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Tonisches Feuern bezieht sich auf die anhaltende Aktivität eines Dopamin-Neurons bei 0,2-10 Hz, die reizunabhängig durch zellautonome Schrittmacherimpulse vermittelt wird.
Burst-Feuern ist durch kurze Ausbrüche von Aktionspotenzialen (3 - 10 Spikes, >10 Hz) eines Dopamin-Neurons als Reaktion auf Umweltreize gekennzeichnet. Bursts werden in der Regel durch die Aktivierung von NMDA-Rezeptoren über exzitatorische Eingänge verursacht. Burst-Feuern wird manchmal auch als phasisches Feuern bezeichnet, was die Synchronität der Aktivität von Dopamin-Neuronen aufgrund gemeinsamer Inputs betont.1
Tonisches und phasisches Feuern ist von tonischer und phasischer Freisetzung zu unterscheiden.
Feuerraten somatischer Dopamin-Neuronen werden nicht linear in eine axonale Dopaminfreisetzung umgesetzt, da die Freisetzung einer starken kurzfristigen Depression unterliegt. Zudem erfolgt ein knappes Drittel der tonischen Freisetzung ohne somatisches Feuern.1
Phasisches Dopamin wird in den synaptischen Spalt ausgeschüttet. Sofern es dort nicht wiederaufgenommen wird, wie z.B. bei DAT-KO-Ratten, diffundiert es ganz langsam in den Extrazellulärraum und führt mittelbar zu extrazellulärem Dopamin.
Tonisches Dopamin wird dagegen direkt in den Extrazellulärraum abgegeben. Tonisches Dopamin führt daher unmittelbar zu extrazellulärem Dopamin.
Extrazelluläres Dopamin kann über Autorezeptoren der Präsynapse die phasische Dopaminausschüttung der sendenden Nervenzelle regulieren. Dieser Einfluss ist nicht auf die unmittelbare Präsynapse beschränkt, sondern kann auch benachbarte Neuronen steuern.
Zuweilen wird extrazelluläres Dopamin ungenau als tonisches Dopamin bezeichnet und umgekehrt. Extrazelluläres Dopamin kann jedoch auch aus weiteren Quellen stammen kann, z.B. aus einem DAT-Efflux oder aus Diffusion von (zuvor phasisch ausgestoßenem) Dopamin aus dem synaptischen Spalt.
Bei ADHS-Betroffenen fand eine PET-Studie im Nucleus caudatus eine verringerte Dopaminausschüttung in Ruhe (“tonisches Dopamin”) und eine erhöhte Dopaminausschüttung während eines Flanker-Tasks (“phasisches Dopamin”). In anderen Teilen des Striatum war dies tendenziell ähnlich, jedoch nicht signifikant. Dies stützt die Hypothese überaktiver DAT.2
Mehr zu tonischem und phasischem Dopamin in verschiedenen Erklärungsmodellen von ADHS siehe unter ADHS - Störungen des Dopaminsystems
Extrazelluläres Dopamin ist außerhalb der Zelle befindliches Dopamin. Eine vollständige Entfernung von extrazellulärem Dopamin führt zu Parkinson-ähnlichen Zuständen, was für eine funktionelle Rolle des extrazellulären (= basalen) Dopamins spricht.3
Über den Ursprung extrazellulären Dopamins herrscht Uneinigkeit.
Die unterschiedlichen Ergebnisse könnten daraus resultieren, dass in Laborstudien häufig eine niederfrequente elektrische Stimulation verwendet wird, um eine tonische Freisetzung zu imitieren. Dadurch wird jedoch nicht das stochastische Merkmal der zufälligen Aktivierung von Neuronen nachgeahmt, das für die tonische Freisetzung typisch ist, sondern es werden (durch das gleichzeitige elektrische Signal) viele Axone gleichzeitig rekrutiert und somit das wesentliche Merkmal einer phasischen Freisetzung nachgeahmt. Zudem würden Frequenzen verwendet, die höher seien als in vivo für tonische Ausschüttung üblich.
Weiter besteht eine sehr unterschiedliche Vorstellung oder Definition von tonischem und phasischem Dopamin (Bursts), die es sehr erschwert, einheitliche Ergebnisse zu finden (siehe hierzu unten Marinelli im Absatz Burst sind dimensional.
Auffassung: extrazelluläres Dopamin resultiert aus tonischer Feuerung
In vivo (an lebenden Tieren, maßgeblich) fand eine Studie, dass eine Inaktivierung des ventralen Pallidums (was nur die Populationsaktivität, also die Menge der zum Feuern bereiten und in der Folge tonisch aktiven Neuronen, nicht aber die Bursts selbst erhöht) einen signifikanten Anstieg des extrazellulären Dopaminspiegels im Nucleus accumbens um bis zu rund 50 % verursachte, der während der gesamten 1-stündigen Aufzeichnungszeit anhielt. Eine Provokation von phasischer Dopaminausschüttung erhöhte den extrazellulären Dopaminspiegel dagegen nicht.4 Nach diesem Modell wird in vivo phasisch ausgeschüttetes Dopamin durch DAT wiederaufgenommen, bevor es die Synapse verlässt. Diese Sichtweise teilten Stimmen, wonach neben der tonischen Ausschüttung von Dopamin (in eher geringen Mengen) über Varikositäten direkt in den extrazellulären Raum bei einem (phasischen) Dopaminburst eine große Menge Dopamin in den synaptischen Spalt ausgeschüttet werde, von wo es in den Extrazellulärraum diffundiere.5
Extrazelluläres Dopamin ist somit das Ergebnis einer tonischen und/oder phasischen Dopaminfreisetzung.
Dies deckt sich mit der Auffassung von Gatzke-Kopp et al. und Liu et. al.6 Der basale Dopaminspiegel setzt sich nach dieser Auffassung aus einer Vielzahl kleiner, kurzlebiger tonischer Dopaminspitzen zusammen.
Die tonische Signalisierung werde jedoch durch diese kurzlebigen Dopaminsignale in der Nähe der Freisetzungsstellen vermittelt, nicht durch den extrazellulären Dopaminspiegel selbst.1
Auffassung: extrazelluläres Dopamin resultiert aus phasischer Feuerung
Eine andere Studie zum Ursprung extrazellulären Dopamins fand, dass dieses in vivo größtenteils aus phasischen Dopaminfreisetzungen resultiert, die über die Zeit gemittelt werden, und nicht aus einer tonischen Freisetzung durch einzelne Spikes.3 Marinelli et al7 halten es unter anderem wegen der geringen präsynaptischen Freisetzungswahrscheinlichkeit und der engen Kontrolle der Dopamin-Diffusion durch DAT für unwahrscheinlich, dass einzelne (tonische) Spike-Aktivitäten zu einer signifikanten Dopaminfreisetzung führen.
Auch in vitro (im Labor, weniger maßgeblich) soll durch elektrische Stimulation provoziertes phasisches Dopamin mehr zum extrazellulären Dopamin beitragen als tonisches Dopamin.8 Der basale (extrazelluläre) Dopaminspiegel entstehe demnach:
zu 70 % durch das Feuern von Aktionspotenzialen (Bursts)
Eine Blockade der Aktionpotentiale verringerte den extrazellulären Dopaminspiegel um 70 %9
zu 30 % unabhängig von Aktionspotenzialen und den Proteinen der aktiven Zone RIM und Munc, zum Beispiel durch spontane vesikuläre Fusion (tonische Ausschüttung)
Nach Floresco et al. genüge selbst eine hohe tonische Feuerung nicht für so hohe extrazelluläre Dopaminspiegel, dass die D2-Autorezeptoren aktiviert werden. Hierfür könnten weitere Einflüsse, wie z.B. ein DAT-Efflux, erforderlich sein. Eine Steigerung der Populationsaktivität, die das tonische Feuern erhöht, steigert zugleich den Dopamin-Efflux im ventralen Striatum. Dies deckt sich damit, dass der tonische extrasynaptische Dopaminspiegel von einer DAT-DA-Wiederaufnahme wenig beeinflusst wird.4
Konträr hierzu beschreiben Sulzer et al. die Dopamin-Wiederaufnahme im intakten Striatum als den primären Clearence-Mechanismus von tonisch freigesetztem Dopamin.10
Auffassung: extrazelluläres Dopamin resultiert aus tonischer und phasischer Feuerung, Efflux und Volumentransmission
Wir gehen davon aus, dass extrazelluläres Dopamin eine Vielzahl von Dopaminquellen hat:
tonische Feuerung, wenn auch möglicherweise in eher geringem Umfang
phasische Feuerung
Efflux aus Dopamintransportern, ggf. auch aus Noradrenalintransportern
Volumentransmission
Dopaminrezeptoren können sich auch außerhalb des synaptischen Spalts befinden und Dopamin aus entfernten Quellen aufnehmen (Volumentransmission). Voraussetzung für die Volumentransmission sollen “offene” Synapsen sein, die einen Überlauf (spillover) des ausgestoßenen Dopamins in den Extrazellulärraum erlauben. Diese seien im Dopaminsystem häufig.11
Schätzungen des extrazellulären Dopaminspiegels im Striatum konsolidieren sich im niedrigen nanomolaren Bereich (20–30 nM)3. Einzelne Angaben lagen zwischen 4,2 nM12, 2 bis 20 nM1, 5 bis 26 nM1314 oder bis hin zu 2,5 μM.3
Eine Studie hat in vivo mittels “Fast-Scan kontrollierter Absorptionsvoltammetrie” tonische Dopaminkonzentrationen von 90 nM (± 9 nM) und einen Dopamin-Diffusionskoeffizienten von 1,05 (± 0,09 ×10-6 cm²/s) im Mäusegehirn gemessen.15
Die extrazelluläre DA-Konzentration ist im NAc niedriger als im dorsalen Striatum.8
Auch hier bestehen sehr unterschiedliche Auffassungen. Viele Studien und Veröffentlichungen unterscheiden zudem sprachlich nicht zwischen tonischer Dopaminfeuerung und extrazellulärem Dopaminspiegel, sodass nicht immer erkennbar ist, was überhaupt gemeint ist.
Wir meinen herauszulesen, dass die meisten Studien, die die Wirkung von tonischem Dopamin beschreiben, ohne “tonisch” genauer zu definieren, eher die Wirkung des extrazellulären Dopaminspiegels meinen. Deshalb geben wir diese Studien an dieser Stelle wieder. Sofern Studien explizit die tonische Feuerung benennen, haben wir dies deutlich gemacht. Andernfalls haben wir “tonisch” in Anführungszeichen gesetzt.
Nach einer Auffassung werde tonische Signalisierung nicht durch den extrazellulären Dopaminspiegel vermittelt, sondern durch die kurzlebigen tonischen Dopaminsignale selbst, in der Nähe der Freisetzungsstellen.1
Nach anderer Auffassung reguliert der extrazelluläre Dopaminspiegel die durch Stimuli ausgelösten phasischen Dopaminreaktionen über D2-Autorezeptoren herunter. “Tonisches” Dopamin (“tonisch” meint: unklar, ob das tonische Signal selbst oder ein daraus resultierender extrazellulärer Dopaminspiegel) vermittelt die regulierende (inhibierende) Kontrolle des PFC auf das ventrale Striatum, hemmt also die (phasische) Aktivität des Striatums. Auf Belohnungsreize feuert das Striatum phasisch dopaminerg und aktiviert dopaminerge postsynaptische Rezeptoren. Die “tonische” Kontrolle ist also hemmend und moduliert das exzitatorische phasische Feuern auf Belohnungsreize.6
In der NAc-Hülle korrelierte eine verringerte tonische DA-Freisetzung mit einer stärkeren DA-Freisetzung während der phasischen Stimulation.
Im dorsolateralen Striatum, das eine höhere tonische DA-Freisetzung aufwies, war die durch Bursts evozierte DA-Freisetzung über einen weiten Frequenzbereich (5-80 Hz) und Burstlängen (1-20 Spikes/Burst) relativ konstant. Dies deckt sich mit früheren Studien, die eine umgekehrte Beziehung zwischen der durch Aktionspotenziale ausgelösten Freisetzungswahrscheinlichkeit und dem Grad der frequenzabhängigen Freisetzung zeigen.
Eine Blockade von DAT oder D2-Autorezeptoren verstärkte vornehmlich die tonische Dopaminfeuerung. Eine Blockade der nikotinischen β2-Acetylcholinrezeptoren unterdrückte tonische Dopaminfeuerung. Eine Unterdrückung der tonischen Dopamin-Freisetzung erhöhte den Kontrast zwischen phasischer und tonischer Dopaminfeuerung.8
Die Aktivierung von Glutamatrezeptoren im VTA stimuliert die tonische (basale) Dopaminfreisetzung in terminalen Regionen, einschließlich des Nucleus accumbens. Inputs des Hinterhirns aus dem laterodorsalen tegmentalen Kern (LDT) regulieren die Auslösung der phasischen Dopaminaktivität im VTA. Eine Gabe von iGluR-Agonisten (AMPA oder NMDA) erhöhte das tonische Dopamin im NAc und verringerte das LDT-vermittelte phasische Dopamin im NAc. Eine der NMDA-Gabe folgende D2-Autorezeptor-Agonisten-Gabe (Quinpirol) in das VTA begrenzte die NMDA-vermittelte Erhöhung von tonischem Dopamin im NAc und hob die durch NMDA ausgelöste Abschwächung des LDT-vermittelten phasischen NAc-Dopamins teilweise auf. Eine Infusion des D2-Autorezeptor-Agonisten Quinpirol alleine dämpfte das tonische und das LDT-vermittelte phasische Dopamin.16
Ein abnorm niedriger tonischer extrazellulärer Dopaminspiegel (z.B. bei ADHS) führt zu einer Hochregulierung der D2-Autorezeptoren, sodass stimulierend ausgelöstes phasisches Dopamin verstärkt wird.17
Nach Grace ist ADHS geprägt von diesem Muster eines abnorm niedrigen tonischen (extrazellulären) Dopaminspiegels, der eine überhöhte phasischen Dopaminausschüttung auslöst.18 Wir vermuten allerdings, dass dies nur eine von verschiedenen Optionen eines dopaminergen Ungleichgewichts ist, das ADHS auslöst. Möglicherweise zeigen Subtypen hier unterschiedliche Muster.
6.1.3.2. Extrazelluläres (“tonisches”) Dopamin reguliert Nutzung von Erlerntem / Rigidität¶
Der Wechsel einer Reaktionsstrategie aufgrund geänderter Kriterien zur Erreichung der Ziele erfordert eine Verringerung des “tonischen” Dopamins.19 Dauerhaft erhöhtes “tonisches” Dopamin bewirkt daher Rigidität.20 Zuvor gelernte Assoziationen zwischen Hinweis und Belohnung wurden in vivo durch kontinuierliche tonische Feuerung vom VTA in den PFC aufrechterhalten, auch wenn sie nicht mehr gültig sind.21
Eine Studie verglich DAT-KD-Mäuse und Wildtyp-Mäuse in einer Umgebung, in der Nahrung ausschließlich durch die Betätigung von zwei Hebeln erlangt werden konnte. Die Anzahl der erforderlichen Hebeldrücke für das Futter wechselte zwischen den beiden Hebeln häufig hin und her. DAT-KD-Mäuse (= verringerte DA-Wiederaufnahme = erhöhtes extrazelluläres Dopamin) betätigten häufiger die teuren Hebel und arbeiteten somit härter für ihre Nahrung. Die Geschwindigkeit der Reaktion auf Veränderungen der Hebelkosten war vergleichbar schnell. DAT-KD-Mäuse zeigten ein normales Lernen aus der jüngsten Belohnungsgeschichte: Die Hebelwahl war weniger stark an die Belohnungsgeschichte gekoppelt. Erhöhtes extrazelluläres Dopamin scheint die Fähigkeit zu verringern, aus dem Gelernten einen Nutzen zu ziehen.22
Dies deutet unseres Erachtens weiter darauf hin, dass phasisches Dopamin bei der DAT-KD-Maus nicht beeinträchtigt ist, da die Hypothese, dass Dopamin beim Erlernen von Handlungswerten eine Rolle spielt, weitgehend auf Aufzeichnungen phasischer Dopaminreaktionen basiert.2324
6.1.3.3. Extrazelluläres (“tonisches”) Dopamin codiert Maß der Motivation (?)¶
Der Hypothese, dass extrazelluläres Dopamin das Maß der Motivation codiert, solle laut Berke entgegenstehen, dass die extrazellulären Dopaminspiegel sich innerhalb eines Individuums kaum ändern und dopaminerge Zellen nicht zwischen aktiven und stillen Zuständen wechseln könne. So seien keine extrazellulären Spiegeländerungen durch Zusammenwirken mehrerer dopaminerger tonischer Quellen im Sinne eines Clusters beobachtet worden.25 Letztere Auffassung steht allerdings in deutlichem Gegensatz zu den Darstellungen von u.a. Grace und Marinelli.
Dopamin beeinflusst das Intervall-Timing. Ähnlich wie beim Verstärkungslernen scheint extrazelluläres Dopamin auch hier in zwei Richtungen zu wirken:26
Dopamin moduliert die Geschwindigkeit des internen Timing-Mechanismus
akuter DA-Anstieg beschleunigt die innere Uhr
akuter DA-Abfall verlangsamt die innere Uhr
Parkinson-Patienten zeigen unmedikamentiert (chronisch DA-depletiert) eine veränderte Zeitwahrnehmung: Die “zentrale Tendenz” ist ausgeprägter, was bedeutet, dass beim Lernen von Intervallen unterschiedlicher Dauer kürzere Intervalle überproduziert und die längeren Intervalle unterproduziert werden. Eine DA-Supplementierung bei diesen Patienten behebt diese Timing-Veränderung.27
Geringe bis mäßige Stresswerte erhöhen den extrazellulären7 Dopaminspiegel im Nucleus accumbens2829, jedoch nur in der NAc-Shell, nicht im NAc-Kern3031 und PFC2829, während hohe Stresswerte (intensiv, chronisch oder unvorhersehbar) den Dopaminspiegel verringern3233. Der Dopaminspiegelanstieg ist im PFC größer als im Striatum; innerhalb des striatalen Komplexes ist er in der NAc-Shell am größten.347
Die meisten Stressoren erhöhen das extrazelluläre Dopamin durch einen Anstieg des Dopamin-Effluxes, einen Anstieg der neuronalen Aktivität bei der Gesamtfeuerungsrate und/oder der Bursts:7
Nahrungsrestriktion/-entzug
Fesselungsstress
Soziale Niederlagen
Kälteschwimmen Chronische Stressoren (Chronische Kälteexposition, chronischer leichter Stress) führen nachweislich zu einer Abnahme der Populationsaktivität, d. h. der Zahl der aktiven Neuronen, jedoch nur im medialen und zentralen VTA, nicht im lateralen VTA, und ohne die Feuerungsfrequenz zu verringern. Bursts wurden bei chronische Kälteexposition leicht erhöht.
Stressoren, die die Dopaminfeuerung erhöhen, erhöhen zugleich das Risiko von Sucht und Suchtrückfällen, die durch Blockade von Dopaminrezeptoren verhindert werden.
Die tonische Freisetzung erzeugt in unregelmäßigen Abständen kurzlebige Dopamintransienten von einigen Millisekunden, an denen nur ein Teil der Dopaminneuronen beteiligt ist. Tonisches Dopamin wird nicht in die Synapse, sondern in den extrazellulären Raum freigesetzt und verteilt sich dort schnell. Der basale (extrazelluläre) Dopaminspiegel ist das Ergebnis eines Gleichgewichts zwischen tonischer Freisetzung und DAT- (und NET)-Wiederaufnahme. Der basale Dopaminspiegel liegt unterhalb der Aktivierungsschwelle der meisten Dopaminrezeptoren. Vermutlich setzt sich der basale Dopaminspiegel aus einer Vielzahl kleiner, kurzlebiger Dopaminspitzen zusammen. Die tonische Signalisierung dürfte durch diese kurzlebigen Dopaminsignale in der Nähe der Freisetzungsstellen vermittelt werden, nicht durch den basalen Dopaminspiegel selbst.1
Tonische Dopaminausschüttung erfolgt insbesondere aus Varikositäten, also extrasynaptisch, in den Extrazellulärraum. Von dort diffundiert Dopamin zu Autorezeptoren oder zu (extrasynaptischen) Rezeptoren des eigenen Neurons oder anderer, teilweise relativ weit entfernt liegender, Neurone (Volumentransmission). Dopamin wird im Extrazellulärraum durch COMT abgebaut.35
Über den Zweck und die Wirkung tonischer Feuerung bestehen kontroverse Hypothesen:
Da tonisches Dopamin nicht in die Synapse abgegeben wird, löse es kein Signal an den postsynaptischen Rezeptoren aus. Es aktiviert lediglich präsynaptische Autorezeptoren (auch von benachbarten Nervenzellen), was wiederum die phasische Dopaminausschüttung ihrer Nervenzelle bremsen kann (negative Rückkopplung).35
Das tonische Dopamin schafft in den nachgelagerten neuronalen Strukturen (z.B. im Nucleus accumbens) ein konstantes Dopaminlevel von 4 bis 10 nanoMol, das ausreichend ist, um hoch-affine D2-Rezeptoren zu aktivieren, nicht aber die weniger affinen D1-Rezeptoren.36 Nach anderer
Tonisches nanomolares Dopamin wirkte an D1Rezeptoren bei Krebsen, um aktivitätsabhängig die Aufrechterhaltung der Phase im lateralen Pylorusneuron zu unterstützen. Phasisches Dopamin kann offenbar homöostatische Mechanismen aktivieren, die die motorische Netzwerkleistung aufrechterhalten.37
Der phasische “Hintergrund”-Dopaminspiegel scheint keine D2-Autorezeptor-Rückkopplungsdepression auszulösen. Offenbar ist der durch tonische Feuerung erreichte extrazelluläre Spiegel zu niedrig, um die gering-affinen D2-Rezeptoren zu stimulieren.38
In vivo feuern VTA-Dopamin-Neuronen betäubter erwachsenen Ratten mit einer Frequenz von rund 4,5 Hz (0,5 bis 10 Hz). Diese Aktivität unterliegt einer Normalverteilung. Die meisten Zellen feuern mit etwa 4 Hz39 / 4 Hz 4041 / 4 bis 5 Hz7 Liu et al nennen 0,2 bis 10 Hz.9
Dieser zeitliche Abstand der tonischen Feuerung (250 ms / 4 Hz) ermöglicht eine maximale Autoinhibition tonischer Feuerung via D2-Autorezeptoren, da die Unterdrückung der DA-Ausschüttung durch D2-Autorezeptoren in vivo nach rund 150 bis 300 ms begann und rund 600 ms andauerte. Bursts sind demgegenüber in der Regel abgeschlossen, bevor die Autoinhibition beginnt.38 In vivo feuern Dopamin-Neuronen tonisch in einem langsamen, aufgrund lokaler Schaltkreise und afferenter GABAerge-Eingänge unregelmäßigen, Feuerungsmuster. Ohne diese Einflüsse besteht in vitro ein sehr regelmäßiges, langsames Schrittmachermuster.42
Zum Vergleich: Die noradrenerge tonische Frequenz des Locus coeruleus liegt typischerweise zwischen 1 und 6 Hz und kann bei erheblichem Stress auf bis zu 8 bis 10 Hz ansteigen.43
Rund die Hälfte4239 bis 98 %1 der dopaminergen VTA-Neuronen ist aktiv und feuert spontan. Die inaktiven Neuronen feuern nicht spontan4239, weil sie durch einen hemmenden GABAergen Einfluss aus dem ventralen Pallidum konstant hyperpolarisiert und dadurch inaktiv gehalten werden. Eine Aktivierung von GABA-B-Rezeptoren hemmt die tonische und phasische Dopaminfreisetzung.38 Werden diese Afferenzen aus dem Pallidum unterbunden, sind die Neuronen von der GABAergen Hemmung befreit und feuern wieder spontan.44445
Veränderungen des tonischen Dopamin-Effluxes treten auf einer viel langsameren Zeitskala auf als Veränderungen des phasischen Dopamin-Effluxes.4
Tonisches Dopamin im Nucleus accumbens dürfte durch glutamaterge Afferenzen aus dem PFC reguliert werden.46
Die tonische Dopaminfeuerung im Mittelhirn verfolgt kontinuierlich Belohnungswerte, die sich von Moment zu Moment ändern. Die tonische Aktivität wird stärker durch spontane Non-Burst-Spikes hervorgerufen als durch Burst-Spikes, die eine konventionelle phasische Aktivität erzeugen.47
D-AMP und MPH, in die Bauchhöhle injiziert, beeinflussen die tonische Feuerung.48Da die Studie an lebenden, immobilisierten und teilanästhetisierten Nagetieren vorgenommen wurde, gehen wir von keiner phasischen Ausschüttung aus.
D-AMP:
2,5 mg/kg:
verringerte tonische Feuerung im Neostriatum
verringerte tonische Feuerung in Substantia nigra
5 mg/kg und 7,5 mg/kg:
erhöhte tonische Feuerung im Neostriatum
verringerte tonische Feuerung in Substantia nigra MPH:
10 mg/kg:
verringerte tonische Feuerung im Neostriatum
verringerte tonische Feuerung in Substantia nigra
20 mg/kg und 25 mg/kg:
erhöhte tonische Feuerung im Neostriatum
verringerte tonische Feuerung in Substantia nigra
Es ist offen, ob diese Studie auf AMP in Medikamentenform übertragbar ist.
Bei Studien zur Wirkung von Amphetamin muss immer beachtet werden, dass diese
AMP meist in deutlich höheren Dosen verwenden als bei einer ADHS-Medikamentierung
unretardiertes / nicht via Prodrug verlängert wirkendes AMP verwenden
AMP oft injizieren, was nochmals eine sehr viel schnellere Verstoffwechselung bewirkt
diese 3 Faktoren sich in der Wirkung multiplizieren
Unzweifelhaft wirkt AMP in Medikamentenform anders als AMP in Drogenform.
6.2.5. Verhaltenswirkung der tonischen Feuerung / des extrazellulären Dopaminspiegels¶
Aufgrund der Unklarheiten, was die meisten Studien mit “tonischem” Dopamin meinen, wenn sie dessen Wirkung beschreiben, haben wir die Ergebnisse oben unter Wirkung von extrazellulärem Dopamin zusammengefasst, sofern sie nicht ausdrücklich tonische Feuerung benennen.
Tonisch freigesetztes Dopamin scheint als Neuromodulator die Erregung striataler Projektionsneuronen zu modulieren, was wohl für die korrekte Auswahl und Ausführung von Willkürbewegungen erforderlich ist.11
Eine tonische, nicht aber eine phasische Stimulation von DA-Neuronen im VTA, scheint das Verlangen nach Alkohol zu regulieren.49
Eine hohe tonische dopaminerge Aktivität des VTA in vivo bewirkte:43
einen Verbrauch von Dopamin, das sich jedoch schneller regenerierte als Noradrenalin
eine verringerte phasische dopaminerge Übertragung bei nachfolgenden Zündungsereignissen
Eine hohe tonische noradrenerge Aktivität des Locus coeruleus in vivo bewirkte:43
eine Leerung der Noradrenalinvorräte
eine Desensibilisierung der noradrenergen postsynaptischen Erregbarkeitsreaktion
eine deutlich verringerte phasische noradrenerge Übertragung bei nachfolgenden Zündungsereignissen Akuter Stress wirkte sich primär auf die postsynaptische Reaktion aus und verringert die phasische NE-Freisetzung.43
In vivo feuern VTA-Dopamin-Neuronen betäubter erwachsenen Ratten 2 bis 6 Burst-Spikes bei 15 Hz (10 bis 20 Hz).397 Andere Quellen sprechen von 3 bis 10 Aktionspotenzialen mit 12 bis 25 Hz42 oder rund 20 Hz oder mehr40, gefolgt von einer verlängerten Post-Burst-Hemmung.42
Beim Burstfeuern wurde ein Dopaminausstoß von bis zu 0,2-1,0 μM mit einer Halbwertszeit von 0,25 ms gemessen50 und ein extrazellulärer Dopaminspiegel von 8-15 μM.13 Andere Quellen nennen bis zu 150 nM extrazelluläres Dopamin im Nucleus accumbens bei (stärkerer) in vitro-Stimulation des VTA mit NMDA.14
Dieser hohe Dopamin-Input unterdrückt die anschließende Freisetzung von Dopamin für mehrere Sekunden über D2-Autorezeptoren an dopaminergen Terminals51, höchstwahrscheinlich durch Unterdrückung axonaler Ca2+ Ströme.
6.3.4. Unterschied zwischen phasischer Dopaminfeuerung und Bursts¶
Phasische Freisetzung einerseits und Bursts (phasisches Feuern) andererseits korrelieren zwar miteinander, sind aber zu unterscheiden:1
Phasische Freisetzung ist abhängig von der gleichzeitigen Rekrutierung einer tonisch feuernden Dopamin-Neuronenpopulation und beruht auf der Synchronität zwischen den Dopamin-Neuronen. Phasische Signalisierung erfordert keine (wiederholte) Burst-Feuerung einzelner Neuronen.
Burst-Feuerung ist das Ergebnis einer synchronen Aktivierung von einzelnen Dopaminausschüttungen einer großen Anzahl verschiedener Neuronen. In der Regel ist Burst-Feuerung (mittels Aktionspotenzialen) über alle Dopamin-Neuronen hinweg synchronisiert. Der erste Spike steigert den Dopaminspiegel effizient, während die nachfolgende Aktivität aufgrund der geringeren Synchronität und des Vorhandenseins von Refraktärstellen weniger Dopamin freisetzt.
Im Striatum erhöhen spätere Burst-Spikes den Dopaminspiegel im Striatum nur wenig weiter, sondern dienen der Aufrechterhaltung der durch den ersten Spike verursachten erhöhten Spiegel, verlängern also die Verweildauer des Dopamins.
Im Nucleus Accumbens steigt der Dopaminspiegel durch weitere Burst-Spikes dagegen weiter an.
Phasische Dopaminausschüttung (Bursts) erfolgt aus den Vesikeln in die Synapse. Stimuli wie Belohnungs- oder andere Reize aktivieren kurze Salven von Aktionspotentialen aus dopaminergen Neuronen. Diese Dopaminbursts erfolgen mit rund 20 Hz und mehr8, dauern weniger als 200 ms an und schütten große Mengen an Dopamin aus Speichervesikeln in der Präsynapse in den synaptischen Spalt aus. Dieses phasisch ausgeschüttete Dopamin durchquert den synaptischen Spalt und aktiviert Rezeptoren an der Postsynapse. Nach Freigabe durch die Rezeptoren wird das Dopamin aus dem synaptischen Spalt durch Dopamintransporter in die Präsynapse zurück aufgenommen (Wiederaufnahme). In geringeren Mengen diffundiert es aus der Synapse in den Extrazellulärraum oder wird (wenn auch nachrangig) durch im synaptischen Spalt befindliches COMT abgebaut.3552
Die Anzahl der Bursts korreliert nur grob mit der Gesamtfeuerungsrate (Korrelation: r = 0,38 bis 0,41). Die Gesamtfeuerungsrate korreliert am besten mit der Nicht-Burst-Aktivität (Korrelation: 0,96).
Eine hilfreiche bildliche Darstellung der tonischen und phasischen Feuerung eines Dopaminneurons findet sich bei Marinelli et al.537
Die Dopaminfreisetzung innerhalb eines einzelnen Neurons erfolgt robust auf eine erste Aktivierung, erlahmt dann aber schnell für einige Dutzend Sekunden. Daraus folgt, dass auch tonisches Feuern zu einer sekundenlangen Erschöpfung der jeweiligen Dopaminfreisetzungsstelle führt, und die Dopaminfreisetzung als Reaktion auf jedes Aktionspotenzial weitgehend durch die Erholung dieser Freisetzungsstellen bestimmt wird. Neuronen mit geringerer (tonischer) Spontanaktivität tragen daher mehr zur phasischen Freisetzung bei, weil ihr freisetzungsbereiter Vesikelpool weniger erschöpft ist, wenn der synchronisierende Stimulus eintrifft. Bei der Burst-Feuerung führen nur die ersten paar Aktionspotenziale zu einer signifikanten Dopaminfreisetzung aus einem einzelnen Axon. Es ist also die Synchronität des Feuerns der Gruppe und nicht das Feuermuster der einzelnen Neuronen, das die Signalgebung während der phasischen Freisetzung dominiert. Diese Ansicht wird dadurch gestützt, dass bei Mäusen, denen NMDA-Rezeptoren fehlen, das Burst-Feuern stark beeinträchtigt ist, während die phasischen Dopamintransienten und die durch sie vermittelten Verhaltensweisen fortbestehen. Die phasische Freisetzung ist das Ergebnis der gleichzeitigen Aktivierung einer großen Anzahl von Dopaminfreisetzungsstellen. Die Dopamin-Wiederaufnahmemechanismen werden vorübergehend übersteuert. Dies führt zu einem erheblichen Übersprechen zwischen den Dopamin-Signalbereichen und bewirkt verlängerte Dopamin-Verweilzeiten. Bei der phasischen Signalübertragung kann der rasche Dopaminanstieg in räumlichen Bereichen von mehreren Mikrometern dazu führen, dass Dopaminrezeptoren aktiviert werden, die von den Freisetzungsstellen etwas entfernt sind. Voraussetzung für die phasische Freisetzung und Signalisierung ist eine Synchronität der Freisetzung über Dopamin-Neuronenpopulationen hinweg.1
Im dorsolateralen Striatum verstärkte eine Erhöhung der Burst-Länge von 1 bis auf 10 Impulse (bei 20 Hz) das Dopaminsignal nur mäßig, während im Nucleus accumbens die Dopaminausschüttung mit zunehmender Burst-Länge stark anstieg (in der NAc-Shell noch stärker als im NAc-Kern).40
Nach Marinelli et al. unterscheiden sich Bursts von Zelle zu Zelle, selbst unter Ruhebedingungen, in einer Vielzahl von Parametern. Zudem ist Bursting dimensional, d.h. in einem Kontinuum der Menge oder dem Maß der verschiedenen Parameter nach zu erfassen, nicht aber anhand exakter Kriterien.7
Es besteht ein sehr graduelles Kontinuum zwischen Nicht-Bursts und Bursts. Bursting weder ein “Alles-oder-Nichts”-Phänomen noch weist es eine bimodale Verteilung über die Neuronenpopulation auf. Da es keine allgemeingültige Definition von Bursts gibt, können Studien aufgrund unterschiedlich verwendeter Begrifflichkeiten zu scheinbar widersprüchlichen oder inkompatiblen Ergebnissen kommen.
Naturgemäß verändert sich die Häufigkeit von Burst-Ereignissen und ihre Eigenschaften durch Reize oder Umweltbedingungen - diese Veränderung ist quasi die Definition von Bursts.
Dennoch wird häufig beschrieben, wie Zellen, die sich in einem “Nicht-Burst-Modus” befinden (die keine Spikes in Clustern aussenden), plötzlich ihr Feuermuster in einen “Burst-Modus” ändern.
Sehr hohes oder niedriges extrazelluläres Dopamin steuert phasisches Dopamin via D2-Autorezeptoren. Siehe hierzu oben.
Das phasische Muster ist abhängig von glutamatergen afferenten Eingängen39, insbesondere aus dem pedunculopontinen Tegmentum.54
Glutamaterger Input aus dem pädunculopontinen Tegmentum wirkt an glutamatergen NMDA-Rezeptoren auf Dopamin-Neuronen aktivierend, um phasische Feuerstöße zu erzeugen, die die verhaltensrelevante schnelle (phasische) Dopamin-Reaktion erzeugen. GABA aus dem ventralen Pallidum hemmt die Dopamin-Neuronen des VTA, indem es Untergruppen von Dopamin-Neuronen durch eine Magnesiumblockade des NMDA-Kanals in einen hyperpolarisierten, nicht feuernden (stillen) Zustand versetzt, sodass diese nicht an der phasischen dopaminergen Reaktion teilnehmen können. In einem sicheren Umfeld ist der hemmende GABAerge Input hoch, die Anzahl phasisch feuerbereiter Dopaminneuronen mithin klein. Auffällige Reize lösen dann nur eine ruhige Orientierungsreaktion aus. In einer bedrohlichen Umgebung lösen auffälligen Reize leichter eine phasische Reaktion aus, da viele Dopaminneuronen feuerbereit sind. Die Wachsamkeit gegenüber der Umgebung ist erhöht und der Organismus kann sich schneller auf den Reiz einstellen und eine angemessene Reaktion vorbereiten.42
Synaptotagmin-7 scheint die phasische Dopamin-Feuerung mitzusteuern.55
In vivo steuern ATP-sensitive Kaliumkanäle (KATP-Kanäle) in DA-Neuronen der medialen Substantia nigra, die in das dorsomediale Striatum projizieren, das Umschalten von tonischer zu phasischer Aktivität. Die Koaktivierung von ATP-sensitiven Kaliumkanälen spielte in vitro eine essentielle Rolle für NMDA-Rezeptor-induzierte Bursts.56
Bei Parkinson fand sich eine transkriptionelle Dysregulation von Untereinheiten ATP-sensitiver Kaliumkanäle und ein hoher Anteil an Burstentladungsmustern in vivo in überlebenden humanen nigrostriatalen DA Neuronen. In vulnerablen Substantia nigra DA-Neuronen fand sich eine selektive Aktivierung von ATP-sensitiven Kaliumkanäle durch oxidativen Stress. Diese Ergebnisse könnten auf eine mögliche Rolle von ATP-sensitiven Kaliumkanälen im Pathomechanismus von Parkinson entweder aufgrund einer burstaktivitätsbedingten Übererregbarkeit (‘stressful bursting’ ) oder durch eine kompensatorische, homöostatische Adaptation des DA Systems im Krankheitsprozess hindeuten.56
Ghrelin im lateralen Hypothalamus (nicht aber im VTA) erhöhte die Stärke von nahrungsinduzierten Dopamin-Spikes, LV-Ghrelin-Rezeptor-Antagonisten verringerten sie. Intra-VTA-Orexin-A erhöhte diese ebenfalls, eine Intra-VTA-Blockade von Orexin-Rezeptoren schwächte sie ab. Eine Nahrungseinschränkung erhöhte die Stärke von nahrungsinduzierten Dopaminspitzen.57
6.3.7.1. Verhaltensregelung durch phasisches Dopamin¶
Phasische Dopaminsignale sind für die synaptische Plastizität, die Belohnungsverarbeitung und das Verhaltenslernen relevant.5859 Phasische Stimulation (kontinuierlich ebenso wie nach Entscheidungen, die zuvor nicht mit einer Belohnung verbunden waren) erleichtert Entscheidungen, die von zuvor erlernten Assoziationen abweicht (ermöglicht neue Erfahrungen).21
Größere phasische Reaktionen von Dopaminzellen auf Auslöser sagen kürzere Reaktionszeiten bei der gleichen Aufgabe voraus.60
Phasisches Dopamin codiert den quantitativen Belohnungsvorhersage-Fehler (RPE, Reward prediction error).616263 Der RPE ist die Differenz zwischen der erhaltenen und der vorhergesagten Belohnung.64 Dopamin-Neuronen im Mittelhirn, sowie eine Teilpopulation der Dopaminneuronen in Striatum, Amygdala und PFC
feuern dopaminerg, wenn eine Belohnung höher ist als erwartet
bleiben unverändert, wenn die Belohnung der Erwartung entspricht
verringern ihre dopaminerge Aktivität, wenn die Belohnung geringer ausfällt als erwartet
die wahrscheinlichsten Belohnungen bilden Mittelwerte. Bei zwei alternativ zu erwartenden Belohnungsbeträgen erfolgt65
keine Reaktion, wenn eine der beiden wahrscheinlichen Belohnungen oder genau der Mittelwert zwischen den Belohnungen auftritt
eine positive Reaktion für Belohnungen, die etwas über der unteren Belohnung liegen (also mehr, als wenn die obere Belohnung einträte, obwohl die Belohnung niedriger ist)
eine negative Reaktion für Belohnungen, die etwas unter der oberen Belohnung liegen (also weniger, als wenn die untere Belohnung einträte, obwohl die Belohnung höher ist)
Eine Abweichung, die nah an einem erwarteten Ergebnis liegt, wird damit als relativ zu diesem Referenzwert betrachtet, sodass dieser upgedatet wird, während ein Ergebnis, das von beiden erwarteten Referenzwerten gleich weit entfernt ist, keinen Neuigkeitswert in Bezug auf die Referenzwerte hat und daher kein Update auslöst
Während des RPE reagieren Dopaminneuronen mit kurzen, phasischen Aktivitätsschüben, z.B. auf appetitanregende Reize. Wurde gelernt, einen zuvor irrelevanten Reiz mit einer Belohnung zu assoziieren, verlagern die Dopamin-Neuronen ihre phasische Aktivierung vom Zeitpunkt des Belohnungserhalts auf den Zeitpunkt der Präsentation dieses prädiktiven Hinweisreizes. Das unerwartete Ausbleiben der Belohnung führt zu einer Unterdrückung der Aktivität der Dopamin-Neuronen.64
bei unsicherem Belohnungseintritt und Abnahme der Eintrittswahrscheinlichkeit mit fortschreitender Zeit (wie bei Menschen, die das Warten auf einen unzuverlässigen Bus aufgeben), sind beim Belohnungseintritt der Vorhersagefehler und die Dopaminreaktion umso größer, je länger die Wartezeit war.66
belohnungsvorhersagende Reaktionen in der Amygdala korrelieren ebenfalls mit der zeitlichen Belohnungswahrscheinlichkeit67
Bei verzögerter Belohnung zeigte sich ebenfalls eine Verringerung des phasischen Dopaminsignals im NAc. Der Dopaminunterschied war jedoch nur halb so groß wie hinsichtlich der Vorhersage niedriger oder hoher Kosten für die Erreichung Belohnung.68
Neben dem quantitativen Belohnungsvorhersage-Fehler (RPE, Reward prediction error) scheint Dopamin auch einen Vorhersagefehler für sensorische Vorhersagefehler zu vermitteln.697071
Phasisches Dopamin codiert vermutlich eher die Vermeidung eines aversiven Reizes als aversive Reize selbst.7261 oder die physikalische / sensorische Intensität einer Bestrafung73
Das dopaminerge Feuer auf aversive Reize codierte nicht das Maß der Aversivität
Aversive Reize bewirken nur bei wenigen Dopaminneuronen einen Dopaminausstoß
Ein Teil der dopaminergen Zellen der Substantia Nigra pars compacta dorsolateral feuerte auf aversive, überraschende oder alarmierende Ereignisse.7475 Ein anderer Teil der dopaminergen Zellen, insbesondere ventromedial und in der VTA, stellte bei aversiven Reizen seine Feuerung ein.
Eine Studie berichtet von unterschiedlichen dopaminergen Neuronen, wobei
die einen durch Belohnungen erregt und durch aversive Reize gehemmt und
die anderen durch beide Arten von Reizen aktiviert wurden.
Die Dopamin-Neuronen, die durch aversive Reize oder aversive Ereignisse vorhersagende Reize erregt wurden, fanden sich eher in der dorsolateralen Substantia nigra pars compacta, während Neuronen, die hierdurch gehemmt wurden, sich eher ventromedial, u.a. im ventromedialen VTA fanden.76
6.3.7.1.5. Phasisches Dopamin steuert Erlernen einer Reaktionsstrategie auf Verstärkung¶
Erlernen einer Reaktionsstrategie auf Verstärkung
erfolgt via phasisches Dopamin im Nucleus accumbens über D1-Rezeptoren19
Ein großer Teil der dopaminergen Neuronen der Substantia Nigra pars compacta, die sich nicht mit den auf Belohnung(serwartung) reagierenden Dopaminneuronen überschneiden, feuern phasisch vor der Einleitung einer selbstgesteuerten Bewegung. Diese Aktivität war nicht handlungsspezifisch und repräsentierte die Stärke der zukünftigen Bewegungen. Eine Hemmung dieser Zellen verringerte die Wahrscheinlichkeit und die Stärke zukünftiger Bewegungen, während eine kurze Aktivierung die Wahrscheinlichkeit und Stärke zukünftiger Bewegungen erhöhte.77 Dies könnte der Schlüssel für die bei Parkinson beobachtete Bewegungseinschränkung sein.
6.3.7.1.7. Phasisches (mesolimbisches) DA codiert den Wert von Arbeit¶
Eine Ansicht schlägt vor, dass mesolimbisches phasische Dopamin den Wert von Arbeit codiert, die zur Erreichung eines Ziels erforderlich ist, also die Notwendigkeit, Zeit und Mühe zu investieren, um die Belohnung zu erhalten.78 Der Dopaminspiegel steigt lediglich bei Signalen, die zur Bewegung auffordern, nicht aber bei Signalen, die zur Ruhe auffordern, selbst wenn diese auf eine ähnliche zukünftige Belohnung hinweisen.79
6.3.7.1.8. Dopaminreaktion auf neutrale Reize: Neuigkeit¶
Dopamin-Neuronen reagieren auch auf “neutrale” Reize ohne positive oder negative Valenz, z.B.:7
Neuigkeitwert / Unbekanntheit
Alarmsignale
Dies ermöglicht das Erlernen des Wertes neuer Reize oder Verhaltensumstellungen.80
Wenn zuvor neutrale Reize zuverlässig einen belohnenden oder aversiven Reiz vorhersagen, macht es diese zu konditionierten Prädiktoren, die eine Feuerreaktion auslösen, die dem vorhergesagten Reiz ähnelt.81
Diese Reaktionen werden vermutlich vom Kortex über den Colliculus superior gesteuert.82
6.3.7.1.9. Dopamin codiert den Nutzen einer Ressourcenaufwendung¶
Berke25 beleuchtet die Hypothese, dass Dopamin den Nutzen des Verbrauchs einer begrenzten Ressource codiert, und zwar
ökonomisch (Ressourcenverteilung) sowie
motivational (ob es sich lohnt, Ressourcen aufzuwenden)83
Der Hypothese von Beeler et al, dass Adipositas aufgrund eines Motivationsmangels zur Bewegung entstehen könnte, wobei Dopaminmangel mit Motivationsmangel korreliert, ist entgegenzuhalten, dass ADHS, das ebenfalls mit Dopaminmangel einhergeht, mit dem Symptom des “immer aktiv sein müssens” und der Hyperaktivität einhergeht. Dopaminmangel ist demnach nicht durchgängig kausal für einen “sitzenden Lebensstil, der den Energieverbrauch hemmt”.
Die Schaltungen innerhalb des Striatum sind hierarchisch organisiert: Das ventrale Striatum beeinflusst Dopaminzellen, die wiederum ins dorsale Striatum projizieren. Das ventromediale Striatum besteht bei Primaten aus der Rinde (shell), die einen begrenzten Input aus Kortex, Mittelhirn und Thalamus erhält, und dem Kern (core). Die Rinde beeinflusst dopaminerg den Kern, der Kern beeinflusst das zentrale Striatum, und das zentrale Striatum beeinflusst das dorsolaterale Striatum.8485 Dadurch kann die Entscheidung, eine Arbeit aufzunehmen, zugleich bewirken, dass die erforderlichen spezifischen, kürzeren Bewegungen verstärkt werden. Insgesamt liefert Dopamin jedoch eher “aktivierende” Signale (welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Entscheidung getroffen wird), als “richtungsweisende” Signale, die angeben, wie die Ressourcen eingesetzt werden sollen.
6.3.7.1.9.1. Dorsolaterales Striatum: Dopamin codiert die Ressource Bewegung¶
Im dorsolateralen Striatum codiert Dopamin die Ressource der Bewegung, die aufgrund des Energieverbrauchs und der Unvereinbarkeit mehrerer Handlungen zur gleichen Zeit begrenzt ist.8687 Ein Dopaminanstieg erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Individuum den Energieaufwand für eine Bewegung als lohnenswert betrachtet.8887838990 Wenn höheres Dopamin ein “Bewegung lohnt sich” codiert, besteht zwar zugleich eine Korrelation zwischen Dopamin und der Bewegung selbst, die allerdings nicht unmittelbar kausal ist.
Langsamere Dopaminaktivitäten in der Substantia nigra (die ins dorsolaterale Striatum projiziert) scheinen eine allgemeine Verhaltensaktivierung widerzuspiegeln.9192
Subpopulationen von Dopamin-Neuronen werden bei verschiedenen Aufgabenereignissen mit Bewegungen, die eine Vielzahl von Muskeln (z.B. 35 oder mehr) und sensorischen Rezeptoren beanspruchen, heterogen aktiviert oder gehemmt (Subsekunden- bis Sekundenbereich). Dopamin-Neuronen werden indes nicht bei Bewegungsabläufen von gut kontrollierten Arm- und Augenbewegungen mit wenigen beteiligten Muskeln aktiviert.
Die Substantia nigra Neuronen zeigten dabei unterschiedliche Impulsraten:
pars reticulata: Impulsdauer 0,6 bis 1,0 ms; Impulsrate 68/s (23/s bis 145/s)
pars compacta: Impulsdauer länger; Impulsrate unter 8/s
6.3.7.1.9.2. Dorsomediales Striatum: Dopamin codiert die Ressource kognitiver Prozesse¶
Im dorsomedialen Striatum codiert Dopamin nach Berke die Ressourcen der kognitiven Prozesse wie Aufmerksamkeit (die definitionsgemäß begrenzt ist)93 und Arbeitsgedächtnis.94Dopamin codiert die Beachtung auffälliger äußerer Hinweise. Die bewusste Aktivierung kognitiver Kontrollprozesse ist aufwändig.95Dopamin codiert - insbesondere im dorsomedialen Striatum96 - dass es sich lohnt, diese Anstrengung zu unternehmen, beispielsweise ob sich der Aufwand kognitiv anspruchsvollerer, modellbasierter Entscheidungsstrategien lohnt.
Dopaminmangel bewirkt hingegen, dass derartige Hinweise, die normalerweise Orientierungsbewegungen auslösen, vernachlässigt werden - als ob sie weniger Aufmerksamkeit verdienen würden.97
Regulation der kognitiven Kontrolle auch über dACC95
Eine Studie schlägt vor, dass der dorsale ACC (dACC) seine Anteile an
Belohnungsverarbeitung
Leistungsüberwachung
kognitiver Kontrolle
Handlungsauswahl
allein mittels eines einzigen Wertes durchführt, nämlich der Bewertung des Erwartungswerts der Kontrolle (EVC). Das vorgestellte normative Modell des EVC integriert drei kritische Faktoren:
den erwarteten Gewinn aus einem kontrollierten Prozess
die Menge an Kontrolle, die investiert werden muss, um diesen Gewinn zu erreichen
die Kosten in Form von kognitivem Aufwand.
Der ACC wird vornehmlich glumaterg und GABAerg gesteuert.
6.3.7.1.9.3. Ventrales Striatum (Nucleus accumbens): Dopamin codiert die Ressource Zeit und Belohnung / Motivation¶
Im Nucleus accumbens codiert Dopamin nach Berke die Ressource Zeit. Manche Belohnungen benötigen eine lange Vorarbeit von im Einzelnen unbelohnter Handlungen, z.B. bei der Nahrungssuche. Eine Entscheidung für solch zeitintensiven Arbeitsaufwand bedeutet einen Verzicht auf andere vorteilhafte Möglichkeiten der Zeitverwendung. Ein hoher mesolimbischer Dopaminspiegel codiert, dass es eine zeitlich ausgedehnte, anstrengende Arbeit für ein zeitlich entferntes Ziel lohnt. Sinkt der mesolimbische Dopaminspiegel, sinkt das Interesse an langfristiger Belohnung.
Phasisches Dopamin im ventralen Striatum (Nucleus accumbens) codiert Belohnung bzw. Motivation.87
Einfache Handlungen mit schneller Belohnung benötigen kein mesolimbisches Dopamin.98
Dopamin-Rampen stehen nicht im Widerspruch zur Hypothese der Belohnungsvorhersagefehler. RPEs können durch sensorisches Feedback im Laufe eines Versuchs ansteigen. Eine allmähliche Abschwächung der sensorischen Rückmeldung führt zu einem DA-Bump.99
6.3.7.1.11. Mangel an phasischem Dopamin bei erhöhtem tonischem Dopamin korreliert mit Psychosesymptomen¶
Ein so starker Mangel an phasischem Dopamin, dass Bursts nicht mehr möglich sind, kann in Verbindung mit hohen tonischen Feuerraten den dynamischen Bereich der DA-Signalgebung reduzieren und letztlich zu psychoseähnlichen Verhaltensweisen beitragen.
Ein solcher Zustand kann bei chronischem NMDA-Rezeptor-Mangel durch präsynaptische Anpassungsreaktionen dopaminerger Neuronen entstehen.100
6.3.7.2. Steuerung neurophysiologischer Faktoren durch phasisches Dopamin¶
Ein Computermodell fand, dass phasische Dopaminfeuerung im Vergleich zu gleichwertiger tonischer Feuerung die durchschnittliche D2-Rezeptorbelegung verringerte und die D1-Rezeptorbelegung erhöhte. Die Rezeptorbesetzung hing entscheidend von der Synchronie und dem Gleichgewicht zwischen tonischen und phasischen Feuerungsmodi ab.101
Phasische (nicht tonische) Aktivität von Dopamin-Neuronen induziert die Bildung mesofrontaler axonaler Boutons bei jugendlichen Nagetieren. Bei Erwachsenen nimmt die Wirkung der phasischen Aktivität ab. Eine Hemmung von D2-Dopaminrezeptoren stellt diese Plastizität im Erwachsenenalter wieder her.102
Eine Studie vermutet, dass diese verstärkten phasischen Reaktionen zu einer Überempfindlichkeit gegenüber Umweltreizen bei ADHS führen. Stimuli, die eine mäßige Erregung des Gehirns hervorrufen, führen zu einer gut funktionierenden Leistung, während entweder zu wenig oder zu viel Stimuli die kognitive Leistung abschwächen. Starke, auffällige Reize können die Aufmerksamkeit leicht stören, während eine Umgebung mit wenig Reizen eine geringe Erregung verursacht, die in der Regel durch Hyperaktivität kompensiert wird. Stochastische Resonanz ist das Phänomen, das dazu führt, dass ein moderater Lärm die Reizunterscheidung und die kognitive Leistung erleichtert. Computergestützte Modellierungen zeigen, dass für das Auftreten stochastischer Resonanz in dopaminarmen neuronalen Systemen bei ADHS mehr Lärm erforderlich ist. Diese Vorhersage wird durch empirische Daten gestützt.17
Ein externes, ausreichend starkes Ereignis (Strafen, Belohnungen und neuartige Reize) löst mehrere Reaktionen dopaminerger Neuronen aus.
Zunächst eine kurze, unspezifische, vorhersageabhängige Erregung.
Bei primären Belohnungen und belohnungsvorhersagenden Reize folgt darauf das biphasischen Belohnungsvorhersagefehlersignal (Reward Prediction Error, RPE). Die RPE-Antwort dauert weniger als 1 Sekunde.
Nach diesen beiden Einganzsreaktionen folgen langsamere Erregungen oder Hemmungen mit einer großen Anzahl von ausreichend starken Ereignissen und Prozessen, einschließlich sensorischer Reize und Bewegungen. Diese spiegeln eine allgemeine Funktion von Erregung und Verhaltensaktivierung wider.
Aversive oder hochintensive Reize evozierten über einen Zeitraum von 40 bis 700 ms eine dreiphasige Sequenz von Aktivierung-Unterdrückung-Aktivierung:
* Startphase: Aktivierung bei kurzen Latenzen (40-120 ms)
* codiert die sensorische Intensität
* Mittelphase: (zwischen 150 und 250 ms)
* codiert den motivationalen Wert
* Aktivierung bei appetitiven (angenehmen) Reizen
* Unterdrückung bei aversiven (unangenehmen) und neutralen Reizen
* Belohnungsvorhersagefehler103
* Aktivität für 100 bis 200 ms erhöht, wenn Belohnung oder Belohnungsvorhersage-Reiz besser ist als vorhergesagt
* Aktivität unverändert, wenn Ereignisse gleichen Belohnungswert haben wie vorhergesagt
* Aktivität kurzzeitig gedämpft, wenn Ereignisse niedrigeren Belohnungswert haben als vorhergesagt
* Spätphase:
* Moderater “Rebound” nach starker Suppression
* auf starke Aktivierung durch hohe Belohnung folgt häufig Supression
Eine Simulation von Bursts im VTA bewirkte nach dem ersten Dopaminmaximum langanhaltende (bis zu einer Stunde) erhöhte extrazelluläre Dopaminsspiegel in Nucleus accumbens und PFC, vermutlich aufgrund einer verringerten Dopaminwiederaufnahme. Tetrodotoxin (das durch Blockade von Natriumkanälen Aktionspotentiale verhindert) beendete die Dopaminspiegelerhöhung.104
Im NAc bewirken Dopaminspiegel von 10 μM - als Ergebnis von Bursts wurden 1-10 μM berichtet105 - in vitro eine verringerte DAT-Expression im Mittelhirn. Die DAT-Inaktivierung durch Dopamin wurde durch erhöhte Rho-GTPase vermittelt. Eine Inaktivierung der Rho-GTPase unterband die Dopamin-vermittelte DAT-Internalisierung. 104 Dopamin bewirkt via D1-/D5-Rezeptoren eine erhöhte Adenylylzyklase-Aktivität, die wiederum PKA aktiviert.106 PKA deaktiviert Rho-GTPase durch Phosphorylierung.107
Es handelte sich allerdings um eine recht intensive Stimulation über jeweils 20 Minuten mit einer Reihe von elektrischen Impulsen (Impulsbreite = 1 ms, Burstbreite = 200 ms, Interburst-Intervall (IBI) = 500 ms) oder optogenetischen Impulsen (a) 20 Pulse (Pulsbreite = 1 ms) bei 100 Hz für 200 ms, IBI = 500 ms; und (b) 100 Pulse (Pulsbreite = 5 ms) bei 20 Hz für 5 s, IBI = 10 s. Dies liegt erheblich über den von Grace oder Zhang angegebenen typischen Bursts bei Ratten (siehe oben).
Möglicherweise wird diese verlängerte extrazelluläre Dopaminerhöhung für die Verfestigung von Lernerfahrungen benötigt. Denn D1- und D2-Dopaminantagonisten, die (Minuten) nach einem Verhaltenstraining systemisch oder direkt in PFC oder Striatum verabreicht werden, stören die Gedächtniskonsolidierung, während eine subkutane D2-Antagonistengabe sie verstärkt.108109110 Dopamingabe in basolaterale Amygdala oder NAc-Shell (nicht aber in den NAc-Kern) nach einem Training verbesserte die Gedächtnisleistung, während nichtselektive Dopamin-Rezeptor-Antagonisten diese Verbesserung unterbanden. Offenbar ist eine gleichzeitige DA-Rezeptoraktivierung in NAc-Hülle und der BLA für eine Gedächtniskonsolidierung erforderlich.111
Dies ergibt einen interessanten Kontext zu den häufigen Lernproblemen bei ADHS, das mit verringertem tonischem/extrazellulärem Dopamin in Verbindung steht, und den Fällen von Gedächtniskünstlern bei ASS (Filmklischee: Rainman), das mit erhöhtem extrazellulärem Dopamin in Verbindung steht.
6.3.9. Geschwindigkeit der Dopaminspiegeländerung im Gehirn codiert unterschiedliche Verhaltensweisen.¶
Die Geschwindigkeit der Dopaminspiegeländerung im Gehirn codiert unterschiedliche Verhaltensweisen.
Dopaminspiegeländerungen codieren
im 10-Minuten-Bereich: die Stärke der Motivation und Verhaltensaktivierung
im Sekundenbereich: den Wert einer zukünftigen Belohnung
im Subsekundenbereich: die Suche nach der Belohnung
Im mPFC wird die Amplitude und Richtung der synaptischen Plastizität durch langfristige (zehn Minuten) Dopaminspiegeländerungen, nicht durch kurzfristige bestimmt.112113 Im Striatum kann demgegenüber ein kurzer DA-Puls gleichzeitig mit afferenter Stimulation eine Änderung der Richtung der Plastizität bewirken.114
6.3.9.1. 10-Minuten-Bereich codiert Stärke der Motivation und Verhaltensaktivierung¶
Dopaminspiegeländerungen codieren
im 10-Minuten-Bereich (Ramps): Stärke der Motivation und Verhaltensaktivierung
Aktivierungen werden durch Veränderungen des Dopaminspiegels im Nucleus accumbens (Teil der Basalganglien im Striatum, Teil des mesolimbischen Systems) vermittelt, wenn die Veränderungen des Dopaminspiegels in einer (langsamen) Geschwindigkeit im 10-Minutenbereich erfolgen. Langsame Dopaminspiegelveränderungen über Zeiteinheiten von 10 Minuten korrelieren mit der Belohnungsrate, der Stärke von Motivation und der Verhaltensaktivität.115116
Das kortikalen dopaminerge Projektionssystem scheint auf relativ langsame Veränderungen der tonischen DA-Konzentration (über Sekunden bis Minuten) ausgerichtet zu sein und reagiert nicht empfindlich auf kurze (d.h. etwa 200 ms) phasische dopaminerge Signale.117118 Passend hierzu hat der mPFC bei gleichem extrazellulären Dopaminniveau eine wesentlich niedrigere DA-Clearance-Rate als das Striatum.119
Das PFC-Dopamin scheint aus einer Subpopulation molekular und funktionell eigenständiger DA-Neuronen im VTA zu stammen, die belohnungsbezogene Aktivität signalisieren.120 Diese Subpopulation kann tonisches Feuern mit hohen Raten über längere Zeiträume hinweg aufrechterhalten und unterliegt keiner D2-Autorezeptor-Rückkopplungskontrolle.
Phasische Aktivierungen werden durch Veränderungen des Dopaminspiegels im Nucleus accumbens vermittelt, wenn die Veränderungen des Dopaminspiegels in einer (schnellen) Geschwindigkeit im Sekundenbereich erfolgen. Schnelle (relative) Dopaminspiegeländerungen im Sekundentakt vermitteln die Bewertung einer zukünftigen Belohnung. Mit Wertveränderungen von Dopamin im Sekundenbereich wird also der Wert eines in der Zukunft liegenden Ereignisses abgeschätzt und codiert.115
6.3.9.3. Subsekundenbereich aktiviert a. Suche nach Belohnung und b. Bewegung¶
Noch kurzfristigere phasische Änderungen des Dopaminspiegels im Bereich von Sekundenbruchteilen wurden bei Ratten festgestellt, die auf ein Signal trainiert waren, auf das hin sie Zucker oder Kokain anfordern konnten. Das entsprechende Signal löste bei so trainierten Tieren einen extrem schnellen Anstieg des Dopaminspiegels aus (Zeitbereiche unterhalb einer Sekunde). Nur bei den so trainierten Tieren konnte auch eine Dopamingabe im Nucleus accumbens, die in der entsprechenden Geschwindigkeit erfolgte, die Suche nach der Belohnung auslösen.121122
Spezifisch andere zum Striatum führende Axonen reagieren auf schnelle phasische Dopaminsignale, um Bewegungsauslösung zu codieren.123
Die Unterscheidung der Wirkung von Dopamin nach Geschwindigkeit des Niveauanstiegs einerseits (Sekunden und Subsekundenbereich) und Änderungen in Richtung der Dimension des absoluten Niveaus andererseits (10-Minuten-Zeitmaß) können erklären, warum Dopamin für (kurzfristige) Motivation und (langfristiges) Lernen gleichzeitig relevant ist.
6.3.10. Schaltet Acetylcholin zwischen der dopaminergen Codierung von Belohnungsvorhersagefehler und Lernen um?¶
Verschiedene Berichte zeigen, dass Dopamin einerseits den Belohnungsvorhersagefehler und andererseits Wertesignale codiert. Möglicherweise können Dopamin-empfangende Schaltkreise aktiv umschalten, wie sie Dopamin interpretieren. Indizien deuten darauf hin, dass unter anderem Acetylcholin möglicherweise eine solche Umschaltfunktion haben könnte.
Während Dopaminzellen auf unerwartete Signale mit phasischen Spike-Bursts reagieren, zeigen cholinerge Interneurone im Striatum kurze Pausen von ca. 150 ms, in denen sie nicht feuern, und die nicht mit Belohnungsvorhersagefehlerwerten skalieren.
Diese Pausen der cholinergen Interneurone können von GABAergen Neuronen des VTA sowie von “Überraschungs”-Zellen im intralaminären Thalamus ausgelöst werden. Beispielsweise sind GABA freisetzende Neuronen des VTA, die in den Nucleus accumbens projizieren, in der Lage, cholinerge Interneuronen im Akkumulationsbereich zu hemmen, um das Lernen von Reizen und Ergebnissen zu verbessern. Möglicherweise wirken diese Pausen als Assoziationssignale, die das Lernen fördern. Während der Pausen der cholinergen Interneurone scheint der Wegfall einer muskarinischen Blockade der synaptischen Plastizität Dopamin als Signal für das Lernen zu codieren. Feuern die cholinergen Interneuronen, wird die Freisetzung von Dopamin-Terminals lokal gesteuert, um die laufende Verhaltensleistung zu beeinflussen. Dies ist jedoch noch nicht gesichert.25124125126
6.4. Zusammenwirken von tonischem und phasischem Dopamin¶
Das Zusammenwirken von tonischem und phasischem Dopamin im Striatum erlaubt eine optimale Lösung des Erkundungs-/Ausbeutungsproblems, indem es den wahren Zustand eines verrauschten Gaußschen Diffusionsprozesses schätzt. In silicio (im Computermodell) zeigte die Verbindung mit phasischen dopaminabhängigen Einflüssen auf die kortikostratale Plastizität eine Leistung auf dem Niveau des Kalman-Filters, der eine optimale Lösung für die Aufgabe bietet.127
Entscheidend war ein fluktuierendes Niveau von tonischem Dopamin, das unter unsicheren Bedingungen anstieg.
Im optimalen Bereich des tonischen Dopamins wurde die Erkundungs-Ausbeutungs-Entscheidungsfindung durch die Auswirkungen von tonischem Dopamin auf die Präzision des Modellaktionsauswahlmechanismus vermittelt.
Bei unsicherer Belohnung erlaubte die reduzierte Selektivität des Modells die Enthemmung mehrerer alternativer Handlungen, die nach dem Zufallsprinzip erkundet wurden.
Bei sicherer Belohnung war die Selektivität des Handlungsauswahlkreises erhöht, was die Ausnutzung der wertvollen Wahl erleichterte.
6.5. ADHS-Erklärungsmodelle nach tonischem und phasischem Dopamin¶
Bei ADHS-Betroffenen fand eine PET-Studie im Nucleus caudatus eine verringerte Dopaminausschüttung in Ruhe (“tonisches Dopamin”) und eine erhöhte Dopaminausschüttung während eines Flanker-Tasks (“phasisches Dopamin”). In anderen Teilen des Striatum war dies tendenziell ähnlich, jedoch nicht signifikant. Dies stützt die Hypothese überaktiver DAT.2 Dies stützt das Modell von Grace et al.
Andere Modelle vermuten bei ADHS ein Dopamindefizit an tonischem und phasischem Dopamin.
6.6. Zur Abgrenzung: tonische und phasische Rezeptortypen¶
Von phasischer und tonischer Neurotransmitterfreisetzung ist die Kategorisierung von Rezeptoren in tonische und phasische Rezeptoren zu unterscheiden. Die Rezeptorkategorisierung beschreibt die Reaktionsweise von Rezeptoren und hat mit der Ausschüttungsweise von Neurotransmittern nichts zu tun:
Marinelli M (2007): Dopaminergic reward pathways and the effects of stress. In: Al’Absi M, editor. Stress and Addiction: Biological and Psychological Mechanisms. Academic Press; Burlington: 2007. pp. 41–84 ↥