Als Ursache von Depressionen wird vorrangig eine Störung des Noradrenalin- und Serotoninstoffwechsels im Gehirn angenommen.
Daneben deuten Studien darauf hin, dass ebenso Störungen des Dopaminsystems (wie sie auch bei ADHS bestehen) Depressionssymptome verursachen können. Vieles deutet auf die Beteiligung des Belohnungssystems (insbesondere des mesolimbischen dopaminergen Systems) an Anhedonie, Dysthymie und Amotivation bei Depression hin.
Die mit Depression korrelierende Hyperaktivität im subgenualen cingulären Gyrus (Brodman-Areal 25 des PFC) wird von wirksamer Depressions-Behandlung verringert.
Das Brodman-Areal 25 ist extrem reich an Serotonin-Transportern und wirkt als Schaltstelle für ein ausgedehntes Netzwerk, das Traurigkeit reguliert. Dieses beinhaltet
-
Hypothalamus und Hirnstamm
- beeinflussen Veränderungen des Appetits und des Schlafs
-
Amygdala und Insula
- beeinflussen Stimmung und Angst
-
Amygdala reagiert bei Depressionen hyperaktiv auf (insbesondere negativ) emotional aufgeladene Reize.
-
Hippocampus
- wichtige Rolle in der Gedächtnisbildung
- einige Teile des frontalen Kortex
- die für das Selbstwertgefühl verantwortlich sind
Einer akuten Aktivierung des Dopamin-Systems durch Amphetamin oder Stressoren folgt eine Depression der dopaminergen Neuronenfeuerung. Sind es chronische Stressoren, die enden, bleibt der depressionsähnliche Zustand über einen längeren Zeitraum bestehen.
Tiermodelle für Depressionen verwenden chronisch unkontrollierbare oder unvorhersehbare Stressoren, die Hilflosigkeit auslösen. Die Dauer der Stressoren korreliert mit Ausmaß und Dauer des darauffolgenden depressiven Zustands sowie, parallel hierzu, mit einem längeren Rückgang der Aktivität der Dopamin-Neuronen im medialen VTA (um ca. 50 %). Das medialen VTA projiziert insbesondere in den (belohnungsrelevanten) ventromedialen Nucleus accumbens. Dieser Rückgang der phasischen Dopamin-Feuerung ließ sich vollständig beheben durch eine Inaktivierung des infralimbischen PFC oder der basolateralen Amygdala, deren Hyperaktivität die phasische Aktivität dopaminerger Neuronen hemmt. Die Aktivierung des infralimbischen präfrontalen Kortex (ilPFC) kann die tonische Aktivität von Dopamin-Neuronen über die basolaterale Amygdala stark verringern.
Die Inaktivierung des ilPFC erhöht die phasische Dopamin-Neuronenaktivität über das ventrale Subiculum des Hippocampus.
Möglicherweise wird die, im Depressions-Tiermodell durch chronische milde Stressoren verursachte, verringerte phasische dopaminerge Aktivität der DA-Neuronen durch eine Hyperaktivität im ilPFC verursacht, was zu einer Übersteuerung der Amygdala und über das ventrale Pallidum zu einer Abnahme der Anzahl der im medialen (belohnungsrelevanten) VTA feuernden Dopamin-Neuronen führt.
Nicht alle Individuen sind gleichermaßen depressionsanfällig. Eine Studie selektierte Mäuse nach Depressionsanfälligkeit auf soziale Niederlagen. Drepressionsanfällige Mäuse zeigten eine Hyperaktivität der Dopamin-Neuronen ex vivo wie in vivo. Diese Depressionsanfälligkeit kann durch Bursts in DA-Neuronen reproduziert werden.
Wird die DA-Neuronen-Hyperaktivität normalisiert, legen sich die Depressionssymptome, so wie bei wirksamer Verringerung der Depressionssymptome durch Antidepressiva sich die DA-Neuronen-Hyperaktivität normalisiert.
Depressionsresilienz könnte von der homöostatischen Plastizität der intrinsischen Leitfähigkeit in VTA-Neuronen abhängen, die in den NAc projizieren. Eine völlige Unterdrückung der DA-Neuronen-Aktivität bei forciertem Schwimmen und beim Saccharose-Präferenztest bewirkte einen depressionsähnlichen Phänotyp.
Normalerweise aktiviert das ventrale Subiculum des Hippocampus (Hippocampus-vSub) den Nucleus accumbens, was das ventrale Pallidum hemmt, was die tonische dopaminerge Aktivität des VTA steigert und die Reaktion auf afferenten Antrieb erhöht.
Eine Aktivierung des ilPFC hemmt indirekt das Hippocampus-vSub und aktiviert gleichzeitig die basolaterale Amygdala, die wiederum das ventrale Pallidum aktiviert, was im Ergebnis die Aktivität der tonischen Dopamin-Neuronenpopulation verringert. Eine Aktivierung des ilPFC hemmt somit die Reaktion des Dopamin-Systems auf phasische Ereignisse über die Aktivierung der basolateralen Amygdala.
Eine Hemmung des ilPFC hebt demgegenüber die tonische Hemmung des Hippocampus-vSub auf, was die Projektionen zum Nucleus accumbens erhöht und dadurch das ventralen Pallidum hemmt, wodurch die tonische dopaminerge Aktivität erhöht wird. Eine Hemmung des ilPFC erhöht demnach die Reaktionsfähigkeit des Dopaminsystems über die Enthemmung des vSub des Hippocampus erhöht.
Eine Förderung phasischer Dopaminaktivität durch sehr niedrige extrazelluläre Dopaminspiegel dürfte nicht durch “normal niedrige” tonische Dopaminfeuerung entstehen. Erst ein abnorm niedriger tonischer extrazellulärer Dopaminspiegel (wie bei ADHS vermutet) führt zu einer Hochregulierung der Autorezeptoren, sodass auf Reize stimulierend ausgelöstes phasisches Dopamin verstärkt wird.
Medikamente, die den Dopaminumsatz im Gehirn reduzieren, wie z.B. Neuroleptika oder Reserpin, können depressive Episoden auslösen.
Umgekehrt zeigt der Dopaminagonist Bromocriptin in einigen Studien antidepressive Eigenschaften.
Ebenso zeigte sich in einer Studie an (allerdings nur 5) Depressiven eine positive Wirkung von einer augmentierenden (ergänzend zu SSRI) Gabe von Methylphenidat, das bekanntlich durch Wiederaufnahmehemmung und DAT-Efflux den Dopamin- und Noradrenalinspiegel anhebt.
Dass Anhedonie der Dysphorie ähnlicher ist als den Symptomen einer mittleren oder schweren Depression, könnte als Hinweis darauf verstanden werden, dass die ADHS-typische Dysphorie (bei Inaktivität) originär durch den ADHS-typischen Dopaminmangel (vorrangig im Striatum) verursacht wird. Dies würde auch erklären, warum eine Stimulanzienbehandlung (insbesondere durch Amphetaminmedikamente) die Dysphorie positiv beeinflussen kann. Zudem tritt Anhedonie auch als originäres ADHS-Symptom auf.
Chronischer Stress korreliert mit einer Dopaminverarmung im Gehirn und ist mit dopaminerg wirksamen Substanzen therapierbar. Mehr hierzu unter ⇒ Veränderung des dopaminergen Systems durch chronischen Stress im Beitrag ⇒ ADHS als chronifizierte Stressregulationsstörung im Kapitel ⇒ Stress.