Stimulanzien (Methylphenidat / MPH und Amphetaminmedikamente / AMP) sind in Deutschland (neben vielen anderen Stoffen) rechtlich Betäubungsmittel (BtM). Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Regularien für diese Stimulanzien zur Einfuhr aus Deutschland und für den Besitz in anderen Ländern.
Eine weitere Darstellung findet sich beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter Reisen mit Betäubungsmitteln.
1. Mitnahme von Stimulanzien bei Reisen in Länder im Schengener Abkommen¶
Bei Reisen in EU Länder, die Mitglieder des Schengener Abkommens sind, dürfen Betäubungsmittel, die aufgrund ärztlicher Verschreibung erworben wurden, in der für die Dauer der Reise angemessenen eigenen Bedarfsmenge als Reisebedarf ein- und ausgeführt werden.
Dazu muss eine vom Arzt ausgefüllte Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung nach Artikel 75 des Schengener Durchführungsabkommens mitgeführt werden. Download der Schengen-Bescheinigung.
Die Bescheinigung muss von der im jeweiligen Bundesland zuständigen Landesgesundheitsbehörde beglaubigt werden.
Für die Beglaubigung ist die Vorlage des Personalausweises oder Reisepasses erforderlich und gebührenpflichtig (z.B. in Berlin 5 EUR, woanders auch 35 EUR).
Mitnahme ist nur durch Betroffene selbst zulässig, nicht durch Dritte.
Die Bescheinigung ist 30 Tage ab Ausstellung gültig.
Medikamente und Bescheinigung sollten bei Flugreisen zusammen im Handgepäck befördert werden.
Download der [Liste der zuständigen Landesgesundheitsbehörden in den deutschen Bundesländern](https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Bundesopiumstelle/Betaeubungsmittel/Reisen/LaenderlisteBtM.pdf?__blob=publicationFile 2).
Tool des RKI zur Suche nach Gesundheitsämtern in Deutschland nach Postleitzahl.
Länder im Schengener Abkommen sind:
- Belgien
- Dänemark
- Deutschland
- Estland
- Finnland
- Frankreich
- Griechenland
- Island
- Italien
- Kroatien (seit 01.01.2023)
- Lettland
- Liechtenstein
- Litauen
- Luxemburg
- Malta
- Niederlande
- Norwegen
- Österreich
- Polen
- Portugal
- Schweden
- Schweiz
- Slowakei
- Slowenien
- Spanien
- Tschechien
- Ungarn
Den Schengen-Acquis wenden bislang nur teilweise an:
Nicht (mehr) Mitglieder des Schengener Abkommens sind
- Irland
- Zypern
- England
- Schottland
Für ein Mitführen von Stimulanzien, die innerhalb eines Landes des Schengener Abkommens zulässig erworben wurden, braucht es für dieses Land keine beglaubigte Bescheinigung.
Innerhalb eines Landes empfiehlt sich jedoch (insbesondere für Autofahrer) das Mitführen einer Bestätigung des Arztes, dass Stimulanzien verschrieben werden. Eine Hilfe kann der ADHS-Ausweis von adhspedia sein. Beim Autofahren in Tschechien könnte solch ein Ausweis indes ein Risiko darstellen (siehe unten).
2. Reisen in Länder außerhalb des Schengener Abkommens¶
Für die Mitnahmen von Stimulanzien in Länder außerhalb des Schengener Abkommens gilt grundsätzlich:
Es müssen die Vorschriften aller Transit- und Reiseländer eingehalten werden. Bei Reisen mit Auto / Bus / Bahn gilt dies auf jeden Fall. Ob bei Flügen auch die Vorschriften der Länder von Umsteigeflughäfen zu beachten sind, ist uns nicht bekannt.
- Beim entsprechenden Land informieren (Botschaft)
- Wenn Einfuhr und Besitz erlaubt sind
- mehrsprachige Bescheinigung des Arztes einholen
- mit Angaben zu
- ein- und mitzuführenden Wirkstoffen
- Einzel- und Tagesdosierungen
- Dauer der Reise
- Mitnahme von Betäubungsmitteln für max. 30 Tage
- diese Bescheinigung von der Landesgesundheitsbehörde des jeweiligen Bundeslandes beglaubigen lassen
- beglaubigte Bescheinigung während der gesamten Reise mitführen
- Wenn Einfuhr oder Besitz nicht erlaubt sind
- Verschreibung vor Ort möglich?
- Falls keine Verschreibung vor Ort möglich ist:
- Genehmigung der Bundesopiumstelle einholen
- Achtung; langwieriges Verfahren!
Eine Liste der Anforderungen findet sich beim Länderspezifische Einreisevoraussetzungen, International Narcotics Control Board.
Viele Länder haben ihre Anforderungen dort noch nicht mitgeteilt.
Die dort genannten Anforderungen sollten vorrangig befolgt werden. Unsere weiteren Hinweise hier können unrichtig oder veraltet sein.
Insbesondere muslimische Staaten haben drakonische Strafen bei Drogenbesitz.
Stimulanzien in arabische Länder mitzunehmen ist ohne umsichtige Vorbereitung nicht ungefährlich, obwohl es Medikamente sind. Hier sollte man sich genau informieren.
2.1. Japan¶
Stand: 27.09.2024
Methylphenidat darf ohne Voranmeldung oder Begleitpapiere für den eigenen Bedarf von bis zu 30 Tagen eingeführt werden. Bei einem Bedarf von mehr als 30 Tagen muss dies unter der angegebenen Mailadresse angemeldet werden. APPLICATION GUIDANCE, Narcotics Control Department: Psychotropics
Modafinil darf ebenfalls auf diese Weise eingeführt werden. Liste der auf diese Weise einführbaren Wirkstoffe.
In den FAQ am Ende der Seite wird erläutert, dass Lisdexamfetamin (Elvanse) als Rohmaterial für Stimulanzien gilt und mit einer entsprechenden Bescheinigung eingeführt werden. Der Ablauf und die erforderlichen Unterlagen werden unter APPLICATION GUIDANCE, Narcotics Control Department: Psychotropics beschrieben.
Auf der verlinkten Liste der auf diese Weise einführbaren Wirkstoffe ist Lisdexamfetamin jedoch nicht aufgeführt.
Wir empfehlen daher, unter der angegebenen Mailadresse nachzufragen.
Adderall darf gar nicht nach Japan eingeführt werden.
Ebenso darf medizinisches Cannabis nicht eingeführt werden. Dronabinol, ein synthetisch hergestelltes Cannabinoid, darf jedoch als Narkotikum mit den hierfür oben beschriebenen Anforderungen eingeführt werden.
2.2. Nepal¶
Nepal ist der Besitz und die Einfuhr verschiedener Medikamente untersagt. Darunter fallen
- Amphetaminmedikamente
- Vitamine in verschiedenen Kombinationen und Grenzwerte
Methylphenidat ist nicht untersagt. Ob Einfuhr und Besitz weiteren Restriktionen unterliegen, ist uns nicht bekannt.
Download: Liste der in Nepal untersagten Medikamente.
2.3. Türkei¶
Laut Auskunft der Türkischen Botschaft in Berlin von August 2022 genügt für Einfuhr und Besitz von Stimulanzien in einer für die Reisedauer erforderlichen Menge eine ärztliche Bescheinigung. Die Beglaubigung entsprechend dem Schengener Abkommen schadet jedoch nicht.
Die Anforderungen laut dem International Narcotics Control Board sind dagegen deutlich strenger. Beispielsweise muss die Bescheinigung 3 Tage vor Antritt der Reise an eine türkische Behörde gesendet werden.
Im Juni 2023 gab eine türkische Botschaft in Deutschland folgende Auskunft:
“Damit Passagiere Medikamente und medizinische Geräte (u.a. Nahrungsergänzungsmittel) zur persönlichen Behandlung mitbringen können, müssen sie der Zollbehörde ein Dokument vorlegen, das nachweist, dass diese Medikamente bzw. medizinischen Geräte während der Reise eingenommen werden müssen. Atteste, die vom Arzt oder Krankenhaus ausgestellt wurden oder vom Arzt verschriebene Rezepte sind in diesem Zusammenhang zulässig. Im Weiteren wird empfohlen, eine Schengen-Bescheinigung vom Arzt ausstellen zu lassen (die Schengen-Bescheinigung braucht beim Gesundheitsamt nicht beglaubigt zu werden).
Gleichzeitig ist zu beachten, dass nur die Menge an Medikamenten sowie Tabletten eingeführt werden darf, die Sie auch tatsächlich während Ihres Aufenthaltes in der Türkei benötigen. Hierbei ist wichtig, dass der Verdacht auf ein gewerbliches Handel mit den Produkten nicht bestehen darf.
Das Einführen von Cannabis, Marihuana und Hanf in Form von Blüte, auch zur Verwendung als Medikament, ist nicht erlaubt.“
2.4. USA und Kanada¶
Angeblich soll für eine Einfuhr und Mitführung in den USA die ärztliche Bescheinigung (Formular siehe oben, International Narcotics Control Board) und die Medikamente in der Originalverpackung ausreichen.
2.5. Vereinigte Arabische Emirate (VAE)¶
Es bestehen Einfuhrbeschränkungen/-verbote, unter anderem für Methylphenidat.
Bei gesetzeswidriger Einfuhr von Medikamenten drohen Haftstrafen.
Vor der Einreise kann bei den zuständigen Generalkonsulaten eine gesonderte Einfuhrgenehmigung beantragt werden.
3. Autofahren unter Medikation¶
Autofahren unter Stimulanzien soll auch in Deutschland rechtswidrig sein, Genaueres ist uns bislang nicht bekannt.
Bei Strafverfahren aufgrund von nationalem Recht, die die medizinisch notwendige und zulässige Einnahme von Medikamenten (die, wie im Fall von ADHS, die Verkehrssicherheit erhöhen) betreffen, wäre im Einzelfall zu prüfen, ob die angewendeten nationalen Vorschriften gegen höherrangiges Europarecht verstoßen.
3.1. Tschechien: Totalverbot von Stimulanzien beim Autofahren¶
Eine Auskunft des tschechischen Innenministeriums bestätigte, dass bei jedem Nachweis von Amphetaminen im Blut ein Strafverfahren und ein Führerscheinverlust droht.
Lisdexamfetamin steht seit 2017 in der tschechischen Liste der BTM, bei der die Führung eines Kfz verboten ist.
Methylphenidat ist ebenfalls betroffen.
Gesetz über den Landverkehr, TEIL EINS TITEL VI, § 125c
“Die Stoffe stehen auf der Liste der Betäubungsmittel und psychotropen Stoffe (Regierungsverordnung Nr. 463/2013, Liste Nr. 5). Der Fahrer darf unmittelbar nach der Einnahme oder unter dem Einfluss dieser Stoffe kein Kraftfahrzeug führen.”
Dies gelte ganz ausdrücklich auch dann, wenn diese aus der ordnungsgemäßen Einnahme verschriebener ADHS-Medikamente resultierten.
Es gibt Abstufungen je nach Wirkstoffkonzentration im Blut, aber selbst bei der geringsten messbaren Blutkonzentration ist die Strafe für Autofahrer enorm. Es droht eine Geldstrafe von 1000 bis 2000 Euro sowie Fahrverbot von 1 bis 2 Jahren in Tschechien. Bisher gibt es in den Statistiken allerdings keinen registrierten Fall, dass die tschechische Polizei Fälle von Lisdexamfetamineinnahme bei Autofahrern verfolgt hätte.
Dem tschechischen Gesundheitsministerium ist bekannt, dass der Wirkstoff als Medikament bei ADHS verwendet wird. Lisdexamfetamin ist jedoch in der Tschechei nicht erhältlich und eine Zulassung ist nicht geplant.
Wir gehen davon aus, dass dies für Attentin oder Amphetaminsalze erst recht gelten dürfte.
(Danke an Pedro)
3.2. Estland: Totalverbot von Stimulanzien beim Autofahren¶
Die Gesetze in der Tschechischen Republik, Estland, Polen, Slowenien und der Slowakei bestrafen das Fahren mit jeder Spur einer Substanz, auch wenn es sich um ein Arzneimittel handelt.
(Danke an Pedro)
3.3. Polen: Totalverbot von Stimulanzien beim Autofahren¶
Die Gesetze in der Tschechischen Republik, Estland, Polen, Slowenien und der Slowakei bestrafen das Fahren mit jeder Spur einer Substanz, auch wenn es sich um ein Arzneimittel handelt.
(Danke an Pedro)
3.4. Estland: Totalverbot von Stimulanzien beim Autofahren¶
Die Gesetze in der Tschechischen Republik, Estland, Polen, Slowenien und der Slowakei bestrafen das Fahren mit jeder Spur einer Substanz, auch wenn es sich um ein Arzneimittel handelt.
(Danke an Pedro)
3.5. Slowakei: Totalverbot von Stimulanzien beim Autofahren¶
Die Gesetze in der Tschechischen Republik, Estland, Polen, Slowenien und der Slowakei bestrafen das Fahren mit jeder Spur einer Substanz, auch wenn es sich um ein Arzneimittel handelt.