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3. Ungesättigte Fettsäuren, Probiotika und mehr bei ADHS

Inhaltsverzeichnis

3. Ungesättigte Fettsäuren, Probiotika und mehr bei ADHS

3. Ungesättigte Fettsäuren bei ADHS

3.1. Einfach ungesättigte Fettsäuren

Eine große Untersuchung an 432 Kindern fand bei Kindern mit ADHS signifikant niedrigere Serumspiegel von einfach ungesättigten Fettsäuren (MUFAs).1 Dies korrelierte mit einer erhöhten Aufnahme von nährstoffarmen Lebensmitteln wie zucker- und fettreichen Lebensmitteln und einer verringerten Aufnahme von Gemüse, Obst und eiweißreichen Lebensmitteln als bei gesunden Kindern.
Es ist offen, ob die veränderte Ernährung Ursache, Folge oder Teufelskreis von ADHS ist.

3.2. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFAs)

Eine Review kam zu der Empfehlung einer Kombination von EPA, DHA und GLA im Verhältnis 9:3:1 bei ADHS.2 Die Hauptautorin ist an einem Unternehmen beteiligt, das ungesättigte Fettsäuren verkauft.

3.2.1. Omega-3-Fettsäuren

Eine Metastudie von k = 7 Studien an n = 926 Probanden fand eine statistisch nicht signifikante leichte Verbesserung der ADHS-Symptomatik durch reine Omega 3 Gabe.3

Eine Gabe von 635 mg Eicosapentaensäure (EPA) und 195 mg Docosahexaensäure (DHA) (ungesättigte Fettsäuren) verringerte in einer Doppelblind-Placebostudie binnen 8 Wochen die Serum-CRP- und IL-6-Werte bei Kindern mit ADHS und verbesserte die ADHS-Symptomatik.4

Eine Kombination der 3-fach ungesättigten Fettsäuren EPA und DHA bei Ratten in Stresstests5

  • verhinderten oder kompensierten dendritische Atrophie in der CA3-Region des Hippocampus
  • stellten die GABA-Freisetzung in der CA1-Region des Hippocampus wieder her
  • verbesserten das räumliche Gedächtnis.

Eine placebokontrollierte Doppelblindstudie fand Verbesserungen der Aufmerksamkeit bei Kindern mit ADHS ebenso wie bei nicht betroffenen Kindern durch Omega-3-Fettsäuren.6
Eine Studie an gesunden Jugendlichen fand beim Konsum von Walnüssen über 6 Monate eine tendenzielle Verbesserung der Daueraufmerksamkeit und von ADHS-Symptomen bei denjenigen Teilnehmern, die konsequenter Nüsse konsumierten.7 Dies könnte abbilden, dass Jugendliche, die vom Konsum einen (auch unbewussten) Vorteil wahrnehmen, diesen eher fortsetzen.

Ein RCT fand weder nach 6 noch nach 12 Monaten eine Verbesserung des ADHS-RS-Intention-Scores oder der Unaufmerksamkeit durch Omega-3/6-Ergänzung. Positiv sprachen 46,3 % in der Omega-3/6-Gruppe und 45,6 % in der Placebo-Gruppe an. Die Studie verwendete täglich zwei Kapseln mit je 279 mg Eicosapentaensäure [EPA], 87 mg Docosahexaensäure [DHA], 30 mg Gamma-Linolensäure [GLA].8

Omega-3-Fettsäuren sind unter anderem:

  • Eicosapentaensäure (EPA)
    • Eine japanische Studie fand bei 24 ADHS-Betroffenen unter 20 Jahren signifikant verringerte EPA-Blutplasmaspiegel.9
  • Docosahexaensäure (DHA)
    • Eine japanische Studie fand bei 24 ADHS-Betroffenen unter 20 Jahren signifikant verringerte DHA-Blutplasmaspiegel.9
    • Eine Kombination der 3-fach ungesättigten Fettsäuren EPA und DHA bei Ratten in Stresstests5
      • verhinderte oder kompensierte dendritische Atrophie in der Hippocampus-CA3-Region
      • stellte die GABA-Freisetzung in der Hippocampus-CA1-Region wieder her
      • verbesserte das räumliche Gedächtnis.
  • Roughaninsäure
  • Alpha-Linolensäure
  • Stearidonsäure
  • Eicosatetraensäure
  • Heneicosapentaensäure
  • Docosapentaensäure
  • Tetracosapentaensäure
    (Scoliodonsäure)
  • Tetracosahexaensäure
    (Nisinsäure)

Omega-3-PUFAs werden im menschlichen Organismus nicht synthetisiert und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Bei unausgewogener Ernährung müssen sie supplementiert werden. Lebensmittel mit hohem Omega-3-PUFA-Gehalt sind Leinöl, Leinsamen, Chiasamen, Walnussöl, Walnüsse, Rapsöl, Thunfisch, Hering, Lachs, Makrele.
Ein besonders hoher Omega-3-PUFA-Bedarf besteht in Wachstumsphasen (erste Lebensjahren und Pubertät).
Omega-3-PUFAs sind wichtig für die anatomische und funktionelle Gehirnentwicklung des Gehirns. Sie beeinflussen die Reifung und Funktion der Neuronen und die Prozesse der Neurogenese, Migration, Synaptogenese und Neurotransmission. Sie sind Substrate für die Synthese bioaktiver Verbindungen und an der Kontrolle akuter und chronischer Entzündungen und der Regulation von Immunzellen beteiligt.10

3.2.2. Omega-6-Fettsäuren

Ein RCT fand weder nach 6 noch nach 12 Monaten eine Verbesserung des ADHS-RS-Intention-Scores oder der Unaufmerksamkeit durch Omega-3/6-Ergänzung. Positiv sprachen 46,3 % in der Omega-3/6-Gruppe und 45,6 % in der Placebo-Gruppe an. Die Studie verwendete täglich zwei Kapseln mit je 279 mg Eicosapentaensäure [EPA], 87 mg Docosahexaensäure [DHA], 30 mg Gamma-Linolensäure [GLA].8

Omega-6-Fettsäuren sind unter anderem:

  • Arachidonsäure (AA)
    • Eine japanische Studie fand bei 24 ADHS-Betroffenen unter 20 Jahren signifikant verringerte AA-Blutplasmaspiegel.9
  • Linolsäure (LA)
  • Gamma-Linolensäure (GLA)
  • Dihomo-Gamma-Linolensäure (DHGLA)

4. Behandlung der Darm-Hirn-Achse bei ADHS

4.1. Probiotika bei ADHS

Zu den Hintergründen von Darmbakterien, Gut-brain-axis / Darm-Hirn-Achse und zu ihrem Anteil an der Entstehung von ADHS siehe unter Darmbakterien, Gut-brain-axis (Darm-Hirn-Achse) im Beitrag Altersunabhängige körperliche Belastungen als ADHS-Umwelt-Ursache im Kapitel Entstehung.

Verschiedene Studien berichten über positive Wirkungen von Probiotika bei Kindern mit ADHS.

  • L. rhamnosus GG
    • Gabe während der ersten 6 Lebensmonate verringerte Risiko für späteres ADHS11
    • Gabe an Kinder verbesserte ADHS-Symptome im Elternrating, aber nicht im Lehrerrating12
  • B. bifidum Bf-688
    • Gabe an Kinder verbesserte Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität/Impulsivität, erhöhte Gewicht13
      • Firmicutes verringert
      • Verhältnis von Firmicutes zu Bacteroidetes (F/B-Verhältnis) verringert
      • Proteobacteria erhöht
  • B. subtilis, B. bifidum, B. breve, B. infantis, B. longum, L. acidophilus, L. delbrueckii, L. casei, L. plantarum L. lactis, L. salivarius, S. thermophiles
    • Gabe zusätzlich zu MPH verbesserte bei Kindern ADHS-Symptome im Vergleich zu Placebo14
  • L. reuteri, L. acidophilus, L. fermentum, B. bifidum
    • Gabe verbesserte bei Kindern die ADHS-Symptome RS im Vergleich zu Placebo. Dazu hochsensitiver C-reaktives Protein (hs-CRP) im Serum verringert und antioxidatives Gesamtplasmavolumen (TAC) erhöht gegenüber Placebo. CDI und andere Stoffwechselmerkmale unverändert.15
  • L. mesenteroides, L. paracasei, L. plantarum, B-glucan, Inulin
    • ADHS-Symptome bei Kindern und Erwachsenen in Behandlungsgruppe und Placebogruppe gleich stark verbessert, ASS-Symptome gleich unverändert16
  • Lactobacillus plantarum PTCC 1896™ (A7), Bifidobacterium animalis subsp. Lactis (BB-12®)
    • Signifikanter Rückgang der ADHS-Gesamtscores im CPRS (Connor Parent Rating Scale) nach 4 Wochen Gabe zusätzlich zu MPH im Vergleich zu Placebo zusätzlich zu MPH, nicht mehr jedoch nach 8 Wochen Intervention.17
  • L. helveticus, B. animalis ssp. lactis, Enterococcus faecium, B. longum, Bacillus subtilis
    • Verbesserungen bei Hyperaktivität und akademischen Leistungen. Die Verbesserungen der ADHS-Symptome korrelierten mit niedrigeren Cortisolwerten. Doppelblinde RCT-Studie über 3 Monate im Vergleich zu Placebo, die ADHS-Symptome, akademische Leistungen, FCC, gastrointestinale Symptome und Schlafqualität bei College-Studenten mit ADHS beobachtet hatte.18

Eine Metastudie fand keine Verbesserung durch Probiotika bei ADHS.19

4.2. Fäkaltransplantation bei ADHS

Bisher fehlt es an den erforderlichen Studien zur Beurteilung, ob Fäkaltransplantationen eine Behandlungsoption für ADHS darstellen.

Eine Studie fand, dass Mäuse, deren Darm mit Darmbakterien von Menschen mit ADHS kontaminiert wurden, strukturelle Veränderungen im Gehirn (weiße Masse, graue Masse, Hippocampus, Capsula interna), eine verringerte Konnektivität zwischen motorischen und visuellen Kortizes rechts im Resting state und eine höhere Angst aufwiesen als Mäuse, bei denen Darmbakterien von Menschen ohne ADHS verwendet wurden.20
Eine Einzelfallstudie berichtet eine Verbesserung der ADHS-Symptome einer jungen Frau durch Darmbakterienaustausch, der in Bezug auf eine rezidivierende Clostridioides-difficile-Infektion erfolgte.21

5. Weitere Stoffe bei ADHS

5.1. Homocystein

Homocystein ist kein Vitamin, sondern eine Aminosäure.
Ein Mangel an Folsäure, Vitamin B2, B6 und/oder B12 kann einen Homocystein-Überschuss hervorrufen.22 Erhöhte Homocysteinspiegel können neurotoxisch wirken.

Eine Studie fand erhöhte Homocystein-Werte bei ADHS, die mit erhöhter Hyperaktivität/Impulsivität korrelierten.23
Eine kleinere Untersuchung fand dagegen bei Kindern mit ADHS Hinweise auf einen Homocystein-Mangel.24

5.2. Polyphenole

Polyphenole sind aromatische Verbindungen mit zwei oder mehr direkt an einen aromatischen Ring gebundenen Hydroxygruppen. Polyphenole bilden sich aus Phenylalanin, das sich wiederum aus Shikimisäure bildet.

Natürliche Polyphenole (wovon es über 8.000 geben soll) sind häufig als bioaktive Substanzen (Farbstoffe, Geschmacksstoffe, Tannine) in Pflanzen enthalten, z.B.

  • Flavonoide (Farbstoffe)
    • Flavonoide scheinen Glutamat-antagonistisch und GABA-agonistisch zu wirken.25
  • Anthocyane (Farbstoffe)
  • Procyanidine
  • Benzoesäurederivate, z.B.
    • Vanillinsäure
    • Gallussäure
    • Protocatechusäure
  • Zimtsäurederivate, z.B.
    • Kaffeesäure
    • Cumarsäure
  • Stilbenderivate, z.B.
    • Resveratrol
      • Bestandteil von Rotwein

Bestimmte Polyphenole sollen neurophysiologische Veränderungen, die durch frühkindlichen Stress verursacht wurden, beeinflussen können:26 z.B.:

  • Verringerung depressiver Symptome durch
    • Xanthohumol
    • Quercetin
    • Phlorotannine
  • Verringerung von Angstsymptomen durch
    • Quercetin
    • Phlorotannine
  • Behebung der BDNF-Verringerung durch
    • Xanthohumol
  • Keine Behebung der durch frühen Stress ausgelösten Dopamin- und Serotoninspiegel-Veränderungen im Stammhirn
  • Verringerung der Cortisolstressantwort auf akuten Stress durch
    • Xanthohumol

Eine Studie fand eine Korrelation von erhöhter Polyphenolaufnahme mit verringertem ADHS-Risiko bei Vorschulkindern.27

5.3. Phosphatidylserin

Phosphatidylserin ist kein Vitamin, sondern ein Phospholipid.

Quelle: Bieger.28


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Diese Seite wurde am 17.11.2024 zuletzt aktualisiert.