Acetylcholin
Acetylcholin (ACh, 2-Acetoxyethyl)trimethylammonium, 2-(Trimethylammonium)ethyl)acetat, C7H16NO2) ist ein biogenes Amin und Neurotransmitter.
Es findet sich im zentralen und peripheren Nervensystem (ZNS, PNS).
Acetylcholin ist beteiligt an
- der Vermittlung der willkürlichen Kontraktion der Skelettmuskulatur
- Signalübertragung in präganglionären sympathischen und in allen parasympathischen Neuronen
Acetylcholin ist sehr ähnlich aufgebaut wie Nikotin und bindet an dieselben Rezeptoren. Die hohe Komorbidität von ADHS und Rauchen weist auf einen Zusammenhang hin.1
- 1. Regelbereiche von Acetylcholin
- 2. Synthese von Acetylcholin
- 3. Freisetzung von Acetylcholin
- 4. Bindung von Acetylcholin
- 5. Abbau von Acetylcholin
-
6. Acetylcholin und Dopamin
- 6.1. β2-Nikotinrezeptor-Agonisten verringern tonisches und erhöhen phasisches Dopamin im Striatum
- 6.2. β2-Nikotinrezeptor-Antagonisten verringern phasisches Dopamin im Striatum
- 6.3. Acetylcholin aktiviert dopaminerge Nervenzellen in VTA
- 6.4. Acetylcholin bewirkt phasische Dopaminausschüttung im Striatum
- 6.5. Eierstockhormone beeinflussen Dopaminausschüttung ober cholinerge Interneuronen
- 7. Acetylcholin und ADHS
- 7.3. ACh-Rezeptoren und räumliches Gedächtnis
1. Regelbereiche von Acetylcholin
- Gedächtnisbildung2
- neuromuskuläre Erregungsübertragung
- Steuerung des vegetativen Nervensystems
- Belohnung
2. Synthese von Acetylcholin
Synthese in acetylcholinergen Terminalen aus Cholin und Acetyl-CoA durch das Enzym Cholinacetyltransferase. Cholin ist ein Vorstoff von Acetylcholin sowie von Phosphatidyl-Cholin und Sphingomyelin.
Das meiste Cholins im Körper findet sich in Phospholipiden. Cholinhaltige Phospholipide (insbesondere Phosphatidylcholin und Sphingomyelin) sind strukturelle Bestandteile von Zellmembranen und Vorstufen für intrazelluläre Botenstoffe. Phosphatidylcholin ist ein notwendiger Bestandteil von VLDL (Very Low Density Lipoprotein), das für den Transport von Cholesterin und Fett aus der Leber zu anderen Körperstellen erforderlich ist.3
Aufnahme durch Antiporter in Speichervesikel. Im Zytoplama von Nervenzellen werden auf diese Weise 5.000 bis 10.000 Acetylcholinmoleküle gespeichert.
3. Freisetzung von Acetylcholin
Freisetzung auf ein eintreffendes Aktionspotential hin mittels Exozytose in den synaptischen Spalt.
Bindung an Cholinozeptoren auf der postsynaptischen Membran führt zu Änderung der Ionenpermeabilität (Ca2+, Na+, K+), die entweder eine Erregung (Depolarisation) oder Hemmung (Hyperpolarisation) der Zielzelle bewirken kann.
4. Bindung von Acetylcholin
Cholinozeptoren
- nikotinische Acetylcholinrezeptoren (Nikotinrezeptor)
- ligandengesteuerter Ionenkanal
- Bindung von Acetylcholin öffnet ihn und macht ihn durchgängig für Natrium-, Kalium- und Calcium-Ionen durchgängig wird
- muskarinische Acetylcholinrezeptoren (Muskarinrezeptor)
- G-Protein-gekoppelter Rezeptor
- Bindung von Acetylcholin löst Wirkung über Second Messenger aus
5. Abbau von Acetylcholin
Acetylcholin wird im synaptischen Spalt durch Acetylcholinesterase in Cholin und Essigsäure gespalten. Das Cholin kann von der Nervenzelle wiederverwendet werden, indem es durch den Natrium- und Chlorid-abhängigen Cholintransporter (ChT) aus dem synaptischen Spalt aufgenommen wird.
Stichworte: 3D-Molekül, Neurotransmitter
6. Acetylcholin und Dopamin
6.1. β2-Nikotinrezeptor-Agonisten verringern tonisches und erhöhen phasisches Dopamin im Striatum
6.1.1. Acetylcholin
Acetylcholin ist ein β2-Nikotinrezeptor-Agonist und beeinflusst die Dopaminausschüttung im Striatum.4
Die frühere Annahme, Deanol sei ein Präkursor von Cholin und würde darüber auch Acetylcholin erhöhen, steht in Zweifel. Nur bei extrem hohen Dosen wurde ein Anstieg von Acetylcholin bei Ratten gefunden, und dies nur im Striatum. Mehr hierzu unter Deanol bei ADHS
6.1.2. Nikotin
Nikotin ist ein β2-Nikotinrezeptor-Agonist. Nikotin verringert die tonische und erhöht die phasische Dopaminausschüttung im Nucleus Accumbens (Striatum).5
6.2. β2-Nikotinrezeptor-Antagonisten verringern phasisches Dopamin im Striatum
Dihydro-β-erythroidine (DHβE) ist ein pflanzlicher kompetitiver Antagonist von Nikotinrezeptoren. Es ist ein Inhibitor von nikotinischen Acetylcholin-Rezeptoren, die β2-Einheiten enthalten (β2* nAChRs; β2-Nikotinrezeptoren). DHβE verringert die phasische Dopaminausschüttung im dorsolateralen Striatum.5
Daraus folgt, dass die Erwartung von Belohnungen, die durch phasisches Dopamin im Striatum und noch mehr im Nucleus accumbens gesteuert wird, auch durch β2-Nikotinrezeptor-Agonisten - wie Nikotin - erhöht wird.
6.3. Acetylcholin aktiviert dopaminerge Nervenzellen in VTA
Acetylcholin aktiviert dopaminerge Neuronen des VTA.6
Cholinerge Hirnstamm-Neuronen aktivieren nikotinische und muskarinische M5-Rezeptoren. Dies bewirkt:
- erhöhte Dopamin-Bursts in VTA
- Beeinflussung von Belohnungsprozessen/Sucht
Ob indes tatsächlich eine Aktivierung der Zellkerne der dopaminergen Nervenzellen erfolgt, ist in Anbetracht der beiden folgenden Abschnitte fraglich.
6.4. Acetylcholin bewirkt phasische Dopaminausschüttung im Striatum
Acetylcholin-Neurone im Striatum können durch eine Aktivierung von Acetylcholin-Rezeptoren auf Dopamin-Axonen, ein Aktionspotenzial in den dopaminergen Axonen auslösen, das in der Folge eine phasische Dopaminausschüttungen an den dopaminergen Terminalen auslöst. Es bedarf dazu keines Signals aus dem dopaminergen Zellkern.7
Im Striatum sind 1 % bis 3 % der Neuronen tonisch aktive Interneuronen, die Acetylcholin (ACh) freisetzen. Die Axone der ACh-Neuronen sind mit den Axonen der Dopamin-Neuronen an vielen Stellen verflochten, wo Dopamin-Axone hohe Konzentrationen an nikotinischen ACh-Rezeptoren (nAChRs) aufweisen. Eine synchrone Aktivierung dieser ACh-Rezeptoren in den distalen dopaminergen Axonen durch Aktionspotenziale aus den ACh-Neuronen kann die Dopaminfreisetzung direkt steuern, also unabhängig von den Aktionspotenzialen aus den dopaminergen Somata im Mittelhirn.
Dieser Mechanismus könnte derselbe sein, der im folgenden Abschnitt beschrieben wird.
Eine Studie, laut der eine Gabe von Deanol, einem Präkursor von Cholin, das wiederum zu Acetylcholin metabolisiert wird, im Striatum von Ratten den Acetylcholinspiegel erhöhte, deutet darauf hin, dass der Acetylcholinspiegel durch die Menge des Präkursors Deanol limitiert werden könnte.8
6.5. Eierstockhormone beeinflussen Dopaminausschüttung ober cholinerge Interneuronen
Die Dopaminfreisetzung aus den Axonendigungen im NAc wird unabhängig von der somatischen Aktivität im VTA durch lokale regulatorische Mikroschaltkreise rasch moduliert. Die tonische (langsam und regelmäßig) und phasische (kurz, Burst/Spikes) Dopaminfreisetzung im NAc unterliegt einer starken Modulation durch cholinerge (ChAT) Interneuronen. Die ChAT signalisieren über α4β2*-haltige nikotinische Acetylcholinrezeptoren (nAChRs), die sich direkt an Dopaminterminalen befinden.9
Die ChAT-Regulierung der Dopaminfreisetzung durch nAChRs ist bei Männern und Frauen grundlegend unterschiedlich. Dies deutet darauf hin, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der ChAT-Regulation der Dopamin-Neurotransmission der geschlechtsabhängigen Differenzierung beim Belohnungslernen zugrunde liegen.9
- Bei weiblichen Mäusen ist eine ChAT-Regulation der Dopaminfreisetzung durch α4β2*-nAChRs meist nicht vorhanden. Eine beeinträchtigte nAChR-Modulation der Dopaminfreisetzung wurde bei intakten (nicht-ovariektomierten) Weibchen nicht durch den Östrus-Zyklus beeinflusst. Bei ovariektomierten Weibchen wurde eine beeinträchtigte nAChR-Modulation der Dopaminfreisetzung jedoch wiederhergestellt. 17β-Estradiol (E2) erhöhte die Dopaminfreisetzung akut, was durch α4β2*-NAChRs-Antagonisten blockiert wurde. Weibchen zeigten eine geringere Wirkung von nAChR-Agonisten auf die Dopaminfreisetzung, was bei desensibilisierten Rezeptoren zu erwarten wäre.
- In Verhaltensstudien lernten männliche Mäuse schneller als intakte Weibchen, wenn ChAT-Interneuronen aktiviert waren.
- Unabhängig vom Hormonzyklus beeinflussen zirkulierende Eierstockhormone die Fähigkeit von α4β2*-nAChRs auf Dopamin-Terminals, die Dopaminfreisetzung im NAc zu modulieren.
Dieser Mechanismus könnte derselbe sein, der im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurde.
7. Acetylcholin und ADHS
Die Bedeutung von Acetylcholin in Bezug auf ADHS ist bislang weitgehend unerforscht.
Eine Metaanalysestudie berichtete bei ADHS-Betroffenen erhöhte Cholin-Spiegel im10
- PFC
- Striatum
- vorderen cingulären Kortex.
Die recht neue Entdeckung einer unmittelbaren Steuerung der Dopaminausschüttung im Striatum durch Acetylcholin-Neuronen7 erfordert eine Neubewertung der Rolle von Acetylcholin in Bezug auf Dopamin und ADHS. Unsere nachfolgende Sammlung wird in Bezug auf die Bedeutung der einzelnen Punkte noch zu gewichten sein.
7.1. Noradrenalinwiederaufnahmehemmer erhöhten extrazelluläres ACh (nur) in Kortex und Hippocampus
Noradrenalinwiederaufnahmehemmer erhöhten extrazelluläre ACh-Spiegel im Kortex und Hippocampus, nicht aber in subkortikalen Hirnregionen von Ratten in vivo:11
- Methylphenidat
- MPH (1,25 und 2,5 mg/kg) erhöhte die Acetylcholinfreisetzung im Kortex von Ratten um 173 % bzw. 212 %12
- nAChRs scheinen nicht eine Methylphenidat-induzierte Verhaltenssensibilisierung zu regulieren; eine Hemmung der hochaffinen nAChRs-beta2 verringerte jedoch die Induktion der Verhaltenssensibilisierung auf hohe MPH-Dosen13
- Atomoxetin
- Reboxetin
- der kortikale ACh-Anstieg (durch ATX) wurde durch eine noradrenerge Aktivierung des Alpha-1- und/oder des D1-Dopaminrezeptors vermittelt
Depressionsbedingte Apathie lässt sich gut mit noradrenergen Antidepressiva behandeln, weniger dagegen mit SSRI (die diese ggf. sogar verschlimmern können):14
- Dopaminagonisten scheinen bei Apathie ebenfalls zu wirken
- Acetylcholinesterasehemmer (die den Abbau von Acetylcholin hemmen) sind ebenfalls wirksam, wie auch Methylphenidat, atypische Antipsychotika, Nicergolin und Cilostazol.
- Wir sehen hierin einen möglichen Hinweis auf eine dopaminerge Wirkung von Acetylcholin, das von Noradrenalinwiederaufnahmehemmern angehoben wird
7.2. Ungleichgewicht zwischen ACH und DA?
Es wurde erörtert, ob ADHS aus einem Ungleichgewicht des acetylcholinergen und dopaminergen Neurotransmittersystems entstehen könnte15
- bei ADHS scheint die Bindungskapazität (Bmax) von muskarinischen Acetylcholinrezeptoren in Fibroblasten verringert zu sein15
7.3. ACh-Rezeptoren und räumliches Gedächtnis
Der nikotinische Acetylcholinrezeptor (nAChR) - Agonist ABT-418 verbessert das räumliche Gedächtnis bei SHR so gut wie Methylphenidat.16 In einer anderen Studie verbesserte BT-418 zwar kognitive Prozesse, nicht aber eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeitsleistung, die aus dem Verlust kortikaler cholinerger Eingänge resultierte.17
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Simchen, Helga: http://helga-simchen.info/Thesen-zu-ADS; dort: was bewirken die Botenstoffe? ↥
Dimethylethanolamine (DMAE) [108-01-0] and Selected Salts and Esters ↥
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