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ADHS-Symptome sind Stresssymptome

ADHS-Symptome sind Stresssymptome

Die Weltgesundheitsorganisation WHO weist in dem von ihr entwickelten ADHS-Screeningtest ASRS darauf hin: “Die Symptome dieser Krankheit werden oft als Stress verkannt.”1 Nigg formuliert: “…adversity can cause a child to look just like he has ADHD.”2 und sagt damit nichts anderes als dass Stress sehr verwechselbare Symptome zu ADHS generieren kann. Einzelne Studien thematisieren ebenfalls den Zusammenhag zwischen Stress und ADHS-Symptomen.3

Die meisten ADHS-Symptome sind deckungsgleich mit “ganz normalen” Symptomen von schwerem Stress. Dennoch sind ADHS und Stress keineswegs dasselbe. Chronischer unkontrollierbarer Stress, also schwere (und häufig psychische) Belastung, die als bedrohlich oder angsteinflößend wahrgenommen wird, kann nahezu identische Symptome auslösen, wie ADHS. Martin Winkler berichtet in einem Vortrag anekdotisch einen solchen Fall.4 Kognitive Beeinträchtigungen können durch psychischen wie durch physischen Stress hervorgerufen werden.5
Umgekehrt sind allerdings nicht alle Stresssymptome zugleich ADHS-Symptome – auch wenn der Grad der Übereinstimmung recht beeindruckend ist. Wir stellen in diesem Beitrag nur ADHS-Symptome vor, die zugleich Stresssymptome sind.
Dass ADHS-Symptome auch durch andere Ursachen als ADHS hervorgerufen werden können, wird seit jeher berücksichtigt, indem bei der ADHS-Anamnese eine Differentialdiagnostik erfolgt. Differentialdiagnostik bei ADHS

Die Erscheinungsform der entsprechenden ADHS-Symptome haben wir kursiv hinzugefügt.
Die Quellenangaben beziehen sich jeweils auf das Symptom als Stresssymptom.

Unter Symptome von ADHS haben wir bei jedem ADHS-Symptom auch die Quellenangaben aus der Stress-Fachliteratur integriert, die belegen, dass das jeweilige Symptom zugleich als Stresssymptom bekannt ist.

Stresssymptome haben einen Nutzen bei der Bewältigung von Herausforderungen. Unter Stressnutzen – der überlebensfördernde Zweck von Stresssymptomen erläutern wir den Begriff Stressnutzen und beschreiben den Stressnutzen des jeweiligen Stresssymptoms.

ADHS vermittelt seine Symptome, indem es Verschiebungen derjenigen Neurotransmitter bewirkt, die auch Stresssymptome vermitteln. Bei ADHS kann eine Störung der Stresssysteme (z.B. der HPA-Achse) Ursache der Symptomatik sein (wie z.B. beim ADHS-Tiermodell der SHR, bei der die Abschaltung der HPA-Achse defekt ist, sodass diese chronisch überaktiviert bleibt). Es gibt jedoch auch andere Ursachenpfade. Bei ADHS reagieren Betroffene auch ohne externen Stressor mit Symptomen von erheblichem Stress (die dann ADHS-Symptome genannt werden). Mehr hierzu in unserem Beitrag ADHS als chronifizierte Stressregulationsstörung. Um Missverständnisse zu vermeiden: das bedeutet nicht, dass ADHS lediglich eine Folge von noch andauerndem chronischem Stress wäre und mit einer Beseitigung des Stressors enden würde. Ebendies ist der wesentliche Unterschied zwischen ADHS und chronischem Stress: Stress geht mit dem Stressor, ADHS bleibt.

1. Kognitive Symptome

1.1. Aufmerksamkeitsprobleme

Aufmerksamkeitsprobleme als Stresssymptome.6789

  • Fast jede psychische Störung bewirkt Aufmerksamkeitsprobleme,10 z.B.:
    • Psychose
    • Tourette
    • Manie
    • Panikstörungen
    • Zwangsstörungen

Für ADHS spezifisch ist die (Aufmerksamkeits-)Beeinträchtigung, ein vorausgedachtes zukünftiges gerichtetes Handeln durchzuführen. ADHS-Betroffene werden zwar von unwichtigen Reizen aus der Umwelt abgelenkt, die selektive Aufmerksamkeit sei dagegen kaum beeinträchtigt.11
Unserer Auffassung nach sind Taskwechselprobleme jedoch bei ADHS häufig und eine Folge der Beeinträchtigung der Steuerbarkeit der Aufmerksamkeitsausrichtung.

Die bei akutem Stress erhöhten Noradrenalin- und Dopaminwerte beeinträchtigen ab einem bestimmten Maß die Funktionalität des PFC.5 Während leicht erhöhte Noradrenalinwerte die Denkfähigkeit erhöhen, wird diese durch sehr hohe Noradrenalinwerte vermindert und die Verhaltenssteuerung wird vom PFC auf den posterioren Cortex übertragen.12

Stress beeinflusst unmittelbar13

  • Arousal
  • Wachsamkeit
  • fokussierte Aufmerksamkeit.

1.2. Konzentrationsprobleme

Konzentrationsprobleme als Stresssymptome.961471516

Zur Änderung der Funktionen des PFC durch den bei Stress sehr erhöhten Noradrenalinspiegel siehe unter 1.1. Aufmerksamkeitsprobleme.

Bei ADHS identisch.

1.3. Vergesslichkeit

Vergesslichkeit6 bzw. Gedächtnisprobleme als Stresssymptom:1761516

  • implizites Gedächtnis beeinträchtigt18
  • deklaratives Gedächtnis beeinträchtigt18
  • Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt18
  • Zur Änderung der Funktionen des PFC durch den bei Stress sehr erhöhten Noradrenalinspiegel siehe unter 1.1. Aufmerksamkeitsprobleme

Alle genannten Symptome treten auch bei ADHS auf, jedoch nicht bei allen Betroffenen.19

1.4. Denkblockaden

Denkblockaden sind ein Stresssymptom.615

Zur Änderung der Funktionen des PFC durch den bei Stress sehr erhöhten Noradrenalinspiegel siehe unter 1.1. Aufmerksamkeitsprobleme. Die Abschaltung des PFC durch sehr hohe Noradrenalin- und Dopaminspiegel bei starkem Stress blockiert

  • das analytische Denkvermögen
  • Entscheidungsprozesse

Denkblockaden sind ein typisches ADHS-Symptom.

1.5. Grübeln; Gedanken konzentrieren sich auf den Stressor

Grübeln ist ein Stresssymptom.9

  • bei ADHS: Gedankenkreisen
  • bei ADHS: Zwang als häufige Komorbidität

1.6. Verschlechterte Eigenwahrnehmung bis zur Erholungsunfähigkeit

  • Geringe emotionale Selbststeuerung, Spontaneität der Gefühle oder Vermeiden von Gefühlen (Coolness, emotionale Dysregulation) ist ein Stresssymptom.20

  • bei ADHS: nicht genießen können

  • bei ADHS und Prokrastination: Aversion gegen Achtsamkeit / verringerte Achtsamkeit

  • siehe auch: Alexithymie unter Gefühle

1.7. Verzögerungsaversion / Delay Aversion

Verzögerungsaversion ist ein Stresssymptom. Sie wird als Impulsivitätsreaktion verstanden. Sie korreliert mit Impulsivität bei Stress, bei Frauen zugleich mit steigender Herzrate.2122

Stress verringernde Maßnahmen verringern zugleich die Verzögerungsaversion.23

Ausdrucksformen:

  • Ungeduld
  • Nicht warten können

Tritt bei ADHS identisch auf.
Obwohl nicht in den Symptomlisten von ICD 10 / DSM IV enthalten, ist Verzögerungsaversion eines der Kernsymptome von ADHS.

1.8. Delay Discounting / Abwertung späterer Belohnung

Delay Discounting ist ein Stresssymptom. Dies wird auch Discounting of Delayed Rewards, Temporal Discounting oder Reward Prediction Error (RPE) bezeichnet.232420

Belohnungen, die sofort erfolgen, werden im gleichen Maße bevorzugt wie von Menschen ohne Stress.
Belohnungen, die zeitlich entfernt sind, werden als unattraktiver betrachtet als von Menschen ohne Stress.

Delay Discounting hat verschiedene Ausdrucksformen:

1.8.1. Prokrastination

1.8.2. Suchttendenzen

1.8.3. Unordnung

1.8.4. Selbstregulationsfähigkeit beeinträchtigt

Selbstregulationsfähigkeit ist ein noch größerer Prädiktor für beruflichen Erfolg als Intelligenz.

1.9. Entscheidungsprobleme

Entscheidungsprobleme sind bekannte Stresssymptome.232526

bei ADHS identisch

  • ADHS-HI: impulsive, nicht durchdachte, spontane Entscheidungen
  • ADHS-I: Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen

2. Verhalten

2.1. Erhöhte lokomotorische Aktivität (Bewegungsdrang, Bewegungsunruhe)

Hyperaktivität ist ein Stresssymptom.272829

Eine erhöhte lokomotorische Aktivität ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031

Bei ADHS-HI heißt dieses Symptom Hyperaktivität (tritt vornehmlich bei Kindern auf).

2.2. Unruhe

(Innere) Unruhe6 und Rastlosigkeit672916 sind Stresssymptome.

Innere Unruhe ist ein typisches Symptom für den nahenden Endzustand eines Burnouts.32

Bei ADHS-HI: inneres Getriebensein, immer etwas tun müssen (vornehmlich Erwachsene)

2.3. Aggressionen

Aggression ist ein Stresssymptom.337

Bei ADHS-HI (mit Hyperaktivität) tritt Aggression häufig als Komorbidität auf.

2.4. Antriebslosigkeit

Antriebslosigkeit ist ein Stresssymptom967

Antriebslosigkeit ist ein typisches Symptom für den nahenden Endzustand eines Burnouts.32

Bei ADHS: Dysphorie bei Inaktivität

2.5. Sozialer Rückzug

Sozialer Rückzug ist als typisches Symptom von schwerem Stress bekannt.79
Eine Einschränkung der sozialen Kontakte bei Stress wird darauf zurückgeführt, dass3420

  • keine positive oder sogar negative Resonanz erwartet wird (Vermeidung oder Aggression, siehe den Beitrag zu Rejection Sensitivity)
  • das Sicherheits- und Kontrollbedürfnis zu groß ist (zu große Nähe, Ambivalenz, Nähe-Distanz-Pendel)

Ein erhöhtes Rückzugsverhalten ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031
Eine zunehmende Einschränkung sozialer Kontakte ist ein typisches Symptom für einen Burnout.32

Bei ADHS ist sozialer Rückzug häufig und geht bis zur sozialen Phobie.

2.6. Leistungsfähigkeit beeinträchtigt

Bei schwerem Stress ist die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.71516
Behinderung von Anstrengung, wegen mangelnder Zufriedenheit durch Erfolg oder fehlender Erwartung von Erfolg (Antriebslosigkeit, Wegschalten, Verweigerung) sind Stresssymptome.20
Leichte Erschöpfbarkeit, Kraftlosigkeit und Tagesmüdigkeit sind typische Symptome für den nahenden Endzustand eines Burnouts.32

Tritt bei ADHS identisch auf.

2.7. Medikamenten- / Nikotin- / Alkoholmissbrauch (Sucht)

Medikamenten- / Nikotin- / Alkoholmissbrauch (Sucht) ist ein Stresssymptom79
Rauchen korreliert mit Stress.24

Bei ADHS:

  • deutlich erhöhte Quote an Rauchern
  • häufige Komorbidität Sucht

2.8. Riskantere Entscheidungen

Riskantere Entscheidungen sind ein Stresssymptom.35

Tritt bei ADHS-HI (mit Hyperaktivität) identisch auf:

  • Risikoaffinität
  • spontane, unüberlegte Entscheidungen

2.9. Impulsivität

Impulsivität ist ein Stresssymptom.23

Tritt bei ADHS-HI (mit Hyperaktivität) identisch auf.

2.10. Sexuelle Probleme / Libidoverlust (kein ADHS-Symptom)

Sexuelle Probleme / Libidoverlust sind ein Stresssymptom679
Eine Unterdrückung der Libido ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031
Sexuelle Probleme oder Lustlosigkeit sind keine typischen ADHS-Symptome, kommen bei ADHS jedoch vor.
Bei ADHS wird eine gestörte Sexualität eher als häufige Komorbidität genannt.36 Sexualität wird weiter als Suchtgegenstand und Mittel zum Spannungsabbau bei ADHS erwähnt.37 Eine Studie fand bei ADHS-Betroffenen weniger sexuelle Befriedigung, mehr sexuelles Verlangen, mehr sexuelle Dysfunktion und riskanteres sexuelles Verhalten.38
Die Anzahl der Sexualpartner bei ADHS ist typischerweise erhöht, der erste Sex findet im Durchschnitt früher statt als bei Nichtbetroffenen. Ein Rückgang der Libido wird zuweilen in Verbindung mit Medikation bei ADHS39 oder Depressionen genannt.

3. Emotionale Symptome

3.1. Stimmungsschwankungen (häufig traurig / depressiv)

Stimmungsschwankungen sind ein Stresssymptom.16
Häufige Traurigkeit ist als Stresssymptom bekannt.9
Häufiges deprimiert sein / Depressionen sind ebenso Stresssymptome.1767616
Verzweiflung ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.4031 Lärm oder Filme lösen dagegen selten cortisolergen Stress aus.

Bei ADHS: Dysphorie bei Inaktivität als Hauptsymptom; daneben tritt echte Depression häufig als Komorbidität auf.

3.2. Selbstwertprobleme

Selbstwertprobleme sind typische Symptome bei schwerem Stress.3420

  • niedriger Selbstwert
  • Selbsthass
  • suizidale Tendenz
  • Schuld und Scham

Dies gilt ebenso für Lustlosigkeit,67 die man als Äquivalent der Dysphorie bei Inaktivität und dem Gefühl, deprimiert zu sein betrachten könnte.417
Insbesondere eine als unkontrollierbar wahrgenommene Bedrohung des Selbstwertes führt zu Cortisolausschüttung.4243
Minderwertigkeits- und Versagensgefühle sind typische Symptome für den Endzustand eines Burnouts.32

Bei ADHS: emotionale Dysregulation ist ein typisches Symptom.

3.3. Reizbarkeit

Eine häufige Gereiztheit ist ein Stresssymptom.67 Gereiztheit ist ein typisches Symptome für den nahenden Endzustand eines Burnouts.32

Bei ADHS und extravertierter Persönlichkeit (ADHS-HI, ADHS-C): häufig

3.4. Ärger / Wut

Ärger / Wut sind bekannte Stresssymptome.7

Bei ADHS und extravertierter Stressphänotypik (ADHS-HI, ADHS-C): häufig

3.5. Lustlosigkeit/Motivationsprobleme

Lustlosigkeit/Motivationsprobleme sind häufige Stresssymptome.6716 Lustlosigkeit wird hier als emotionale Seite der Antriebslosigkeit dargestellt.
Zu Antriebslosigkeit siehe oben unter 2.4.

Motivations- und Antriebsprobleme sind bei ADHS häufig.

3.6. Gefühl der Überforderung

Überforderungsgefühl ist ein Stresssymptom.67

Bei ADHS tritt dies ebenfalls häufig auf.

3.7. Angst/Ängstlichkeit

Eine erhöhte Ängstlichkeit ist ein Stresssymptom.72916
Verstärkte Ängstlichkeit, erhöhte Furchtkonditionierbarkeit sowie erhöhte Vorsicht in unbekannten Umgebungen, im Offenfeld, im elevated plus maze und bei Konflikten sind eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.4431

Bei ADHS ist Ängstlichkeit häufig erhöht, besonders bei ADHS-I. Angststörungen sind eine häufige Komorbidität von ADHS und können sich aus einem unbehandelten ADHS entwickeln.

3.8. Erhöhte Sensibilität

Eine erhöhte Sensibilität ist ein Stresssymptom.4516

ADHS beinhaltet stets eine (zumindest partielle) Hochsensibilität.

3.8.1. Schreckhaftigkeit

Verstärkte Schreckreaktionen sind eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031

3.8.2. Erhöhte Wachheit / Aufmerksamkeit

Erhöhte Wachheit und Aufmerksamkeit ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031

3.8.3. Erhöhte akustische Wahrnehmung

Eine erhöhte akustische Wahrnehmung ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031

3.8.4. Reizüberflutung

Reizüberflutung ist ein Stresssymptom.45

Erhöhte Sensibilität kann auch als Hochsensibilität bezeichnet werden.
Bei ADHS: zu weit offener Reizfilter.

3.9. Alexithymie (verringerte Gefühlswahrnehmung)

  • Verringerte Wahrnehmung der eigenen Gefühle46
  • Geringe emotionale Selbststeuerung, Spontaneität der Gefühle oder Vermeiden von Gefühlen (Coolness, emotionale Dysregulation)20
  • Gefühlsverflachung (bei bestehen bleibender Kränkbarkeit) ist ein typisches Symptom für den Endzustand eines Burnouts.32

Im Gegensatz zu vielen anderen hier genannten Symptomen scheint Alexithymie kein unmittelbar neurophysiologisch vermitteltes Symptom darzustellen, sondern eher eine häufige Folge eines unsicher-vermeidenden Bindungsstils zu sein bzw. mit diesem einherzugehen.

Gefühlsarmut / innere Leere / Alexithymie ist bei ADHS ein mögliches Symptom.

3.10. Frustrationsintoleranz

Frustrationsintoleranz ist ein typisches Symptom für den Endzustand eines Burnouts.32

Frustrationsintoleranz ist ein typisches ADHS-Symptom.

3.11. Leichtere Kränkbarkeit

Eine erhöhte Kränkbarkeit ist ein typisches Symptom für den Endzustand eines Burnouts.32

Eine verstärkte Kränkbarkeit ist ein sehr häufiges ADHS-Symptom. Wir bezeichnen es dort als Rejection Sensitivity.

4. Körperliche Symptome

Somatische Beschwerden könnten die einzige Stressart sein, die bei ADHS-Betroffenen signifikant geringer auftritt als bei Nichtbetroffenen.47 Dieser Umstand wäre höchst erstaunlich und ohne genauere Erforschung und Erklärung nicht einleuchtend. Auf Schlafstörungen trifft dies bekanntlich nicht zu. Unsere eigenen Untersuchungen deuten jedoch – zu unserem eigenen Erstaunen – ebenfalls darauf hin, dass bei erwachsenen ADHS-Betroffenen die somatischen Stresssymptome deutlich unterrepräsentiert sind. Ausnahmen bestehen nur bei Schlafstörungen (sehr deutlich) und Erschöpfungszuständen und Muskelspannung (noch deutlich). Alle anderen somatischen Stresssymptome sind dagegen (noch deutlich) geringer als bei Nichtbetroffenen.

4.1. Schlafstörungen

Schlafstörungen sind ein Stresssymptom.4831792916
Erhöhte Wachheit und verringerter Tiefschlaf ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031
Als Stresssymptom werden auch häufige Albträume genannt.929

Schlafstörungen treten bei ADHS sehr häufig auf.

4.2. Muskelzuckungen

Muskelzucken ist ein Stresssymptom.96

Bei ADHS: häufig ähnliche Muskelzuckungen wie ein leichte Form von restless legs beim einschlafen

4.3. Erhöhte Muskelspannung

Eine erhöhte Muskelspannung ist ein Stresssymptom.74929

Erhöhter Muskeltonus kann z.B. zu Rückenschmerzen bis hin zu Wirbelblockaden führen.
Im Kampf schätzt ein erhöhter Muskeltonus vor Verletzungen.

4.4. Erhöhte Schmerzempfindlichkeit

Eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit ist ein Stresssymptom.16

4.5. Erschöpfungszustände

Erschöpfungszustände sind ein Stresssymptom.7

4.6. Herz-Kreislauf Beschwerden

Herz-Kreislauf-Beschwerden sind ein Stresssymptom.6729

ADHS-HI und ADHS-C (weniger ADHS-I) korrelieren häufig mit erhöhtem Blutdruck und einer Anfälligkeit für Herzbeschwerden.

4.7. Appetitlosigkeit / Heißhunger

Essstörungen sind ein Stresssymptom.79303116
Appetitlosigkeit ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.3031

Adipositas (Fettsucht) tritt bei ADHS mindestens doppelt so häufig auf wie bei Nichtbetroffenen. Essstörungen sind bei ADHS-Betroffenen bis zu 8 mal so häufig wie bei Nichtbetroffenen. Mehr hierzu im Beitrag ⇒ ADHS, Übergewicht und Essstörungen.

4.8. Kopfschmerzen

Kopfschmerzen sind ein bekanntes Stresssymptom.67929

4.9. Bauchschmerzen

Bauchschmerzen sind ein häufiges Stresssymptom,79 vor allem bei Kindern.
Übelkeit ist ebenfalls als Stresssymptom bekannt.29

4.10. Häufige Erkältungen

Häufige Erkältungen sind ein Stresssymptom.6
Eine erhöhte Infektanfälligkeit ist ein typisches Symptome für den nahenden Endzustand eines Burnouts.32

Stresshormone (Adrenalin, CRH, ACTH) sind in der Lage, für eine bestimmte Zeit das Immunsystem künstlich anzukurbeln. Für die Gattung des Homo sapiens war es schlicht überlebensförderlich, wenn in Situationen der Not, in denen das Überleben mit hohem Aufwand erkämpft werden musste, nicht gerade einfache (vermeidbare) Krankheiten auftraten. Die Stresshormone Adrenalin und CRH bewirken deshalb eine (zeitlich begrenzte) entzündungsfördernde Erhöhung der Aktivität des Immunsystems.
Diese Erhöhung ist jedoch zum einen kräfteraubend und führt zum zweiten in der ersten Stresspause dazu, dass der Körper sich nun die erforderliche Regeneration nimmt und die aktive Krankheitsbekämpfung angeht – z.B. durch Fieber und andere Mechanismen, mit denen der Körper sich gegen Krankheitserreger schützt.
Dies ist der Grund, warum viele Menschen im Laufe der ersten Urlaubswoche krank werden – wenn der Stress nachlässt.

Cortisol hat neben seinen Stresssymptom-vermittelnden Wirkungen zugleich die Aufgabe, die Stressreaktion zu beenden (indem es die am Anfang der Stresskette ausgeschütteten Hormone hemmt und damit seine eigene Ausschüttung zeitlich begrenzt). Cortisol verringert zugleich die entzündungsfördernde Wirkung von Adrenalin und CRH und fördert stattdessen andere Immunreaktionen, die sich vornehmlich gegen Bakterien und Parasiten richten. Je nachdem, in welcher Richtung die Stresssysteme aus dem Gleichgewicht geraten sind, können überschießende Entzündungen (z.B. der Darmschleimhaut bei Morbus Crohn oder der Haut bei Neurodermitis) oder überschießende Immunreaktionen gegen externe Erreger (z.B. Allergien) auftreten.

4.11. Zunehmende Atemfrequenz

Hecheln ist ein Stresssymptom.50751

Eine erhöhte Atemfrequenz ist nicht als ADHS-Symptom bekannt.


  1. Screening-Test mit Selbstbeurteilungs-Skala V1.1 für Erwachsene mit ADHS – ASRS-V1

  2. Nigg (2017) Getting Ahead of ADHD What Next-Generation Science Says about Treatments That Work—and How You Can Make Them Work for Your Child, S. 161

  3. Park, Jung, Park, Yang, Kim (2018): Melatonin inhibits attention-deficit/hyperactivity disorder caused by atopic dermatitis-induced psychological stress in an NC/Nga atopic-like mouse model. Sci Rep. 2018 Oct 8;8(1):14981. doi: 10.1038/s41598-018-33317-x. PMID: 30297827; PMCID: PMC6175954.

  4. Vortrag von Dr. Martin Winkler (2017): ADHS und Essstörungen, Kolleg-DAT e.V.

  5. Arnsten (2020): Guanfacine’s mechanism of action in treating prefrontal cortical disorders: Successful translation across species. Neurobiol Learn Mem. 2020 Dec;176:107327. doi: 10.1016/j.nlm.2020.107327. PMID: 33075480; PMCID: PMC7567669.

  6. Merkle (2020): Stress – was versteht man darunter?

  7. Hebold, Stress und Stressverarbeitung bei Kindern und Jugendlichen, in: Schluchter, Tönjes, Elkins (Hrsg.), (2004): Menschenskinder! Zur Lage von Kindern in unserer Gesellschaft. Band zur Vortragsreihe des Humanökologischen Zentrums der BTU Cottbus, Seite 86

  8. Bartsch (2015): Störungen der Gedächtnisfunktion, Seite 44, Springer, zitiert nach Schmidtke (2013), Funktionelle Gedächtnis und Konzentrationsstörungen

  9. Satow (2012): Stress- und Coping-Inventar (SCI); PSYNDEX Test-Nr. 9006508; Test im Testinventar des Leibniz‐Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID).

  10. Vortrag Barkley (2014) an der Lynn University, Minute 24:10

  11. Rupp (2013): „Aufmerksamkeit“: Was ist das eigentlich und wie funktioniert es?

  12. Ramos, Arnsten (2007): Adrenergic pharmacology and cognition: focus on the prefrontal cortex. Pharmacol Ther. 2007 Mar;113(3):523-36.

  13. Chrousos (2009): Stress and disorders of the stress system. Nat Rev Endocrinol. 2009 Jul;5(7):374-81. doi: 10.1038/nrendo.2009.106. PMID: 19488073. REVIEW

  14. Meiser, Stressbewältigung, in: Köllner/Broda,Praktische Verhaltensmedizin (2005), Seite 106

  15. Bartsch (2015): Störungen der Gedächtnisfunktion, Seite 44, Springer, zitiert nach Schmidtke (2013), Funktionelle Gedächtnis und Konzentrationsstörungen

  16. Bieger (2011): Neurostress Guide, Seite 3

  17. Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2005): Mensch im Stress; Elsevier (jetzt Springer), Seite 156

  18. Dickerson, Kemeny (2004) und Kudielka et. al (2009), zitiert nach Schoofs, Psychosozialer Stress, die endokrine Stressreaktion und ihr Einfluss auf Arbeitsgedächtnisprozesse, Dissertation (2009), Seite 2 Seite 32, mwN

  19. Steinhausen, Rothenberger, Döpfner (2010): Handbuch ADHS

  20. Eckerle (2010?): Neurobiologische Forschungsergebnisse über den Zusammenhang zwischen Hochbegabung und psychischen Störungen (z.B. ADS) in der Adoleszenz.

  21. Diller, Patros, Prentice (2011): Temporal discounting and heart rate reactivity to stress. PR.Behav Processes. 2011 Jul;87(3):306-9. doi: 10.1016/j.beproc.2011.05.001.

  22. da MattaI, GonçalvesIIi, BizarroI (2012): Delay discounting: concepts and measures; Psychology & Neuroscience; On-line version ISSN 1983-3288; Psychol. Neurosci. vol.5 no.2 Rio de Janeiro July/Dec. 2012 http://dx.doi.org/10.3922/j.psns.2012.2.03

  23. Buhusi, Olsen, Yang, Buhusi (2016): Stress-Induced Executive Dysfunction in GDNF-Deficient Mice, A Mouse Model of Parkinsonism. Front Behav Neurosci. 2016 Jun 21;10:114. doi: 10.3389/fnbeh.2016.00114. eCollection 2016

  24. Fields, Leraas, Collins, Reynolds (2009): Delay discounting as a mediator of the relationship between perceived stress and cigarette smoking status in adolescents.Behav Pharmacol. 2009 Sep;20(5-6):455-60. doi: 10.1097/FBP.0b013e328330dcff

  25. Dias-Ferreira, Sousa, Melo, Morgado, Mesquita, Cerqueira, Costa, Sousa (2009): Chronic stress causes frontostriatal reorganization and affects decision-making.Science. 2009 Jul 31;325(5940):621-5. doi: 10.1126/science.1171203

  26. George, Koob (2010): Individual Differences in Prefrontal Cortex Function and the Transition from Drug Use to Drug Dependence; Neurosci Biobehav Rev. 2010 Nov; 35(2): 232–247; doi: 10.1016/j.neubiorev.2010.05.002; PMCID: PMC2955797; NIHMSID: NIHMS212204

  27. Arborelius, Owens, Plotsky, Nemeroff (1999): The role of corticotropin-releasing factor in depression and anxiety disorders. J Endocrinol 1999; 160: 1–12, Seite 5 zitiert nach Egle, Joraschky, Lampe, Seiffge-Krenke, Cierpka (2016): Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung – Erkennung, Therapie und Prävention der Folgen früher Stresserfahrungen; 4. Aufl., Schattauer, S. 46

  28. Edel, Vollmöller (2006): ADHS bei Erwachsenen, Seite 113

  29. Gruber: Fragebögen zur Stressdiagnostik; Fragebogen 1: Streß-Folgen

  30. Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2006): Mensch im Stress; Psyche, Körper Moleküle; Elsevier (jetzt Springer), Seite 96, Seite 151

  31. Egle, Joraschky, Lampe, Seiffge-Krenke, Cierpka (2016): Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung – Erkennung, Therapie und Prävention der Folgen früher Stresserfahrungen; 4. Aufl., Schattauer, S. 45

  32. Prof. Dr. med. Volker Faust: Erschöpfungsdepression; Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln; PSYCHIATRIE HEUTE; Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Gesundheit

  33. Dr. Rolf Merkle, Diplom-Psychologe: Stress – was versteht man darunter?

  34. Braun, Helmeke, Poeggel, Bock (2005): Tierexperimentelle Befunde zu den hirnstrukturellen Folgen früher Stresserfahrungen. In: Egle, Hoffmann, Joraschky (Hrsg.) Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung. 3. Aufl. Schattauer, S. 44 – 58

  35. Wang, Li, Sawmiller, Fan, Ma, Tan, Ren, Li (2013): Chronic mild stress-induced changes of risk assessment behaviors in mice are prevented by chronic treatment with fluoxetine but not diazepam.Pharmacol Biochem Behav. 2014 Jan;116:116-28. doi: 10.1016/j.pbb.2013.11.028.

  36. Edel, Vollmöller (2006): ADHS bei Erwachsenen, Seite 53

  37. Edel, Vollmöller (2006): ADHS bei Erwachsenen, Seite 69

  38. Soldati, Bolmont (2020): Sexualité chez les sujets souffrant d’un trouble du déficit de l’attention avec ou sans hyperactivité [Sexuality in subjects who suffer from attention deficit/hyperactivity disorder]. Rev Med Suisse. 2020 Mar 18;16(686):543-545. French. PMID: 32186800.

  39. Krause (2014): ADHS im Erwachsenenalter – Symptome, Differentialdiagnose, Therapie, Schattauer, Seite 97 ff

  40. Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2005): Mensch im Stress; Elsevier (jetzt Springer), Seiten 96, 151

  41. Merkle: Stress – was versteht man darunter?

  42. Dickerson, S. S. & Kemeny, M. E. (2004b). Acute stressors and cortisol responses: a theoretical integration and synthesis of laboratory research. Psychol.Bull., 130, 355-391, Metaanalyse von 2018 Studien

  43. Kudielka et. al (2009), S. 129 zitiert nach Schoofs, Psychosozialer Stress, die endokrine Stressreaktion und ihr Einfluss auf Arbeitsgedächtnisprozesse, Dissertation (2009), Seite 2, Seite 2, Seite 129, mit weiteren Nachweisen

  44. Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2005): Mensch im Stress; Elsevier (jetzt Springer), Seiten 96, 117, 151

  45. Lauff in Friedrich (2009): Umgang mit Konflikten und Gewalt an der Schnittstelle zwischen Psychologie, Pädagogik und Sozialer Arbeit, Lulu, Seite 122

  46. Martin, Pihl (1985): The stress-alexithymia hypothesis: theorectical and empirical considerations.Psychother Psychosom. 1985;43(4):169-76

  47. Steinhausen, Drechsler (2003): Clinical course of attention-deficit/hyperactivity disorder from childhood toward early adolescence; J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 2003 Sep;42(9):1085-92.; Zitiert nach Steinhausen, Rothenberger, Döpfner, Handbuch ADHS, Grafik Seite 160

  48. Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2006): Mensch im Stress; Psyche, Körper Moleküle; Elsevier (jetzt Springer), Seite 96, Seite 151, Seite 156

  49. Dysponesis — chronische, unnatürliche Muskelspannung; Biofeedback in der Praxis pp 161-167; Springer

  50. Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2005): Mensch im Stress; Elsevier (jetzt Springer).

  51. Hess: Wie Stress entsteht: Das passiert bei Stress in unserem Körper