Citalopram / Escitalopram bei ADHS
Citalopram und Escitalopram sind selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI).
Escitalopram ist das rein wirksame Isomer, während Citalopram das Racemat aus dem wirksamen und unwirksamen Isomer ist. Das Wirkungsprofil ist daher identisch, die Nebenwirkungen sollten bei Escitalopram etwas geringer sein. Escitalopram wurde entwickelt und auf den Markt gebracht, nachdem der Patentschutz für Citalopram abgelaufen war.
ACHTUNG:
Bezüglich der gesamte Gruppe der Serotoninwiederaufnahmehemmer, insbesondere bei Citalopram / Escitalopram, bestehen Bedenken bei der Verwendung bei ADHS.
Siehe hierzu ⇒ Anmerkungen zu Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) bei ADHS im Beitrag ⇒ Medikamente bei ADHS – Übersicht.
1. Citalopram / Escitalopram in Bezug auf ADHS¶
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SSRI zeigten bei ADHS keine Wirkung
- Citalopram / Escitalopram scheint die Aktivität der DAT zu verstärken, was bei ADHS möglicherweise nachteilig sein könnte.
Eines der Hauptprobleme von ADHS ist der zu geringe Dopaminspiegel im Striatum, der möglicherweise maßgeblich von einer zu hohen Anzahl Dopamintransporter verursacht wird, die das ausgeschüttete Dopamin präsynaptisch bereits wieder aus dem synaptischen Spalt aufnehmen, bevor es postsynaptisch andocken kann. Aktivere DAT verstärken daher die Symptome von ADHS.
Bestehen zudem (wie bei ADHS häufig) Schlafprobleme, sollen Medikamente, die den Serotoninspiegel erhöhen, ebenfalls nachteilig sein..
- Escitalopram in höherer Dosierung (20 mg) erhöht die Cortisolantwort auf akuten Stress (TSST).
Bei der Behandlung komorbider Depression bei ADHS sollte bedacht werden, dass eine Erhöhung der Cortisolantwort auf Stress bei ADHS-HI-Betroffenen (die häufig eine zu flache Cortisolantwort besitzen, weshalb die HPA-Achse nicht abgeschaltet wird) vorteilhaft sein könnte, bei ADHS-I-Betroffenen jedoch (die sehr häufig eine überhöhte Cortisolantwort haben) aus diesem Gesichtspunkt nachteilig sein kann. Siehe hierzu ⇒ Anmerkungen zu Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) bei ADHS im Beitrag ⇒ Medikamente bei ADHS – Übersicht.
- Citalopram verringert die Reaktion des Striatum auf anregende oder negative Stimuli.
Die Wirkung auf das Striatum könnte zugleich die Ursache für die emotionale Abstumpfung und erhöhte Gleichgültigkeit durch SSRI.
- Escitalopram führt zu erhöhten Angstwerten bei 10 mg und 20 mg auf den TSST. Die HPA-Achse wird durch die Amygdala dirigiert. Erhöhte Angst ist bei ADHS und ganz besonders bei ADHS-I kontraproduktiv.
- Citalopram bewirkt eine Verringerung der Aktivitätsrate serotonerger Neuronen in den dorsalen Raphekernen.
- Citalopram erhöht Serotonin, nicht aber Dopamin und Noradrenalin im dorsalen Hippocampus, frontalen Cortex, Nucleus accumbens und Striatum.
- Citalopram bewirkt keine Verringerung der Aktivität dopaminerger Neuronen im ventralen Tegmentum
- Citalopram bewirkt keine Verringerung der Aktivität adrenerger Neuronen im Nucleus coeruleus
Die meisten Behandler unterscheiden nicht sauber zwischen dem bei ADHS typischen Symptom der Dysphorie* bei Inaktivität, die ein funktionales Stresssymptom darstellt (der Stimmungsabfall bei Inaktivität zielt darauf ab, dass der Betroffene aktiv bleiben soll bis der Stressor besiegt ist) und “echter” Depression und behandeln deshalb ADHS-Betroffene unsachgemäß als hätten sie eine echte Depression.
*Dysphorie meint hier nicht eine “echte” Erschöpfungsdepression, die Folge einer ADHS sein kann, sondern einen (chronischen) Stimmungsabfall.
⇒ Depression und Dysphorie bei ADHS.
In der Praxis zeigt sich, dass eine Behandlung mit einer (gegenüber einer Verwendung als Antidepressivum) deutlich verringerten Menge von Escitalopram die dysphorische Stimmung verbessern kann. Hier können Mengen von 3 bis 5 Tropfen am Tag bereits ausreichen.
Eine positive Wirkung auf das Symptom der Dysphorie hat nach unserer Erfahrung ebenfalls die Umstellung der Behandlung von Methylphenidat auf Amphetaminmedikamente (Elvanse), die neben der starken dopaminergen und noradrenergen auch eine schwache serotonerge Wirkung haben.
2. Abbau von Escitalopram¶
Quelle: Schmotz
Escitalopram wird massgeblich durch
- CytochromP450 (CYP)-Isoenzym CYP3A4
- CytochromP450 (CYP)-Isoenzym 2C19
- CytochromP450 (CYP)-Isoenzym 2D6
zu Demethyl-Escitalopram abgebaut. Dieses hat noch 10 % der Wirksamkeit von Escitalopram und wird in der Folge zu einem Didemethyl-Metaboliten verstoffwechselt.
Bei Patienten mit Leberschäden der Escitalopramabbau verringert und der Plasmaspiegel erhöht.
Escitalopram und sein Demethyl-Metabolit inhibieren das hepatische Enzymsystem (CYP1A2, -2C9, -2C19, -2E1 und -3A) kaum und 2D6 nur schwach.
Es bestehen kaum relevante Arzneimittelwechselwirkungen mit Inhibitoren von CYP3A4, CYP2C19
oder CYP2D6 (von Moltke, Greenblatt et al. 2001; Rao 2007).
Citalopram wie Escitalopram werden vornehmlich über die Niere ausgeschieden, nur gering über die Faeces.
Die Eliminationshalbwertszeit von Escitalopram beträgt ca. 30 Stunden.
Diese Seite wurde am 04.10.2023 zuletzt aktualisiert.