17. Suchtprobleme bei ADHS
Autor: Ulrich Brennecke
Review: Dipl.-Psych. Waldemar Zdero
Stoffgebundene Suchtprobleme sind ein mögliches Symptom von unbehandeltem ADHS. Bei Alkoholsucht ist das Risiko für ADHS bei jungen Männern um das 5,3-Fache erhöht. Beim Cannabiskonsum kann es eine selbstmedikamentierende Komponente geben, jedoch ist medizinischer Cannabis nur in seltenen Fällen eine geeignete Behandlungsmöglichkeit. Bei nichtmedizinischem Cannabis ist die medizinische Nutzbarkeit aufgrund der Wirkstoffschwankungen fraglich.
Im Bereich der nicht stoffgebundenen Süchte zeigt sich eine höhere Videospielzeit als Folge, aber nicht als Ursache von ADHS. Bei Internetsucht und Handysucht besteht eine erhöhte ADHS-Symptomatik. Es besteht eine Korrelation zwischen überhöhter Handybenutzung und Impulsivität sowie einer Reihe weiterer psychischer Erkrankungen.
ADHS-Medikamente verringern das Suchtrisiko erheblich.
17.1. Stoffgebundene Süchte bei ADHS
17.1.1. Alkoholsucht bei ADHS
Kurzfristiger Alkoholkonsum verringert Stresssymptome. Langfristiger Alkoholkonsum erhöht sie dagegen.
Bestand neben einer Alkoholsucht eine weitere stoffgebundene Sucht, war bei jungen Männern die Wahrscheinlichkeit einer Komorbidität mit ADHS 5,3-fach erhöht.1
17.1.2. Cannabiskonsum und ADHS
Cannabis kann bei ADHS eine selbstmedikamentierende Komponente haben. Diese tritt bereits bei Dosen ein, die keine Rauschwirkung haben (Microdosing). Gleichwohl ist nichtmedizinischer Cannabis keine angemessene Behandlung und medizinischer Cannabis nur in sehr seltenen Konstellationen eine mögliche Medikation.
Dosierungen, die eine Rauschwirkung verursachen, stellen keine seriöse medizinische Bedeutung dar. Bei nichtmedizinischem Cannabis ist aufgrund der hohen Wirkstoffschwankungen eine medizinische Nutzbarkeit grundsätzlich fraglich.
Mehr hierzu unter ⇒ Cannabinoiderge Medikamente bei ADHS und ⇒ Substanzmissbrauch mit Selbstmedikationswirkung bei ADHS.
17.2. Nicht stoffgebundene Süchte
17.2.1. Videospielsucht bei ADHS
ADHS scheint eine höhere Videospielzeit auszulösen, während mehr Videospielzeit keine Erhöhung von ADHS bewirkt.2
Internetspielsucht und ADHS scheinen dieselbe verringerte funktionelle Konnektivität zwischen PFC und subkortikalen Gehirnregionen aufzuweisen, die jeweils nach 1 Jahr medikamentöser Behandlung zurückging.3
Eine Studie fand einen Zusammenhang zwischen Internetspielsucht und Unaufmerksamkeit. Sie fand außerdem, dass dieser Zusammenhang durch eine vertikale individualistische kulturelle Orientierung ohne signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschied verstärkt wurde.4
17.2.2. Internetsucht und ADHS
Von 650 Jungen einer High-School zeigten 12 bis 15 % eine ausgeprägte Internetsucht. Diese ging mit erhöhter ADHS-Symptomatik einher.5
Internetsucht wurde durch eine Studie in zwei Subtypen unterschieden: einen Subtyp, der mit Impulsivität und ADHS-HI korrelierte und einen anderen Subtyp, der mit Zwanghaftigkeit korrelierte.6
Eine Studie fand, dass Internetsucht bei ADHS mit motivationaler Dysfunktion, nicht aber mit exekutiver Dysfunktion korrelierte.7
17.2.3. Handysucht bei ADHS
Überhöhte Handybenutzung korreliert mit Impulsivität8 und betraf 20,1 % der teilnehmenden studentischen Probanden.
Überhöhte Handybenutzung korrelierte weiter mit höheren Werten an
- Alkoholkonsum
- sexueller Aktivität
- PTBS/PTSD
- Angststörungen
- Depressionen
Handysucht korrelierte in einer Studie unmittelbar mit ADHS, Depression, Angst und Stress, nicht aber mit Schlafdauer.9
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