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“Gesunde” Stressreaktion auf belastende Situation / Intelligenzminderung

“Gesunde” Stressreaktion auf belastende Situation / Intelligenzminderung

Autor: Ulrich Brennecke
Review: Dipl.-Psych. Waldemar Zdero

1. Akuter subjektiv bedrohlicher Stress

Eine e und subjektiv bedrohliche Stresslage kann bei ansonsten gesunden Menschen die gesamte -Symptomatik hervorrufen.
Alle -Symptome sind Stresssymptome. Daher können alle Symptome durch “normalen” schweren Stress, also durch eine situationsbedingt angemessene, aber starke Stresswahrnehmung bei gesunden Menschen ausgelöst werden.
Mit Ende der belastenden Situation endet bei gesunden Menschen die Symptomatik vollständig.
Besteht jedoch ein , ist das Stressregulationssystem durch genetische Ursachen oder ein Zusammentreffen einer genetischen und einer zu langen, zu intensiven (meist frühkindlichen) Stressbelastung dauerhaft geschädigt ( Entstehung von ), sodass die Stresssymptome fortan auch bei geringsten (oder gar keinen) Belastungssituationen fortbestehen und die Stresssysteme bei geringen Belastungssituationen überreagieren können () oder die Stresssysteme zu früh hoch und wieder herunterfahren ().
ADHS als chronifizierte Stressregulationsstörung.
In einer Differentialdiagnostik ist daher im ersten Schritt festzustellen, ob e Umstände bestehen, die derart belastend sind, dass sie die Symptome hervorrufen können, beispielsweise:

  • Mobbing
    • Depression
    • Angst
    • kürzerer Schlaf
    • Schlaflosigkeit
    • schlechtere Schulnoten
    • -Symptome
  • Trennung von Bezugspersonen (Scheidung der Eltern)
  • Trennungsproblematik mit schweren familiären Konflikten
  • Tod nahestehender Person
  • Verlust des Partners
  • subjektiv unauflösbare belastende Situation (Kontrollverlust)
  • Lebensumbruch (bei Kindern: Umzug, bei Erwachsenen: Insolvenz, streitige Scheidung o.ä.)
  • misshandelnde Erziehungsmethoden (z.B. Kind ignorieren; tot stellen, bis Kind gehorcht)
  • sexueller Missbrauch
  • körperliche Misshandlung
  • etc.

besteht nicht, wenn die Symptome nach Beseitigung der Situation verschwinden.

1.1. (Unerkannte) Hochbegabung (> 120: 8,98 %; > 130: 2,28 %)

Hochbegabung: IQ 120 und mehr: 8,98 %, IQ 130 und mehr: 2,28 %

Hochbegabung ist keine . Dennoch können aus unerkannter Hochbegabung Symptome erwachsen, die in Art und Zusammenstellung nahezu identisch zu den -Symptomen sind.

1.1.1. Stressreaktion unerkannt Hochbegabter als Außenseiter

Hochbegabte haben abweichende Interessen, denken “anders”, haben andere Werte und reagieren anders. Je geringer die soziale Kompetenz ist, mit der Betroffene ihr anders sein überbrücken können, desto seltsamer finden andere Kinder sie. Dies kann ablehnende Reaktionen bis hin zu Mobbing auslösen. Doch auch ohne Mobbing kann sich das “anders fühlen” und das “nicht dazu gehören” (das ist nicht nur ähnlich, sondern identisch wie bei -Betroffenen) und das Fehlen von Freunden zu einem so massiven Stress steigern, dass sich die -typischen Stresssymptome bilden können.
Betroffene Kinder sind dann zappelig, stören im Unterricht, machen den Klassenkasper (-ähnlich) oder schalten innerlich ab, träumen sich weg (-ähnlich).
Neben den möglichen Stresssymptomen von gemobbten Außenseitern (zu denen unerkannt Hochbegabte aufgrund ihres Andersseins durchaus zählen können) gibt es allerdings noch weitere Ähnlichkeiten zwischen und Hochbegabung, die nicht durch Stress verursacht sind.

1.1.2. Ähnlichkeiten einzelner typischer Traits bei HB und

Hochbegabung bewirkt nicht nur ein schnelleres Denken, sondern häufig mit typischen Traits (“Charaktereigenschaften”). Viele dieser Traits ähneln Eigenschaften, die häufig bei -Betroffenen beobachtet werden.
Hochbegabung und ADHS

Wir hatten vermutet, dass die beeindruckende Übereinstimmung der in der -Fachliteratur beschriebenen positiven Eigenschaften von und der in der Hochbegabten-Fachliteratur beschriebenen typischen Charaktertraits von Hochbegabten daraus resultiert, dass nahezu immer und Hochbegabung sehr häufig mit Hochsensibilität . Wir nahmen an, dass es sich um Charaktertraits handelt, die nicht aus oder Hochbegabung selbst resultieren, sondern dass diese ihre eigentliche Wurzel in der gemeinsamen Hochsensibilität haben.
Neuere Daten (auch des ADxS.org-Symptomtests, n = 2000, Stand Juli 2020) zeigen jedoch keine Korrelation zwischen Hochbegabung und Hochsensibilität.

Hochbegabten wie -Betroffenen wird aus der jeweiligen Fachliteratur zugeschrieben:

  • vornehmlich motivierbar (/durch äußeren Druck nur schwer motivierbar)
    • Fähigkeit zum Hyperfokussieren
    • Langeweile und Konzentrationsstörungen bei uninteressanten oder monotonen Aufgaben (bis hin zum unterperformen und überhöhter Fehlerquote)
    • Ungeduld
    • Tendenz, andere zu unterbrechen
  • Ablehnen von Autoritäten (Autorität wird nur qua Kompetenz, nicht qua Rang anerkannt)
  • bei manchen: Schwierigkeit bei Entscheidungsfindung (zu viele Möglichkeiten und zu berücksichtigende Fakten); vornehmlich bei Menschen, die ihre Stressreaktionen internalisieren, weniger bei Menschen, die Stress nach außen ableiten
  • Smalltalkaversion
  • Diplomatiedefizit
  • Aversion gegen Menschenmengen
  • hohe Bedeutung von Wahrheit, Gleichheit, Gerechtigkeit
  • von anderen oft als schräg oder seltsam wahrgenommen zu werden.

Diese (natürlich nicht bei jedem HB, aber eben bei HBs gehäuft auftretenden) Traits sollten bei der Diagnostik daher genau auf ihre Ursache hin untersucht werden.

Unerkannte Hochbegabung ist nicht leicht erkennbar. Nicht alle Hochbegabten haben besondere Fähigkeiten. Viele Hochbegabte lehnen eine solche Klassifizierung für sich selbst sogar nachdrücklich ab, weil sie sich nicht so wahrnehmen. Hier gilt es den Unterschied zwischen Begabung = Anlage und Fähigkeit = Umsetzung der Begabung zu beachten. Viele Hochbegabte brauchen eine geeignete Förderung, um ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Zudem liegen nicht alle Begabungen in schulisch relevanten Bereichen. Rechengenies oder die Variante des wissensdurstigen Hochbegabten werden naturgemäß leicht als Hochbegabte erkannt.

Hochbegabung ist selbstverständlich kein zwingender Grund dafür, sich als Außenseiter zu fühlen und/oder für -ähnliche Symptome zu entwickeln. Meist sind diejenigen betroffen, die ihr Anderssein nicht durch ausreichende Sozialkompetenz kompensieren können.
Alle genannten Prävalenzen sind lediglich ein grober Anhaltspunkt, um die Wahrscheinlichkeit einer möglichen sichtbar zu machen. Und ebenso natürlich ist nicht jedes Kind, das hat, hochbegabt.

2. Intelligenzminderung (< 80: 8,98 %; < 70: 2,28 %)

Intelligenzminderung (ein IQ unter 70) und Lernbehinderung (ein IQ zwischen 85 und 70) und deren Folgen für Lern-Leistungsverhalten und reaktive Verhaltensstörungen (bei Über- / Unterforderung) können wie wirken. Bei einem IQ tritt bei Intelligenzminderung häufiger auf.
: IQ 80 und weniger: 8,98 %, IQ 70 und weniger: 2,28 %

Bei einer bestehenden Intelligenzminderung (Intellectual Disability) scheinen die -V-Kriterien nur bedingt zur -Diagnostik geeignet. Insbesondere sollen die Hauptsymptome des -V bei Intelligenzminderung auch aus der Intelligenzminderung selbst resultieren können. Eine Untersuchung konnte mittels -V unter Intelligenzminderung nur 46 % der -Betroffenen korrekt diagnostizieren. Durch zusätzliche Kriterien – die die Autoren indes nicht nennen – soll die Diagnosegenauigkeit von unter Intelligenzminderung auf 82 % gesteigert worden sein.

Eine Studie fand, dass der Verbal Fluency Task bei Intelligenzminderung eine niedrigere phonologische und semantische Flüssigkeit zeigte als bei -Betroffenen und eine niedrigere semantische Flüssigkeit als bei Legasthenikern.

Diese Seite wurde am 12.03.2025 zuletzt aktualisiert.