In den letzten Jahren ist das Thema Computerspiele zum Zwecke der therapeutischen Nutzung in den wissenschaftlichen Fokus gelangt.
Grundsätzlich sollen ADHS-Symptome durch Therapie-Computerspiele verbessert werden können, z.B. Aufmerksamkeit,
Für ADHS wurde bereits ein Therapie-Computerspiele durch die FDA zugelassen.
1.10.1. EndeavorRx¶
Die FDA (amerikanische Gesundheitsbehörde) hat im Juni 2020 das erste ärztlich verschreibungsfähige Videospiel überhaupt zugelassen. Es dient zur Behandlung von ADHS.
180 Kinder zwischen 8 und 12 Jahren spielten 4 Wochen lang 5 Tage / Woche je 25 Minuten EndeavorRx, 168 Kinder spielten ein anderes Spiel als Placebo. Die mittlere Änderung (SD) gegenüber dem Ausgangswert der TOVA-API betrug in der Behandlungsgruppe 0,93 und in der Kontrollgruppe 0,03. Skeptisch macht, dass die Studie durch den Softwarehersteller gesponsert wurde. Andererseits ist Faraone, einer der Autoren, ein sehr renommierter Wissenschaftler im Bereich ADHS und The Lancet eine sehr renommierte wissenschaftliche Zeitschrift.
Eine Vorstudie fand ebenfalls Hinweise auf eine positive Wirkung.
Der Hersteller beschreibt weiter:
“EndeavourRx wurde die Freigabe auf der Grundlage von Daten aus fünf klinischen Studien mit mehr als 600 mit ADHS diagnostizierten Kindern erteilt, einschließlich einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studie, die im Lancet Digital Health Journal veröffentlicht wurde und zeigte, dass EndeavourRx die objektiven Aufmerksamkeitsmaße bei Kindern mit ADHS verbesserte. Nach vierwöchiger EndeavourRx-Behandlung hatte ein Drittel der Kinder bei mindestens einem Maß objektiver Aufmerksamkeit kein messbares Aufmerksamkeitsdefizit mehr. Darüber hinaus stellte etwa die Hälfte der Eltern nach einem Monat Behandlung mit EndeavourRx eine klinisch bedeutsame Veränderung der täglichen Beeinträchtigungen ihres Kindes fest. Dies stieg nach einem zweiten Behandlungsmonat auf 68 %. Die Verbesserung der ADHS-HI-Beeinträchtigungen nach einem Monat Behandlung mit EndeavourRx wurde bis zu einem Monat beibehalten.”
Eine weitere, wohl noch andauernde, Studie untersucht die Wirksamkeit des Spiels bei einer längeren Anwendungsdauer von 2 Monaten und inwieweit Verbesserungen nach Beendigung der Behandlung andauern.
1.10.2. Plan-It Commander¶
Das Therapie-Computerspiel “Plan-It Commander” wurde / wird von den Autoren der nachfolgend genannten Studien selbst entwickelt, sodass die Beurteilung der Wirksamkeit durch unabhängige Untersuchungen abzuwarten ist. Die Symptome, die in nicht verblindeten Untersuchungen dadurch verbessert worden sein sollen, sind
- Zeitmanagement (Elternbeurteilung)
- Verantwortlichkeit (Elternbeurteilung)
- Arbeitsgedächtnis (Elternbeurteilung)
- Planungs- und Organisationsfähigkeiten (Elternbeurteilung) bei Mädchen insgesamt und bei Jungen mit starker Störung des Sozialverhaltens und niedriger Hyperaktivität.
1.11.3. RECOGNeyes¶
Eine kleine Untersuchung fand, dass ADHS-Betroffene, die das Spiel RECOGNeyes mit den Augen steuerten, Verbesserungen in Bezug auf
-
Impulsivität
- Reaktionszeit
- Fixationsblickkontrolle
zeigten, während die Kontrollgruppe, die das Spiel mit der Maus steuerte, keine Verbesserungen zeigte.
1.10.4. Empowered Brain¶
Eine sehr kleine Vorstudie zeigte, dass Autismus-Spektrums-Betroffene die Spielanteile von Empowered Brain umso besser absolvierten, je höher ihre ADHS-Symptome waren. Die Software scheint eher unter dem Aspekt der Diagnostik entwickelt zu werden.
1.10.5. AR-Therapist: Augmented Reality – Verhaltenstherapie – Spielkonzept¶
Eine Studie beschreibt ein Konzept eines Augmented Reality Spiels zum Zweck einer Verhaltenstherapie bei ADHS samt Messung der ADHS-relevanten Parameter.
1.10.6. The Secret Trail of Moon¶
Ein Bericht beschreibt die Entwicklung dieses Spiels zur ADHS-Behandlung.
1.10.7. Computer-Therapiespiele für andere psychische Störungen¶
Für andere Therapieziele sind einige Therapiespiele bekannt, z.B.:
- Nevermind
- Stress
- gemessener Stress (Angst, Traumaantworten) erschwert die Spielbedingungen
- keine “offizielle” medizinische Anwendung
- wird durch Biofeedback mit gesteuert
- Elude
- Depression
- Elude will das Bewusstsein für Depressionen wecken und darüber informieren. Es ist dazu gedacht, im klinischen Kontext als Teil einer Psycho-Edukation eingesetzt zu werden, um das Verständnis von Freunden und Verwandten über Menschen, die an Depression leiden, über das, was die Betroffenen durchmachen, zu verbessern.
- Schatzsuche
- Angst, Aggression, Depression
- spezifisch für therapeutische Zwecke erstellt
- evaluiert an 200 Kindern durch 41 Therapeuten
- unterstützt die therapeutische Arbeit
- für Kinder von 9 bis 13 Jahren
- Ziele:
- zwischen Gedanken, Gefühlen und Verhalten unterscheiden lernen
- negative Gedankenmuster durch positive ersetzen
- Depression Quest
- Depression
- in einem wählbaren Abenteuer versucht der Spieler als Depressiver die Krankheit, den Job, Beziehungen und sogar die Behandlung in ein Gleichgewicht zu bringen.
- Actual Sunlight
- Depression
- Eine kurze interaktive Geschichte über Liebe und Depression.
- Für Kinder nicht geeignet
- Sym
- Soziale Phobie wird in diesem Spiel thematisiert
- Rage Control
- Aggression
- entwickelt von der Kinderklinik Boston
- nutzt aktives Biofeedback
- Boson X
- Depression
- kommerzielles, nicht therapieorientiertes Spiel
- streitig, ob dieses bei Depressions-Betroffenen die grüblerischen Phasen reduziert
- Tetris
- Traumaprävention
- nicht therapieorientiertes Spiel
- Nutzung innerhalb der ersten 6 Stunden nach einem potentiell traumatisierenden Erlebnis, nachdem die Spieler gebeten wurden, sich an das Ereignis zu erinnern, verringerte Risiko der Traumatisierung
- Nach unserer (nicht verifizierten) Hypothese könnte jedoch jede geistige Beschäftigung und jeder Medienkonsum, die eine leichte (!) geistige Beschäftigung bieten (Unterhaltungssendungen, Unterhaltungsfilme ohne Dramen, leichte Videospiele ohne soziale oder gewalttätige Komponenten), als Traumaprophylaxe geeignet sein, sofern diese vor dem ersten Schlafen nach dem Ereignis genutzt werden. Selbstverständlich dürfen die Inhalte thematisch nicht das Ereignis tangieren.
Nach unserer Vorstellung werden durch nachfolgenden “leichten” Medienkonsum die potentiell traumatisierenden Erlebnisse im Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis (zumindest teilweise) “überschrieben” oder “relativiert”, bevor sie im Schlaf über den Hippocampus in das Langzeitgedächtnis überführt werden können. Vor diesem Hintergrund könnte es vorteilhaft sein, den ersten Schlaf nach einem potentiell traumatisierenden Ereignis möglichst lange hinauszuzögern, einen reichlichen wenig bedeutsamen Medienkonsum zu fördern und ggf. Medikamente zu geben, die die Aktivität des Hippocampus reduzieren.