Der Thalamus ist kein Teil der HPA-Achse. Zusammen mit den Basalganglien ist er jedoch der zentrale Filter und Regelkreis, der die HPA-Achse steuert.
Der Thalamus ist das „Tor zum Bewusstsein“.
Der Thalamus erhält Informationen von den Sinnesorganen und aus dem Körper und schaltet diese in seinen spezifischen Thalamuskernen auf den Cortex (Großhirnrinde) weiter. Der Thalamus arbeitet dabei als Filter in Bezug auf die Wichtigkeit von Informationen und reguliert dadurch, welche Signale an den Cortex weitergeleitet werden, um dort dem Lebewesen bewusst zu werden. Die efferenten (eingehenden) Nervenbahnen sind vorwiegend überkreuzt, d.h. jede Hälfte des Thalamus wird von der gegenüberliegenden Hälfte des Körpers angesteuert.
Der Thalamus besteht aus sensomotorischen Kernen, limbischen Kernen und Verbindungskernen.
Der wichtigste Teil des Thalamus, der Thalamus dorsalis, wird durch den Cortex, den Thalamus ventralis (Subthalamus) und den Nucleus reticularis kontrolliert, um eine Über- oder Untererregung zu verhindern.
Der Thalamus ist auch in die Stressregulation integriert. Schwerer Stress kann eine Atrophie des Thalamus verursachen. Frühkindlicher Stress kann die Konnektivität des Thalamus verändern und die Adressierung der Amygdala beeinflussen. Mäuse mit deaktiviertem PTCHD1 im Thalamus zeigen u.a. Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
1. Aufbau und Funktion des Thalamus¶
Der dorsale Teil des Thalamus (Thalamus dorsalis) und der Cortex verstärken und hemmen sich gegenseitig und bilden dadurch eine Feedbackschleife. Damit diese nicht in eine Übererregung oder Untererregung mündet, wird der Thalamus dorsalis durch den Thalamus ventralis (Subthalamus) und den Nucleus reticularis (netzartiger Thalamuskern) kontrolliert. Teile des Thalamus ventralis, der Nucleus subthalamicus und der Globus pallidus, gehören funktional zu den Basalganglien.
Während der Thalamus ventralis den Thalamus dorsalis mittelbar und unmittelbar kontrolliert, dient der Nucleus reticularis als zeitversetzte Bremse des Thalamus. Der Nucleus reticularis erhält dazu dieselben Signale vom Cortex wie der Thalamus dorsalis und wirkt zeitversetzt entgegen der Wirkung des Cortex auf den Thalamus. Wenn der Cortex also einen Bereich des Thalamus dorsalis aktiviert (bzw. hemmt), wird der Nucleus reticularis zeitverzögert genau diesen Thalamusteil hemmen (bzw. aktivieren).
Zusätzlich wird die Schaltungssteuerung des Thalamus, welche Informationen an den Cortex gehen, durch die Filterfunktion der Basalganglien unterstützt. ⇒ Basalganglien
Der Thalamus hat drei Hauptgruppen: die sensomotorischen Kerne, die limbischen Kerne und den diese Kerne verbindenden Bereich.
1.1. Sensomotorische Thalamus-Kerne¶
Dies sind die Haupt- bzw. Relais-Kerne des Thalamus.
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Lateraler genikulärer Kern (LGN)
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Medialer genikulärer Kern (MGN)
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ventraler posteromedialer Kern (VPM)
- Nucleus ventralis posteromedialis
- Er verarbeitet Informationen seitlich aus dem Gesicht, weiter nach innen die der Lippen und zur Mitte hin die des Rachens.
- Nucleus ventralis posterior
- Teil des Systems, das Tastsinn und Schmerzsinn (Somatosensorik) vermittelt
- posterolateraler Kern (VPL)
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posteriorer Kern (PO)
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ventral lateraler Kern (VL)
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ventraler anteriorer Kern (VA)
- Nucleus ventralis anterolateralis
- Bestandteil von Kontrollschleifen, die Bewegungsabläufe regulieren
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ventraler medialer Kern (VM)
1.2. Limbische Thalamus-Kerne¶
Die limbischen Kerne des Thalamus sind überwiegend mit limbisch bedingten Strukturen verbunden und spielen eine direkte Rolle bei limbisch bedingten Funktionen.
1.3. Die die sensomotorischen und limbischen Thalamus-Kerne verbindenden Thalamus-Kerne¶
2. Thalamus und Stressregulation¶
Der Thalamus ist zentral in die Stressregulation integriert.
Das durch psychosozialen Stress ausgelöste subjektive Stressempfinden korreliert sehr stark mit einer Aktivierung des Thalamus. Die Thalamusaktivierung korrelierte dagegen nur schwach mit dem Cortisolspiegelanstieg.
Schwerer Stress verursacht eine Atrophie (Absterben von Nervenzellen, Gewebeschwund) im Thalamus (beidseitig) sowie im rechten visuellen Kortex.
Der dorsale Thalamus scheint nicht für die verminderte Katecholaminausschüttung auf akuten Stress bei bestehenden frühkindlichen Stressschäden verantwortlich zu sein. 30 Tage nach einer Entfernung des dorsalen Thalamus zeigten Ratten, die als Babys wiederholt von ihren Müttern getrennt wurden (was typische Schäden durch frühkindlichen chronischen Stress verursacht) einen niedrigeren Noradrenalinblutspiegel und eine höhere Beta-Adrenorezeptordichte als Ratten ohne Trennung von den Müttern. Die frühe Trennung von den Müttern korrelierte grundsätzlich mit einem erhöhten Noradrenalinspiegel, der durch eine Entfernung des dorsalen Thalamus noch weiter anstieg. Die Noradrenalinstressantwort war bei sicher gebundenen Ratten deutlich höher als bei als Baby von der Mutter getrennten Ratten. Die kardialen Beta-Adrenozeptoren verringerten sich auf akuten Stress bei als Babys getrennten Raten noch stärker als bei sicher gebundenen Ratten. Eine Entfernung des dorsalen Thalamus verringerte die kardialen Beta-Adrenozeptoren noch weiter. Die Aktivierung des sympathischen Nebennierenmarks durch akuten Stress war bei sicher gebundenen Ratten deutlich größer und korrelierte mit einer Downregulierung der myokardialen Beta-Adrenozeptoren.
3. Frühkindlicher Stress und Konnektivität des Thalamus¶
Frühkindlicher Stress verändert die Konnektivität des Thalamus.
Die räumliche Verteilung der globalen Konnektivität ist am höchsten in den Regionen der Salienz- und Default-Mode-Netzwerke. Der Schweregrad der frühkindlichen Stresserfahrung prognostizierte eine erhöhte globale Konnektivität des linken Thalamus.
Frühkindlicher Stress veränderte die Adressierung der Amygdala durch den Thalamus.
4. Thalamus-Hippocampus-Insula-Netzwerk und Stress¶
Sozialer Stress verändert offenbar die Konnektivität des Ruhezustands von und zu Hippocampus-Subregionen. Stress verändert so den Informationsfluss im Thalamus-Hippocampus-Insula / Mittelhirn-Kreislauf.
5. Deaktivierte PTCHD1-Rezeptoren im Thalamus bewirken ADHS-Symptome¶
Männliche Mäuse mit genetisch deaktiviertem PTCHD1 zeigten erhöhte Werte von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
Mehr hierzu unter PTCHD1-KO-Maus im Beitrag ADHS im Tiermodell