymptome⁹⁷
• Schmerz⁹⁸⁹⁹
  • Diclofenac hemmt Schmerzen über CB1R, GPR55-Rezeptoren und Mu-Opioid-Rezeptoren von mPFC und ventrolateralem periaquäduktalen Grau im Hirnstamm¹⁰⁰
  • Systemisch verabreichte Cannabinoide wirken schmerzlindernd über CB1R (nicht aber über CB2R) mittels spinalen 5-HT7- und 5-HT(2A)-Rezeptoren¹⁰¹
  • CB1R beeinflusst Migräne, Clusterkopfschmerzen¹⁰²
  • Kopfschmerzen gehen mit erhöhten FAAH- und AMT-Spiegeln (bei Frauen) und verringerten AEA-Spiegeln einher¹⁰³
  • FAAH-KO-Mäuse zeigen stark erhöhte Anandamidspiegel und ein stark verringertes Schmerzempfinden¹⁰⁴
  • AM404 verringerte die mechanische und kalte Hyperalgesie mit minimalen Auswirkungen auf die motorische Koordination. AM251 hemmte signifikant die schmerzlinderne Wirkung von AM404. Capsazepin verstärkte die schmerzlindernde Wirkung. AM404 wirkt im Rückenmark schmerzlindernd, primär über CB1R, nicht über CB2R.¹⁰⁵
  • TRPV1-Rezeptoren scheinen bei CCI-Ratten eine schmerz-erhöhende Rolle zu spielen¹⁰⁵
• Juckreiz
  • URB597 und JZL184, aber nicht AM404, dämpften ein Serotonin-induziertes Kratzen. Der CB2R-Antagonist SR144528 neutralisierte die hemmende Wirkung von URB597.¹⁰⁶
• Hemmung einer überhöhten Signalweitergabe durch Neurotransmitter
• Sexualverhalten
  • Hemmung der Ejakulation¹⁰⁷
  • CB1R-Antagonisten (im VTA) während der Kopulation hemmen die sexuelle Sättigung bei Rattenmännchen¹⁰⁸
• HPA-Achse / Stress
  • Eine Störung des CB1R-Gens (CNR1) bewirkte eine Hyperaktivität der HPA-Achse¹⁰⁹
  • Stress reduziert CB1R¹¹⁰
  • Stress verringert Anandamid (AEA) und erhöht AG-2.¹¹⁰
  • Endogene Cannabinoide scheinen die HPA-Achse über CB1R im Gehirn zu hemmen
  • Anandamid (AEA)
    • senkt den Corticosteronspiegel bei gestressten Tieren⁷⁹
    • verringert die endokrine Stressreaktion der HPA-Achse¹¹¹
    • verringert die durch das Stresshormon CRF verursachte Noradrenalinausschüttung¹¹² hier: via AM-404, das AEA erhöht, sowie durch den selektiven CB1R-Agonisten ACEA. Der CB1R-Antagonist AM 241 erhöhte dagegen die CRF-induzierte Noradrenalinfreisetzung
    • Der CBR1- und CBR2-Agonist WIN55212-2 verringerte Corticosteron, während der Endocannabinoid-Wiederaufnahmehemmer AM404 wie auch der Endocannabinoid-Abbauenzym-Inhibitor URB597 Corticosteron erhöhte¹¹³
  • Endogene Cannabinoide hemmen die basale und unterdrücken die stressinduzierte Aktivität der HPA-Achse via Hypothalamus, der Hypophyse und Nebennierenrinde. Die Stimulation der zentralen Cannabinoidrezeptoren führt zu einer Aktivierung des Sympathikus⁷⁹
  • Eine Aktivierung der peripheren CB1R hemmt die Noradrenalinausschüttung aus den sympathischen Terminals und die Adrenalinausschüttung aus den Nebennieren⁷⁹
  • CB1R beeinflussen möglicherweise nicht die Adaption an täglichen chronischen Stress¹¹⁴
  • CB1R vermittelt die schnelle Herunterregulierung der HPA-Achse durch GR-Agonisten (endokrine Feedbackschleife), hier durch Dexamethason¹¹⁵¹¹⁶ CB1R-Antagonisten unterbinden die Herabregulierung.
  • Eine Gabe des CB1R-Agonisten WIN55,212-2 bei singulärem Stress in einem PSTD-Mausmodell:¹¹⁷
    • intraperitoneal gegeben, verhinderte die traumabedingten Veränderungen:
      • in der Konditionierung der hemmenden Vermeidung (IA)
      • in der Konditionierung der Extinktion
      • die akustische Startle-Response-Potenzierung (ASR)
      • die Hemmung der HPA-Achse
    • in die basolaterale Amygdala gegeben, verhinderte
      • die SPS-induzierten Veränderungen in IA und ASR.
    • Der CB1R-Antagonist AM251 in die basolaterale Amygdala gegeben, blockierte die beschriebenen Wirkungen von WIN55,212-2
• Schlaf / Circadianer Rhythmus¹¹⁸
  • CB1R-Antagonisten oder FAAH-Hemmung fördern das Wachsein
  • Erhöhte AEA-Spiegel, durch AEA-Gabe¹¹⁹ oder AMT-Wiederaufnahmehemmung¹²⁰, fördern Schlaf
  • Schlafmangel verstärkte den 2-AG Rhythmus¹²¹

CB1R zeigen in vitro eine signifikante konstitutive Aktivität (d.h. eine spontane Aktivierung in Abwesenheit von Liganden).⁴²

1.3. Wirkpfade von CB1R¶

Durch Agonisten aktivierte CB1R senden in drei verschiedenen raum-zeitlichen Wellen:¹²²

• die erste Welle ist vorübergehend (<10 Minuten) und wird von heterotrimeren G-Proteinen ausgelöst
• die zweite Welle (>5 Minuten) wird von β-Arrestinen vermittelt
• die dritte und letzte Welle tritt in intrazellulären Kompartimenten auf und könnte von G-Proteinen oder β-Arrestinen ausgelöst werden

Aktivierte CB1-Rezeptoren:

• hemmen GABA-Neuronen (signifikanten Hemmung der evozierten und der spontanen GABA-vermittelten synaptischen Ereignisse¹⁰³.)
  • Folge: geringere Hemmung von Dopamin-Neuronen führt. Dadurch erhöhen Cannabinoide indirekt den Dopaminspiegel.
  • Die durch Stimulation des CB1R veränderte Empfindlichkeit der GABA-Synapsen bewirkte einer verstärkte GABA-Freisetzung. Dies deutet darauf hin, dass die CB1R wesentlich zur Regulierung der hemmenden Übertragung im Striatum beitragen.¹⁰³
  • Der synthetische CB1R-Agonist HU210 bewirkte jedoch keine Verringerung der GABA-Übertragung im Striatum, sondern zu einer signifikanten Erhöhung der GABA-Freisetzung¹²³
    • Entweder können CB1R unter bestimmten Umständen die Freisetzung von Transmittern begünstigen, oder HU210-vermittelt seine Effekte noch über andere Wege als CB1R.
  • Während hemmender Synapsen nach chronischer Inaktivität überwiegend homöostatisch verkleinert wurden, stärkte ein verminderter Endocannabinoid-Tonus eine Untergruppe GABAerger Synapsen im Hippocampus in vitro und damit die Wahrscheinlichkeit der GABA-Freisetzung¹²⁴
• hemmen eine Überaktivität der Schmerzregelung und wirken so schmerzlindernd
• THC als CB1R-Agonist wirkt Dopamin erhöhend im Nucleus accumbens. Adenosin A2A-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Koffein) wirken dem entgegen.¹²⁵
  • Da der CB1R im Hirnstamm, der Atmung und Herzkreislaufsystem reguliert, nicht vorhanden ist, soll eine Überdosis an THC nicht zu hiermit in Verbindung stehenden Todesfällen führen können³
• CB1R (nicht TRPV1) vermittelt den amnestischen Effekt, der durch erhöhtes AEA verursacht wird. AM-404 störte sowohl die Gedächtniskonsolidierung als auch den Gedächtnisabruf bei kontextueller Angstkonditionierung und hob die LTP-Induktion auf.¹²⁶
• CB1R erhöhen Histamin¹²⁷
  • Die CB1R-Agonisten ACEA und mAEA erhöhten die Histamin-Freisetzung aus dem hinteren Hypothalamus, wo sich die histaminergen tuberomamillären Kerne (TMN) befinden, sowie aus den histaminergen Projektionsgebieten Nucleus basalis magnocellularis und dorsales Striatum
  • AM404 im TMN begrenzte die erhöhte Histamin-Freisetzung auf den TMN
  • Der CB1R-Antagonist AM251 blockierte die Histamin-Freisetzung
• Ein CB1R-Agonist verringerte, ein CB1R-Antagonist erhöhte AEA im Hypothalamus¹²⁸

THC verursacht eine Überstimulation der CB1R, was diese bei der Regulierung der Nahrungsaufnahme, des Stoffwechsels, der kognitiven Prozesse und des Vergnügens beeinträchtigt. Dies führt zu einer Verringerung von Gedächtnisleistung und Motivation sowie langfristig zur Abhängigkeit. In der Folge wird schwerer Langzeit-Cannabiskonsum mit einem erhöhten Risiko für psychische Störungen assoziiert, darunter Psychosen, Sucht, Depressionen, Suizidalität und Beeinträchtigung von Kognition und Motivation.⁶

Langfristige Agonistengabe führt zunächst zur Desensibilisierung und später (unter Mitwirkung von Clathrin-beschichteten Pits) zur Internalisierung von CB1R. Bei Abwesenheit eines Agonisten wird der Rezeptor wieder an die Zelloberfläche geführt.¹²⁹

CB1R zeigen konstitutive Rezeptoraktivität: Alleine die exogene Expression von CB1R in Neuronen des Ganglion cervicalis superior unterdrückte den Ca2+-Strom, auch in Abwesenheit von CB1R-Agonisten.¹³⁰

CB1R-Wirkung im Zeitverlauf:

• zig-Sekunden¹⁶
  Eine einer kurze (5 bis 10 Sekunden) postsynaptische Depolarisation bewirkt eine kurzfristige Depression (STD - eine durch Depolarisation induzierte Unterdrückung der Hemmung (DSI) oder Erregung (DSE))
  • des Glutamat-Eingangs in MSN oder FSI oder
  • des GABAergen Eingangs von FSI in MSN.
  • entsteht durch retrograde Endocannabinoid-Mobilisierung an präsynaptischen CB1R-Rezeptoren und ermöglicht eine fein abgestimmte Regulierung des laufenden präsynaptischen Inputs
• langfristige Wirkung: Langzeitdepression (LTD)¹⁶
  • von CB1R-exprimierenden
    • glutamatergen Terminals aus dem PFC, der basolateralen Amygdala und dem ventralen Hippocampus
    • GABAergen Terminals aus CB1-exprimierenden FSIs

CB1R wirken den D2R entgegengesetzt.²³

1.4. CB1R bei verschiedenen Störungsbildern¶

Bei Epilepsie scheint ein Mangel an Cannabinoid-Rezeptoren zu einer Übererregung zu führen.³ Paracetamol konnte in vitro den Status epilepticus in Nervenzellen beenden, was über den CB1R vermittelt wurde.¹³¹
Huntington geht mit einem schweren Verlust von CB1R einher.¹⁰³
Parkinson (zerstörte Dopamin-Neuronen) zeigt eine erhöhte CB1R-Expression in den Basalganglien^132133134 sowie erhöhte Anandamid-Spiegel¹³⁵. Bei ADHS sind Anandamid-Spiegel ebenfalls erhöht, was allerdings aus einem veränderten Anandamid-Abbau resultieren soll.¹³⁶ DAT-KO-Mäuse zeigen dagegen massiv verringerte Anandamid-Spiegel, was darauf hindeutet, dass Anandamid vom Dopaminspiegel beeinflusst wird.¹³⁷
Unserer Ansicht nach könnte eine erhöhte CB1R-Expression rein theoretisch eine neurophysiologische Erklärung für die Verringerung des Suchtrisikos durch Stimulanzien bei ADHS sein, da diese Dopamin erhöhen. Dagegen spricht allerdings, dass bei Parkinson, das ebenfalls von Dopaminmangel geprägt ist, kein erhöhtes Risiko einer THC-Sucht bekannt ist. Denkbar wäre, dass Parkinson nicht durch einen CB1R-Mangel gekennzeichnet ist.

Omega 3 soll CB1R erhöhen.¹³⁸

1.5. CB1R-Agonisten und Antagonisten¶

1.5.1. CB1R-Agonisten¶

CB1R-Agonisten sind unter anderem:

• 2-Arachidonylglycerol (2-AG)
  • vollständiger⁴⁰ CB1R- und CB2R-Agonist⁴¹³⁹
  • geringer Bias für die Hemmung von cAMP und die Phosphorylierung der extrazellulären signalregulierten Kinase 1/2 (pERK1/2)¹²²
• ACEA (Arachidonyl-2’chlorethylamid/N-(2chlorethyl)-5Z,8Z,11Z,14Z-Eicosatetraenamid)¹⁴⁰
  • selektiver¹⁴¹²² / hochselektiver CB1R-Agonist⁵⁴
• ACPA (Arachidonoylcyclopropylamid), selektiver CB1R-Agonist⁵⁴
• Anandamid (AEA, N-Arachidonoylethanolamin)
  • Partialagonist von CB1R und CB2R¹⁰³, geringere Affinität für CB2R als für CB1R⁴⁰
  • Möglicherweise wirkt AEA nur ohne 2-AG als partieller CB1R-Agonist und in Gegenwart von 2-AG als kompetitiver Antagonist.¹⁴²
    • Bei niedriger Rezeptordichte oder einer begrenzten Anzahl von Post-Rezeptor-Effektoren kann AEA (wie auch THC) die durch 2-AG ausgelösten CB1R-Signale antagonisieren.^14310144145
  • Bias an CB1R für die Hemmung von cAMP¹²²
• AM2389 [9β-hydroxy-3-(1-hexyl-cyclobut-1-yl)-hexahydrocannabinol]⁶⁷
• AM-356 ((R)-Methanandamid), ein synthetisches Anandamid-Analog
• AM4054 [9β-(hydroxymethyl)-3-(1-adamantyl)-hexahydrocannabinol]⁶⁷
• BAY 59-3074 (3-[2-cyano-3-(trifluoromethyl)phenoxy]phenyl-4,4,4-trifluoro-1-butanesulfonate), Partialagonist¹⁴⁶
• Catechine aus der Teepflanze (Camellia sinensis)¹⁴⁷
• CRA13 (SAB-378, Naphthalin-1-yl-(4-pentyloxynaphthalin-1-yl)methanon)
  • auch CB2R-Agonist, begrenzte ZNS-Penetration
  • bewirkte eine bis zu 90-prozentige Umkehrung der Hyperalgesie in neuropathischem Rattenmodell mechanischer Hyperalgesie, via CB1R¹²²
• CP 55940 / CP 55,940⁸³ ((-)-cis-3-[2-hydroxy-4-(1,1-dimethylheptyl)-phenyl]-trans-4-(3-hydroxy-propyl)cyclohexanol)¹⁴⁸ Vollagonist¹⁴⁹
  • Bias für die Hemmung von cAMP¹²²
• HU210 (stark)¹²³ (HU = Hebräische Universität)
  • Bias für die Hemmung von cAMP¹²²
  • auch starker CB2R-Agonist¹⁵⁰
• HU-320
  • entzündungshemmend; zeigt keine psychotrope Wirkung¹⁵¹
• mAEA (R(+)-Methanandamid)¹²⁷
  • Bias für die Hemmung von cAMP¹²²
• THC (Δ9-Tetrahydrocannabinol), Partialagonist¹⁵²
  • Δ9-Tetrahydrocannabinol hat psychoaktive Metaboliten, wie 11-hydroxy-THC¹⁵³
• WIN 55,212 [R-(1)-[2,3-dihydro-5-methyl-3-[(morpholinyl)methyl]pyrrolo[1,2,3-de]-1,4-benzoxazinyl]-(1-naphthalenyl)methanon mesylat]⁶⁷
  • geringer Bias für die Hemmung von cAMP und die Phosphorylierung der extrazellulären signalregulierten Kinase 1/2 (pERK1/2)¹²²
• Yangonin aus der Kavapflanze (Piper methysticum)¹⁵⁴

1.5.2. Primär peripher wirksame CB1R-Agonisten¶

In der Praxis scheitert die Nutzung von CB1R-Agonisten in der Regel an der psychotropen Wirkung an CB1R im Gehirn. Es gibt jedoch auch CB1R-Agonisten, die nicht psychotrop wirken, meist weil sie die Blut-Hirn-Schranke nur eingeschränkt überwinden können:

• 10919 ist ein moderat affiner CB1R-Agonist (Ki = 143 nM, EC50 = 1440 nM) und CB2R-Agonist (Ki = 14 nM) mit einem moderaten Gehirn/Plasma-Verhältnis von 0,74.¹²²
• AZ11713908 ist ein hochaffiner CB1R-Agonist (pIC50 8,4, pEC50 8,0) und CB2R-Agonist (pIC50 9,0) mit 7 % bzw. 5 % Aufnahme im Gehirn im Vergleich zum Plasma. AZ11713908 verringerte die die mechanische Allodynie (Druck- und Berührungsschmerzempfindlichkeit) im Rattenmodell der Spinalnervenligatur bei 2,5 μmol/kg mit 100 %iger Wirksamkeit. Von WIN 55,212 bedurfte es hierfür 8 μmol/kg.¹²²
• AZD1940 ist ein hochaffiner CB1R-Agonist (pKi 7,93) und CB2R-Agonist (pKi 9,06). Gehirn-Plasma-Verteilungskoeffizient bei Ratten: 0,04. Leider zeigte AZD1940 nur begrenzte analgetische Wirksamkeit gegen Capsaicin-induzierte Schmerzen und Hyperalgesie und zudem leichte bis mäßige unerwünschte Wirkungen im ZNS (zentrale Cannabinoid-Nebenwirkungen) und im Magen-Darm-Trakt. AZD1940 wurde nach Phase-II-Studien nicht weiter verfolgt.¹²²
• CRA13 ist ein CB1R- und CB2R-Agonist mit sehr begrenzte ZNS-Penetration.¹²²
• HU-320 ist ein entzündungshemmender CB1R-Agonist ohne psychotrope Wirkung¹⁵¹

Daneben wirken manche Endocannabinoide als biased ligands, lösen also am Rezeptor nur bestimmte G-Protein-Signalpfade aus.¹²²

1.5.3. CB1R-Antagonisten¶

CB1R-Antagonisten sind unter anderem:

• Anandamid (AEA, N-Arachidonoylethanolamin)
  • Möglicherweise wirkt AEA in Gegenwart von 2-AG als kompetitiver Antagonist und nur ohne 2-AG als partieller CB1R-Agonist¹⁴²
    • Bei niedriger Rezeptordichte oder einer begrenzten Anzahl von Post-Rezeptor-Effektoren kann AEA (wie auch THC) die durch 2-AG ausgelösten CB1R-Signale antagonisieren.^14310144145
• AM251 (N-(piperidin-1-yl)-5-(4-iodophenyl)-1-(2,4-dichlorophenyl)-4-methyl-1-H-pyrazole-3-carboxamide)⁹⁹¹⁵⁵
  • verringert die Alkoholselbstadministration bei Mäusen¹⁵⁵
• AM 281²⁴
• AM4113 (neutraler Antagonist)¹⁵⁶
• AM6527¹⁵⁷
• LH-21 (nahezu ausschließlich peripher wirksamer CBR-Antagonist)¹⁵⁸
• LY320135: Antagonist/inverser Agonist¹⁵⁹
• O-2050¹⁵⁹
• O-Arachidonylethanolamid (Virodhamin)
  • partieller CB1R-Antagonist¹⁶⁰
• Rimonabant (SR 141716A, N-(piperidin-1-yl)-5-(4-chlorophenyl)-1-(2,4-dichlorophenyl)-4-methyl-1H-pyrazole-3-carboxamid Hydrochlorid)
  • selektiver¹⁶¹²² CB1R Rezeptor-Antagonist/Partialagonist^148131162 inverser Agonist¹⁶³
• VCHSR1 (5-(4-chlorophenyl)-3-[(E)-2-cyclohexylethenyl]-1-(2, 4-dichlorophenyl)-4-methyl-1H-pyrazol)
  • neutraler CB1R-Antagonist, 1/14 der Bindung von Rimonabant¹⁶⁴

1.5.4. Allosterische Modulatoren von CB1R¶

Eine kurze Erläuterung der Funktionsweise der allosterischen Moderation findet sich im Beitrag Neurologische Grundlagen

• Org27569 (unbekannt ob POM oder NOM)¹²²
  • Bias für die Bockade der Hemmung von cAMP durch Cannabinoidliganden¹²²
  • keine Beinflussung der ERK1/2 Phosphorylation von Cannabinoidliganden¹²²

1.5.4.1. Positive allosterische Modulatoren (CB1R-POM)¶

POM verstärken die Wirkung von Agonisten oder inversen Agonisten.
CB1R-POM sind unter anderem:¹²²

• GAT-211
• GAT-228, (+)-Enantiomer von GAT-211
• GAT-229, (-)-Enantiomer von GAT-211
• ZCZ-011
• RTI-371¹⁶⁵
• Pregnenolon (nicht selektiver CB1R-PAM)
• Lipoxin A4 (nicht selektiver CB1R-PAM)
• Pepcan-12 (nicht selektiver CB1R-PAM)

1.5.4.2. Negative allosterische Modulatoren (CB1R-NOM)¶

NOM hemmen die Wirkung von Agonisten oder inversen Agonisten.
CB1R-NOM sind unter anderem:

• Org29647¹⁶⁶
• Org27759¹⁶⁶

1.5.5. Bindungsstärke an CB1R¶

Nach Bindungsaffinität in Ki (nM; niedriger ist stärker):¹⁵⁰

HU210: 0,2
JWH‐210: 0,5
CP47,497: 0,8
AB‐FUBINACA: 0,9
AM2201: 1,0
JWH‐073: 8,9
JWH‐018: 9,0
XLR‐144: 29,0
AEA: 32,0
THC: 41,0
2‐AG: 472,0
CBD: 842,0

1.6. Wodurch CB1R-Wirkung beeinflusst wird¶

Neben der Aktivierung durch Agonisten und der Hemmung durch Antagonisten wird CB1R auch durch Protein-Protein-Interaktionen reguliert:¹³⁰

• G-Proteine
  • senden CB1R-Signale an Effektormoleküle (Adenylylzyklase, Ionenkanäle)
  • beeinflussen die Affinität des CB1R für Agonisten durch negative heterotrope Interaktion
• CRIP1a (Cannabinoidrezeptor-interagierendes Protein 1a)¹⁶⁷
  • ändert die Präferenz für Gi/o-Subtypen von der Signalisierung über Gi3 und Go zur Signalisierung über Gi1 und Gi2
  • schwächt die Agonisten-vermittelte Internalisierung von CB1Rs
  • hemmt die konstitutive Rezeptorwirkung von CB1R, über die diese in Abwesenheit von Agonisten in Neuronen des Ganglion cervicalis superior den Ca2+-Strom unterdrücken¹³⁰
• β-Arrestin 1 und β-Arrestin 2
  • verändern die zellulären Signalmuster
  • desensibilisieren die Rezeptor-G-Protein-Interaktion
• GASP (GPCR-assoziiertes Sortierprotein) steuert den Transport von internalisierten CB1R zum Lysosom, wo sie abgebaut werden

2. CB2-Rezeptor (CB2R)¶

Der CB2R (Cannabinoid-2-Rezeptor) ist wie der CB1RG-Protein-gekoppelt, jedoch seltener im Gehirn zu finden⁹⁸ und vornehmlich mit dem Immunsystem verbunden.
Es existieren verschiedene Isoformen des CB2R:¹⁶⁸

• CB2RA
• CB2RB
• CB2RC
• CB2RD
  Der CB2R findet sich:¹⁵⁴⁴
• im Gehirn in:
  • PFC
  • Striatum
  • Basalganglien
  • Amygdala
  • Hippocampus¹⁶⁹
  • VTA
    • CB2R sind im VTA häufiger als im Nucleus accumbens oder im dorsalen Striatum bei Nagetieren¹⁶⁸
    • CB2R finden sich im VTA auch auf Dopamin-Neuronen¹⁶⁸
  • Stammhirn
  • Gliazellen, die mit neuritischen Plaques in Alzheimer-Gehirnen assoziiert sind
    • Im gesunden Gehirn finden sich in den Mikrogliazellen und Astrozyten nur wenige CB2R. Pathologische Zustände wie Hirnverletzungen, Schlaganfall oder neurodegenerative Erkrankungen erhöhen die CB2R-Expression stark.⁵⁴
  • Gehirnkapillaren und Mikrogefäße
• peripher
  • Immunzellen¹²⁹
    • Mastzellen
      • Palmitoylethanolamid, nicht aber Anandamid, hemmt via CB2R die Aktivität von Mastzellen.¹⁷⁰
    • B-Zellen
    • T-Zellen
    • Makrophagen
    • Neutrophilen

CB2R ist involviert in¹²⁹

• Schmerzregulation
  • akuter Schmerzen sowie neuropathische Schmerzen
  • die CB2R-Anzahl erhöht sich bei neuropathischen und entzündlichen Schmerzen.⁹⁸
• Symptome von Angst und Depression werden durch CB1R- und CB2R-Signale vermittelt.
  • Chronische Gabe von CB2R-Antagonisten wirkt anxiolytisch¹⁷¹
• neuroprotektive Wirkung
• Neuromodulation
• Osteoporose
• Allergische Dermatitis
• Leberprobleme
• Arteriosklerose
• Multiple Sklerose
• keine psychoaktive Wirkung (anders CB1R)

CB2R-Agonisten hemmen das Feuern von Dopamin-Neuronen und die terminale Dopamin-Freisetzung.^172173174

CP55,940 bewirkt Internalisierung von CB2R¹⁷⁵
WIN55, 212-2 und andere Aminoalkylindole bewirken keine Internalisierung von CB2R¹⁷⁵
WIN55,212-2 antagonisierte konkurrierend die durch CP55,940 induzierte CB2R-Internalisierung¹⁷⁵

Echinacin enthält N-Isobutylamide, die als potente Cannabinoid-Mimetika an periphere CB2R auf Immunzellen binden, nicht aber an CB1R im ZNS.¹⁷⁶
Verschiedene Gewürzpflanzen enthalten Beta-Caryophyllen, die an CB2R binden.¹⁷⁷
Immunreaktionen werden nicht alleine durch den CB2R, sondern auch durch CB1R und TRPV1 vermittelt.¹⁷⁸

CB2R Agonisten sind u.a.:

• 2-AG (sehr schwach)¹⁵⁰
• A-836339 (2,2,3,3-Tetramethyl-cyclopropancarbonsäure [3-(2-Methoxy-ethyl)-4,5-dimethyl-3H-thiazol-(2Z)-yliden]-amid), selektiver CB2R-Agonist¹⁷⁹
• ARA (sehr schwach)¹⁵⁰
• AM1241 [1-(methylpiperidin-2-ylmethyl)-3-(2-iodo-5-nitrobenzoyl)indol]⁶⁷
• AM2201¹⁵⁰
• β-Caryophyllen (Beta-Caryophyllen)¹⁸⁰
  • bindet auch an PPARα und PPARγ, nicht aber an CB1R¹⁸¹
• BAY 59-3074 (3-[2-cyano-3-(trifluoromethyl)phenoxy]phenyl-4,4,4-trifluoro-1-butanesulfonate), Partialagonist¹⁴⁶
• CRA13 (SAB-378, Naphthalin-1-yl-(4-pentyloxynaphthalin-1-yl)methanon)
  • auch CB1R-Agonist, begrenzte ZNS-Penetration¹²²
• CBD (schwach)¹⁵⁰
• CT-3 (Ajuleminsäure, Lenabasum, AJA, IP-751, JBT-101, anabasum), selektiver CB2R-Agonist¹⁸² ist ein synthetisches THC-Analogon¹⁸³
• CP 55940 / CP 55,940⁸³ ((-)-cis-3-[2-hydroxy-4-(1,1-dimethylheptyl)-phenyl]-trans-4-(3-hydroxy-propyl)cyclohexanol)
  • auch CB1-Agonist¹⁴⁸
• GW405833, selektiver CB2R-Agonist¹⁸⁴
• HU210¹⁵⁰
• JWH018¹⁵⁰
• JWH073¹⁵⁰
• JWH133, selektiver CB2R-Agonist¹⁸⁵
• JWH210¹⁵⁰
• THC (Partialagonist)¹⁵²
  • an CB2R wohl nicht psychoaktiv
• Vicasinabin (RG7774)
  • selektiver CB2R-Agonist¹⁸⁶¹⁸⁷
• XLR-144¹⁵⁰

CB2 Antagonisten sind u.a.:

• AM630 (6-iodo-2-methyl-1-[2-(4-morpholinyl)ethyl]-1H-indol-3-yl](4-methoxyphenyl) methanon)⁶⁷
• SR144528 (N-[(1S)-endo-1,3,3-trimethylbicyclo-[2.2.1]heptan-2-yl]5-(4-chloro-3-methyl-phenyl)-1-(4-methybenzyl)pyrazole-3-carboxamide)¹⁴⁸

Nach Bindungsaffinität in Ki (nM; niedriger ist stärker):¹⁵⁰

HU210: 0.4
JWH‐210: 0,7
XLR‐144: 2,1
AM2201: 2,6
JWH‐018: 2,9
THC: 36,0
JWH‐073: 38,0
CBD: 203,0
2‐AG: 1.400,0
AEA: 1.932,0

3. GPR55: wohl kein CB3-Rezeptor¶

Neben CB1R und CB2R wurde zuweilen GPR55 als CB3R bezeichnet.¹⁰³¹⁸⁸ GPR55 habe jedoch zu geringe Übereinstimmung mit CB1R und CB2R um als CB-Rezeptor gelten zu können.⁵⁹

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4. Downregulation, Upregulation, Desensitisierung¶

Cannabinoidrezeptoren sind Mitglieder der GPCR-Familie. GPCR unterliegen häufig einer dynamischen Veränderung ihrer Aktivität.
Ein Mangel an Agonisten kann zu einer Upregulation führen.
Ein lang anhaltender Überschuss an Agonisten kann eine Desensitisierung und Downregulation bewirken.¹⁸⁹
Agonisten können eine zeit- und temperaturabhängige Endozytose (Internalisierung) auslösen. Während der Endozytose werden einige Rezeptorproteine wieder in die Zellmembran integriert (Recycling), während andere aussortiert und durch Lysosomen abgebaut werden, was die Rezeptoranzahl verringert.¹⁹⁰¹⁹¹

Homologe Desensitisierung
Der Rezeptor, der einen Liganden gebunden hat, wird durch eine Kinase (G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinase, GRK) phosphoryliert. Diese Phosphorylierung stabilisiert die Bindung zwischen dem Rezeptor und Arrestinen. Dies verhindert die Interaktion mit dem G-Protein und unterbricht die Signalweiterleitung.

Heterologe Desensitisierung
Die Signalkette eines Rezeptors wird (unabhängig von der Ligandenbindung) aufgrund einer Aktivierung anderer Rezeptoren auf der Zelloberfläche unterbrochen bzw. verringert. Die aktivierten Rezeptoren aktivieren über Second messenger Kinasen (z.B. Proteinkinase A, Proteinkinase C), die nicht den aktivierten Rezeptors selbst, sondern andere Rezeptoren phosphorylieren.

Bei Langzeitexposition (etwa 18 Stunden) desensibilisiert delta9-THC auch die CB1R.¹⁴⁵