4. Tiermodelle, die ADHS unzureichend repräsentieren¶
Neben den in den vorangegangenen Beitrögeh dargestellten Tiermodellen, die viele ADHS-Symptome zeigen, gibt es etliche weitere Tiermodelle, die lediglich einige Symptome von ADHS zeigen oder aus anderen Gründen nicht geeignet sind, die Ätiologie von ADH)S zu beschreiben:
4.1. Dopamin-Heterorezeptor-KO-Mäuse¶
Heterorezeptoren sind Rezeptoren, die auf Neuronen anderer Neurotransmitter sitzen. Der Gegensatz dazu sind Autorezeptoren, die auf den Neuronen des eigenen Neurotransmitters sitzen (z.B. D2-Autorezeotoren, die auf Dopaminneuronen sitzen und diese (auto)regulieren).
Zur D2-Autorezeptor-KO-Maus siehe oben.
Es gibt Mausmodelle, denen DRD1, DRD2, DRD3, DRD4 oder DRD5 fehlen. Die meisten zeigen keine ADHS-Symptome.
Am häufigsten wurde die DRD4-KO-Maus untersucht.
4.1.1. DRD4-KO-Mäuse¶
D4R-KO-Mäuse haben keinen Dopamin-D4-Rezeptor.
D4R-KO-Mäuse zeigen
- Übererregbarkeit frontaler kortikaler P-Neuronen
- der Funktionsgewinn des D4-Rezeptors durch die Genvariante D4.7R zeigt dagegen eine Abnahme der kortiko-striatalen glutamatergen Übertragung
- keine Hyperaktivität
- motorische Aktivität nur in den ersten 5 Minuten in neuer Umgebung erhöht
- keine erhöhte Impulsivität
- weder Handlungsimpulsivität noch Wahlimpulsivität
- kein erhöhtes Novelty Seeking
- Unaufmerksamkeit
- nach manchen Darstellungen nicht erhöht
- Aufmerksamkeitsdefizit in einem 5-Choice-Continuous Performance Test (5C-CPT)
- erhöhte Empfindlichkeit auf:
- Alkohol
- Kokain
- Methamphetamin
Dopaminfreisetzung im dorsalen Striatum verringert.
Dopaminsynthese und Dopamin-Umsatz zu Metabolit DOPAC erhöht.
Die Ergebnisse deuten auf eine Beeinflussung des präsynaptischen Dopaminspiegels durch D4-Rezeptoren hin.
4.1.2. DRD2-KO-Mäuse¶
D2R-Knockout-Mäuse entwickeln
- Merkmale der Parkinson-Krankheit
- Prolaktinome
-
chronische Hypophysenhyperplasie
- eine moderate Abnahme des MSH-Gehalts
- D2L-/- Mäuse (mit immer noch funktionellen präsynaptischen D2S-Autorezeptoren) zeigten
- verringerte Lokomotion
- verringertes Aufziehverhalten
- deutlich weniger Katalepsie und Hemmung der Bewegungsaktivität durch Haloperidol
- anfänglichen Unterdrückung der motorischen Aktivität durch Quinpirole ähnlich wie bei Wildtyp
- D2S-Rezeptor funktionierte in den mutierten Mäusen ungefähr genauso gut wie D2L als impulsmodulierender Autorezeptor.
4.2. WKHA rat¶
- hyperaktiv
- nicht impulsiv
- keine Probleme mit anhaltender Aufmerksamkeit
4.3. Acallosal mouse¶
- Hyperaktivität
- wird erst mit dem Alter hyperaktiv
- impulsiv
-
Impulsivität nimmt mit der Anzahl der Tests hierzu ab; dies entspricht nicht ADHS
- Beeinträchtigung bei konditionierten Lernaufgaben
4.4. Hyposexual rat¶
4.5. PCB-exposed rat¶
- Hyperaktivität
- keine Daueraufmerksamkeitsprobleme
4.6. Lead-exposed mouse¶
- Hyperaktivität
- Ataxie
- weitere Symptome von Bleivergiftung gut von ADHS abgrenzbar
4.7. Rat reared in social isolation¶
- Hyperaktivität in neuer Umgebung
- erhöhte Auslassungsfehler
- Ausdauerprobleme
- keine Impulsivität
- keine Beeinträchtigung bei der Messung der Aufgabenerfassung im 5-choice serial reaction time (5-CSRT)-Test für anhaltende Aufmerksamkeit
4.8. TAAR-1-KO-Maus¶
- verringerte Präpulshemmung
- unverändert:
- Gewicht, Größe, Körpertemperatur
- Angstverhalten
- Stressreaktionen
- Amphetamingabe
- wirkt stärker psychomotorisch stimulierend
- erhöhter Anstieg von Dopamin und Noradrenalin im dorsalen Striatum
-
korreliert mit Anstieg der hochaffinen D2-Rezeptoren (D2-high) im Striatum um 262 % (48,5 % D2-high-Rezeptoren im Stratum im Vergleich zu 18,5 % bei normalen Mäusen)
4.9. MACROD1- und MACROD2-KO-Mäuse¶
MACROD1-KO-Mäuse zeigen:
- motorische Koordinationsprobleme
MACROD2-KO-Mäuse zeigen:
- Hyperaktivität
- im Alter weiter zunehmens
- bradykinetisches Gangbild (langsamerer und schlurfender Gang, wie bei Parkinson)
4.10. Neonatale Nikotin-Maus¶
Ratten, die vorgeburtlich oder in den ersten Lebenstagen Nikotin ausgesetzt waren, zeigten
- Hypoaktivität bei Nikotinexposition an Tag 8 bis 14
Ratten, deren Mutter während der Schwangerschaft und während der ersten Wochen nach der Geburt Nikotin ausgesetzt war, zeigten
- Hyperaktivität
- bei männlichen wie weiblichen Nachkommen
- Höhepunkt während der “aktiven” oder dunklen Phase des Hell-Dunkel-Zyklus
- verringert durch oral gegebenes MPH
- anders: keine spontane Hyperaktivität
- Aufmerksamkeitsprobleme
- Arbeitsgedächtnisprobleme
- keine Impulsivität
- kein angstähnliches Verhalten
4.11. 5-HT2C-KO-Maus¶
Die Serotonin-2c-Rezeptor-KO-Maus zeigte:
- Aufmerksamkeitsprobleme im 5-choice serial reaction time task (5CSRTT)
- Lernprobleme
- keine Inhibitionsprobleme
4.12. nAchR-KO-Mäuse¶
Nikotin-Acetylcholin-Rezeptor-KO-Mäuse zeigten je nach deaktiviertem Rezeptorsubtyp unterschiedliche Symptome:
- Alpha 5: Abnahme der Genauigkeit
- Alpha 7: Aufmerksamkeitsdefizit bei 5CSRTT
- Beta 2: Defizit bei anhaltender Aufmerksamkeit (5CSRTT)
4.13. GFAP-DNSynCAM1-Maus¶
Das Adhäsionsmolekül SynCAM1 ist beteiligt an der Differenzierung und Organisation von Synapsen.
In Astrozyten
- vermittelt SynCAM1 die adhäsive Kommunikation
- zwischen Astrozyten untereinander
- zwischen Glia und Neuronen
- ist SynCAM1 funktionell mit erbB4-Rezeptoren verknüpft, die an der Kontrolle sowohl der neuronalen/glialen Entwicklung als auch der reifen neuronalen und glialen Funktion beteiligt sind
Mäuse mit einer astrozytenspezifischen dominant-negativen Form von SynCAM1 (GFAP-DNSynCAM1-Mäuse) zeigen
- tageszeitliche Bewegungsaktivität gestört
- verstärkten und häufigeren Aktivitätsepisoden während des Tages (wenn die Tiere normalerweise schlafen)
- verkürzte Ruhephasen
- hohe Grundaktivität in der Dunkelheit (der wachen/aktiven Zeit der Nagetiere)
- Angst verringert
- auf vermeidbare und unvermeidbare Reize
4.14. 14-3-3γ-heterozygote KO-Mäuse¶
Während monozygote 14-3-3γ KO-Mäuse noch vor der Geburt sterben zeigen heterozygote 14-3-3γ KO-Mäuse zeigen:
- Entwicklungsverzögerung
- Hyperaktivität
- Depressionsähnliches Verhalten
- erhöhte Empfindlichkeit auf akuten Stress
14-3-3γ spielt zellulären Prozesse eine vielfältige Rolle. 14-3-3γ ist im Gehirn angereichert.
14-3-3γ ist an neurologischen und psychiatrischen Krankheiten beteiligt, z.B.
- Williams-Beuren-Syndrom
- Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
4.15. NMDA-Agonist-Maus¶
MK-801 (Dizocilpin) ist ein N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor-Agonist, der verschiedene Symptome unterschiedlicher neuropsychiatrischer Störungen dosisabhängig induzieren kann. Bei Mäusen newirkt:
Niedrig dosiertes MK-801 (0,01 mg / kg):
- Räumliches Gedächtnis beeinträchtigt
-
Impulsivität
Mittel dosiertes MK-801 (0,12 mg / kg):
- Hyperaktivität
- soziale Degizite
Hoch dosiertes MK-801 (0,2 bis 0,3 mg / kg):
- verringerte Selbsthygiene