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Umfeldinterventionen (++)

Umfeldinterventionen (++)

  • Elterntraining

    • bei Kindern mit ADHS scheint ein Elterntraining hilfreich zu sein.1 Dies betrifft wohl insbesondere Kinder mit ODD2 und junge Kinder.3
  • Interventionen in Schule/Kindergarten (-)

    • Eine Metastudie berichtet, dass Klassenzimmerinterventionen / Schulinterventionen teils als unwirksam, teils als nur so lange wirksam befunden wurden, wie die Interventionen anhielten.4
  • Umfeldanpassung

    • geeigneter Job (++)
      • genug Interesse weckend, um Hyperfokus zu aktivieren
      • genug Abwechslung, um Aufmerksamkeit wach zu halten5
      • ADHS-HI: häufig mit körperlicher Bewegung
      • ADHS-I: keine schnellen Entscheidungen
    • geeignete Arbeitsumgebung (+)
      • den Bedürfnissen des Betroffenen entsprechend
        • Nebengeräusche
          • Jeder Mensch braucht sein spezifisches Maß an Arousal (Erregung, Anregung).67
        • Auch wenn Novelty Seeking und Neugierverhalten (auch genetisch) mit Impulsivität korrelieren,8 dürfte es für die meisten ADHS-HI-Betroffenen wichtig sein, das Arousal zu reduzieren, für ADHS-I-Betroffene dagegen, das Arousal zu erhöhen.
    • Arousal stimulieren
      • gezielte (leise) Hintergrundmusik
        • manche Menschen können nur damit lernen
      • im Hintergrund laufender Fernseher
        • wenn Geräusche / Bilder ablenken: ausschalten
      • Motivationselemente
        • sehr wichtig, da ADHS-Betroffene sich grundsätzlich genauso intensiv konzentrieren können wie andere. Nur können sie diese Konzentration nicht kontrolliert hervorrufen und erst recht nicht steuern. Dies ist keine Nachlässigkeit oder Faulheit.
        • Intrinsische Motivation statt extrinsischer Motivation: der zentrale Schlüssel
        • Belohnungen
        • Wettbewerb mit anderen
          • Ziele anderen mitteilen (Commitment / Selbstverpflichtung schaffen)
        • Betroffenen kein schlechtes Gewissen machen
          • kein: Du kannst doch, wenn Du willst
          • kein: Du musst Dir nur mehr Mühe geben
            • Friedmann berichtet von Betroffenen, die ihre ADHS-Symptome verloren haben, nachdem sie eine Arbeitsumgebung gefunden hatten, die ihrer Konstitution entsprach: kurze Aufmerksamkeitsspannen, häufige Aktivierung, eigenständige Arbeitsorganisation. Auch wir kennen Fälle, die in der für sie genau passenden Umgebung aufblühten. Dies bedeutet nicht, dass nur jeder Betroffene seine geeignete Umgebung finden müsse, um dann kein ADHS mehr zu haben. ADHS bedeutet, dass die Wahl, welche Umgebung geeignet ist, extrem eingeschränkt ist. Die wenigsten Betroffenen werden sich ihre Welt so zurecht bauen können. Nach unserer Auffassung muss indes noch ein Element hinzutreten: echtes Interesse. Erst wenn dieses echte eigene Interesse anspringt, sind ADHS-Betroffene in der Lage, ihre Aufmerksamkeitsprobleme zu beheben. Friedmann weist darauf hin, dass die verringerte Anzahl von Dopamin D2 und D3 – Rezeptoren im Belohnungszentrum des Gehirns bei ADHS-Betroffenen dazu führt, dass weniger Dinge (be)lohnend, also ausreichend spannend gefunden werden, als bei Nichtbetroffenen. Die Wahl einer spannenden Umgebung erfordert daher zwingend, dass es sich um etwas handelt, dass für den jeweiligen Betroffenen von (so) hohem Interesse ist, dass das Belohnungszentrum “anspringt” und die Aufmerksamkeit des Betroffenen geweckt wird. Der Satz “Du kannst doch, wenn Du willst”, ist zwar völlig richtig, aber nicht so, wie er meist missverstanden wird. ADHS kann man nur verstehen, wenn man bereit ist zu akzeptieren, dass der Wille der Betroffenen nicht völlig frei wählbar ist, sondern davon abhängt, dass das Beschäftigungsthema so interessant ist, dass das Manko der verringerten Anzahl von D2 und D3 Dopaminrezeptoren nicht mehr zum Tragen kommt. Nur mit dem geeigneten intrinsischen Interesse können Betroffenen es schaffen, “zu können”, was sie wollen: indem sie etwas tun, was sie wirklich wirklich interessiert. Dieser Mechanismus erklärt gut, warum eine extrinsische Motivation (äußerer Druck) nichts hilft, wenn etwas nicht interessant genug ist. Äußerer Druck kann viel bewirken – Dopaminrezeptoren lässt er jedoch nicht wachsen. Man könnte ADHS so gesehen auch als extreme Einengung der Interessenlage definieren.
              Und trotzdem ist auch dies keine Rechtfertigung, dass das eigene ADHS ja gar nicht so schlimm sei, man habe ja nur nicht das gefunden, was einen interessiere.
      • Nebenbeschäftigung
        • stricken
        • zeichnen
        • Musik hören
          • manche Menschen müssen nebenher etwas “tun”, um sich konzentrieren zu können. Dies leitet die innere Spannung ab. Die Nebenbeschäftigung dient dazu, das Arousal zu optimieren. Dies ist dann kein Zeichen von Desinteresse oder Respektlosigkeit, sondern ein Mittel, um Aufmerksamkeit und Konzentration zu erhöhen
  • Ablenkung reduzieren

    • Vermeidung zu lauter, hektischer, anstrengender, intensiver Situationen.
      • Wer stressempfindlich ist, sollte stressauslösende Situationen meiden. Diese selbstverständlich klingende Tatsache wird erstaunlich häufig missachtet, sei es aufgrund mangelnder Kenntnis der Zusammenhänge oder aus schlechtem Gewissen. Dabei ist es wie mit der Temperatur: Man sollte nicht frieren, wenn das Thermometer es sagt, sondern wenn einem kalt ist:
      • Helligkeit
        • Rollladen runterlassen
      • Temperatur
        • nach eigenen Bedürfnissen regulieren
      • Lärm / Stimmen / … reduzieren
        • sehr stille Umgebung
        • Ohrstöpsel
        • Lärmschutzkopfhörer
      • eigener Arbeitsraum9
        • kein Großraumbüro!
        • kein Durchgangszimmer!
        • kein offenes Büro!
      • Mails
        • Abruf auf bestimmte Zeiten beschränken
        • Pop-Ups für eingehende Nachrichten deaktivieren
        • Mails und andere Nachrichten am Handy nur nach aktivem Abruf sichtbar, nicht automatisch auf Bildschirm
      • Sitzplatzausrichtung am Arbeitsplatz
        • (geschlossene) Tür im Blick
        • keine Fenster im Rücken
        • Geschehnisse im Raum / im Fenster in Blickrichtung durch Vorhänge / transparente Blickschutzfolie ausblenden
        • viel Tageslicht10
        • geschlossener Raum
  • Lernmethoden optimieren / anpassen

    • kurze Lernabschnitte mit häufigen Pausen
    • z.B.: Vokabeln lernen;
      • max. 10 Stück, so oft, bis sie ganz sicher sitzen, erst dann weitere
      • alle Sinne einsetzen: leise lesen, laut lesen, abschreiben etc.
      • weitere Vokabeln erst nach Pause
    • gehen beim Lernen
      gleichförmige Bewegung optimiert bei manchem Menschen die Aufnahmefähigkeit erheblich; Bewegung verringert Stress und erhöht neurotrophe Faktoren im Gehirn, die für Neuroplastizität (Ausbildung neuer Synapsen, lernen) erforderlich sind
    • 30 Minuten körperlich intensives Austoben vor dem Lernen (insb. ADHS-HI)
    • geeignete Arbeitsmethoden
      • Selbstständigkeit
        für interessante Tätigkeiten kommen manche Betroffene (insb. ADHS-HI) als Selbstständige besser klar denn als Angestellte, weil intrinsische Motivation das Arousal optimiert
        bei uninteressanteren Tätigkeiten wäre das indes eher nachteilig, weil Eigenantrieb / Eigenstruktur zu gering
      • Interessante Tätigkeit
        Die mangelhafte extrinsische Motivierbarkeit macht es für ADHS-Betroffene um ein Vielfaches wichtiger als für Nichtbetroffene, eine für sie wirklich spannende Aufgabe zu finden
      • ADHS-I: strukturierte Arbeitsaufgaben, klare Ansagen, enge Kontrollen
        Beispiel:
        Ein Betroffener schied mit 50 Jahren nach glanzvoller Karriere bei den US-Marines aus. Im Zivilleben kam er nicht zurecht und scheiterte. Ein Jahr nach dem Ausscheiden erhielt er seine ADHS-Diagnose.
      • Gut strukturierter Alltag mit regelmäßiger Ablösung von Aktivität und Entspannung kann Stabilisierung des Noradrenalinhaushalts durch Eigenaktivierung unterstützen (siehe unten: genügend Pausen machen)
  • Stressquellen vermeiden / abstellen

    • Selbst bei Persönlichkeitsstörungen fand eine Langzeitstudie (n = 733) überraschend bei mehr als 50 % der Betroffenen einen Rückgang der Symptome innerhalb von 2 Jahren für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten. Bei Borderline wurde dies bei 10 % der Betroffenen innerhalb von 6 Monaten beobachtet, meist nachdem massiv belastende aktuelle Lebensumstände (belastende Beziehung) beseitigt wurden. Gleichwohl blieben erhebliche Diagnosekriterien sehr konstant bestehen (stärker als bei schweren Depressionen), sie erreichten jedoch nicht mehr die erforderliche Schwere für eine Diagnose.11
  • Stressabbau fördern

    • Bereits eine Stunde längeren Schlaf reduziert den morgendlichen Cortisolspiegel um 21 %1213
    • Bei Schlafstörungen:
      • Schlafrhythmus nach hinten verschieben
        Einschlafen und Aufstehen nach hinten verschieben
        Dies könnte für Betroffene mit hohem Stresspegel unmittelbar beim Aufwachen (z.B. Angstzuständen) einen Versuch wert sein
        Frühes Erwachen korreliert mit hohem Cortisolspiegel1213
      • Zu Schlafproblemen hier mehr
  • Umzug in stressarme Umgebung

    • Menschen, die in Armutsvierteln leben, sollen stressbedingt ein höheres Körpergewicht haben als Menschen, die in wohlhabenderen Wohngebieten leben.
      • Bei einem Umzug passt sich das Körpergewicht dem der neuen Umgebung an.14
      • Dies könnte als Folge einer Stressreaktion oder Stressverringerung interpretiert werden, kann aber auch als Anpassung an die Hauptumgebung verstanden werden.

  1. Morgan, O’Keefe (2021): Does a Behavioral Parent Training Program for Parents of ADHD Children Improve Outcomes? A Pilot Project. Compr Child Adolesc Nurs. 2021 Jun 15:1-11. doi: 10.1080/24694193.2021.1933263. PMID: 34130566.

  2. Nobel, Hoekstra, Brunnekreef, Messink-de Vries, Fischer, Emmelkamp, van den Hoofdakker (2019): Home-based parent training for school-aged children with attention-deficit/hyperactivity disorder and behavior problems with remaining impairing disruptive behaviors after routine treatment: a randomized controlled trial. Eur Child Adolesc Psychiatry. 2019 Jul 22. doi: 10.1007/s00787-019-01375-9.

  3. Frisch, Tirosh, Rosenblum (2019): Parental Occupation Executive Training (POET): An Efficient Innovative Intervention for Young Children with Attention Deficit Hyperactive Disorder. Phys Occup Ther Pediatr. 2019 Jul 17:1-15. doi: 10.1080/01942638.2019.1640336.

  4. Shrestha, Lautenschleger, Soares (2020): Non-pharmacologic management of attention-deficit/hyperactivity disorder in children and adolescents: a review. Transl Pediatr. 2020 Feb;9(Suppl 1):S114-S124. doi: 10.21037/tp.2019.10.01. PMID: 32206589; PMCID: PMC7082245. REVIEW

  5. (über) Friedmann in http://www.huffingtonpost.de/2015/07/09/adhs-neue-behandlung_n_7762106.html?ncid=fcbklnkdehpmg00000002

  6. Edel, Vollmoeller (2006): Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bei Erwachsenen, Seite 104

  7. https://de.wikipedia.org/wiki/Sensation_Seeking

  8. Edel, Vollmoeller (2006): Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bei Erwachsenen, Seite 104 mwN

  9. Adamou, Arif, Asherson, Aw, Bolea, Coghill, Guðjónsson, Halmøy, Hodgkins, Müller, Pitts, Trakoli, Williams, Young (2013): Occupational issues of adults with ADHD. BMC Psychiatry. 2013 Feb 17;13:59. doi: 10.1186/1471-244X-13-59.

  10. ADHS, iPads, Schlaf und Konzentrationsprobleme: Im Licht neuer Erkenntnisse

  11. Skodol, Gunderson, Shea, McGlashan, Morey, Sanislow, Bender, Grilo, Zanarini, Yen, Pagano, Stout (2005): THE COLLABORATIVE LONGITUDINAL PERSONALITY DISORDERS STUDY (CLPS): OVERVIEW AND IMPLICATIONS, J Pers Disord. 2005 Oct; 19(5): 487–504. doi: 10.1521/pedi.2005.19.5.487; PMCID: PMC3289284; NIHMSID: NIHMS349849, Kapitel COURSE OF PERSONALITY DISORDERS

  12. Aubry, Jermann, Gex-Fabry, Bockhorn, Van der Linden, Gervasoni, Bertschy, Rossier, Bondolfi (2010): The cortisol awakening response in patients remitted from depression; journal of Psychiatric Research, December 2010, Volume 44, Issue 16, Pages 1199–1204; DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.jpsychires.2010.04.015

  13. Schuhmacher (2011): Depression als eine Störung der Stressregulation; Die Rolle von HPA-Achse, Serotonin-Transporter-Polymorphismus 5-HTTLPR und Hippocampusvolumen für die Depressionsentstehung und das Ansprechen auf die antidepressive Therapie; Dissertation, Seite 119

  14. Ludwig, Sanbonmatsu, Gennetian, Adam, Duncan, Katz, Kessler, Kling, Tessler Lindau, Whitaker, McDade (2011): Neighborhoods, obesity, and diabetes – a randomized social experiment; N. Engl. J. Med., 365, 2011, S. 1509-1519, Langzeitstudie über 15 Jahre, n = 4500

Diese Seite wurde am 07.09.2024 zuletzt aktualisiert.