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Stress aktiviert unmittelbar das dopaminerge System im Gehirn (ZNS),2 das bei ADHS zentral beeinträchtigt ist.
Eine Metaanalyse einer großen Anzahl von Studien ergab, dass bei akutem Stress der Dopaminspiegel und der Dopaminmetabolismus besonders im PFC ansteigt, weniger hingegen in subkortikalen Bereichen.34
Stress bewirkt eine hohe Dopaminausschüttung, was D1-Rezeptoren aktiviert, die wiederum Protein Kinase A und CREB aktivieren und führt auf diese Weise zu einer Funktionsbeeinträchtigung des PFC.56
Akuter Stress erhöht den DA-Spiegel bei gesunden Ratten
Dopamin wird bei Stressantworten im Wesentlichen vom ventralen Tegmentum an den PFC und Nucleus accumbens projiziert, wobei die Projektion an den PFC besonders stresssensitiv ist.894
Dopamin spielt eine Rolle in den hedonischen und Belohnungsaspekten von Stress.
Die Auswirkungen von Stress auf sexuelle Aktivität und Appetit sowie auf die Affinität zu Drogenmissbrauch dürften durch das Dopamin-System vermittelt werden.
Dopamin erhöht die Fähigkeit neuronaler Informationsverarbeitung und damit die Lern- und Informationsverarbeitung in Bezug auf den aufgetretenen Stressor.
Die Amygdala (dort der Zentralkern) beeinflusst die Dopamin-Neurotransmission im PFC. Läsionen der zentralen Amygdala blockieren die stressinduzierte Dopaminfreisetzung in der PFC. Eine Infusion von AMPA in den Zentralkern der Amygdala bewirkt einen raschen Dopaminanstieg im PFC sowie (dadurch) ein erhöhtes Arousal.1011 Dies deckt sich mit der Rolle der Amygdala bei der Koordination neuronaler Systeme zur Verhaltensregulation bei Stress.
Akuter Stress aktiviert nigrostriatale Dopamin-Neuronen auf zwei Arten:12
- die Dopaminfreisetzung durch glutamatergen Input auf die Dopamin-Zellkörper, was die Feuerrate der Dopamin-Neuronen erhöht
- die Dopaminsynthese wird lokal auf der Ebene des Dopaminterminals beschleunigt, was das verbrauchte Dopamin ersetzt Endogenes Glutamat scheint also nicht die Dopaminfreisetzung im Neostriatum zu beeinflussen, aber glutamaterge Projektionen beeinflussen die Dopaminsynthese über einen direkten kortiko-striatalen Weg.
Stress erhöht die Dopaminsynthese im Neostriatum. Eine striatale Gabe von NMDA- oder AMPA/Kainat-Rezeptor-Antagonisten schwächte diesen Anstieg ab13, nicht jedoch eine Gabe in die Substantia nigra.12
Stress hemmt über die ausgeschüttene Corticosteroide alle “Uptake 2”-Transporter (gesichert: durch Corticosteron). Die Uptake-2-Transporter (PMAT, OCT 1 bis OCT3) haben eine höhere Dopamin-Wiederaufnahmekapazität als die Uptake-1-Transporter DAT und NET, bei zugleich geringerer Affinität. Stress erhöht damit extrazelluläres Dopamin (und Noradrenalin) durch verringerte Uptake-2-Transporter-Wiederaufnahme.
Die Uptake-2-Transporter unterscheiden sich in ihrer Empfindlichkeit gegenüber Corticosteron je nach Spezies und Gewebepräparat.1415
OCT3 ist empfindlicher gegenüber Corticosteroiden als OCT1, OCT2 und PMAT
OCR3 zeigt IC50-Werte im physiologischen Bereich für Corticosteron
OCT3 wirkt daher als kritischer Vermittler von Stress und Corticosteroideffekten auf die neuronale und gliale Physiologie und das Verhalten
OCT3 vermittelt über die durch Stress verursachte Erhöhung der Glucocorticoidhormone auf schnelle, nicht-genomische Weise, einen starken modulierenden Einfluss von Stress auf die Wirkungen von Noradrenalin, Dopamin, Serotonin und Histamin.16
Die Deaktivierung des OCT117 und des OCT318 durch Corticosteron erfolgt
schnell
durch direkte Interaktion von Corticosteron mit dem Transporter an spezifischen Stellen
Chronischer Stress bewirkt einen verstärkten Anstieg extrazellulären Dopamins und Noradrenalins im PFC auf einen neuen akuten Stressor,12192021, nicht aber im Nucleus accumbens oder Neostriatum.
Diese Erkenntnisse decken sich mit
unserer Feststellung, dass ADHS-Symptome denen einer chronischen schweren Stressbelastung ähneln
unserer Vermutung einer dopaminergen Hyperfunktion im PFC bei gleichzeitiger dopaminerger Hypofunktion in Striatum und Nucleus accumbens bei ADHS
Stress ist nicht gleich Stress. Je nach Art des Stresses werden verschiedene Auswirkungen auf das Dopaminsystem ausgelöst.
Die Arten von Stress unterscheiden sich dabei nach:
Dauer und Intensität des Stresses
Leichter Stress erhöht den Dopaminspiegel (wie auch den Noradrenalinspiegel) im PFC leicht und verbessert damit die kognitive Leistungsfähigkeit. Schwerer Stress erhöht den Dopaminspiegel und den Noradrenalinspiegel im PFC extrem und bewirkt eine Abschaltung des PFC. Die Verhaltenssteuerung wird an andere Gehirnteile ausgelagert.
Art des Stressors Jeder Stressor hat eigene, spezifische Auswirkungen auf die Neurotransmitter. Unterschiedliche Stressoren sind z.B.
Psychischer Stress
körperliche Schmerzen
Verletzungen
Kälte
Hitze
Krankheiten
Alle Stresssymptome haben jeweils eigene neurophysiologische Korrelate.
Ein neurophysiologisches Korrelat bedeutet, dass zusammen mit dem Symptom eine spezifische Aktivität oder Veränderung in einem bestimmten Bereich des Gehirns eintritt.
Niedrige Stressniveaus werden vornehmlich im mesopräfrontalen System verarbeitet. Andere aufsteigende dopaminerge Systeme werden hierdurch nicht beeinflusst.224 Dies könnte an einer erheblich geringeren Anzahl inhibitorischer D2-Autorezeptoren im mesopräfrontalen Bereich und umfangreichen exzitatorischen Signalen an das ventrale Tegmentum liegen.
Leichter Stress erhöht den Dopamin-, Serotonin- und Noradrenalinmetabolismus23 im mPFC.24
Serotonin beeinflusst
den Hypothalamus (Teil der HPA-Achse / Stressregulationsachse)
die Amygdala, die die HPA-Achse aktiviert
den Hippocampus, der die HPA-Achse hemmt.
Leichter (nicht zu langanhaltender) Stress bewirkt leicht erhöhte Noradrenalin- und Dopaminspiegel im PFC.
Leicht erhöhte Noradrenalin- und Dopaminspiegel erhöhen die Aktivität des PFC und damit dessen kognitive und exekutive Leistungsfähigkeit.
Stark erhöhte Dopamin- und/oder Noradrenalinspiegel schalten den PFC ab und verlagern die Verhaltenskontrolle an andere Gehirnareale.
Geringe bis mäßige Stresswerte erhöhen den extrazellulären25 Dopaminspiegel im Nucleus accumbens2627, jedoch nur in der NAc-Shell, nicht im NAc-Kern2829 und PFC2627, während hohe Stresswerte (intensiv, chronisch oder unvorhersehbar) den Dopaminspiegel verringern3031. Der Dopaminspiegelanstieg ist im PFC größer als im Striatum; innerhalb des striatalen Komplexes ist er in der NAc-Shell am größten.3225
Chronische Stressoren (Chronische Kälteexposition, chronischer leichter Stress) führen nachweislich zu einer Abnahme der Populationsaktivität, d. h. der Zahl der aktiven Neuronen, jedoch nur im medialen und zentralen VTA, nicht im lateralen VTA, und ohne die Feuerungsfrequenz zu verringern. Bursts wurden bei chronische Kälteexposition leicht erhöht.
Stressoren, die die Dopaminfeuerung erhöhen, erhöhen zugleich das Risiko von Sucht und Suchtrückfällen, die durch Blockade von Dopaminrezeptoren verhindert werden.
Chronischer frühkindlicher Stress verringert den Dopaminspiegel im Nucleus accumbens durch Downregulation.33
Dopamin im mPFC unterdrückt normalerweise die mesolimbische Dopaminübertragung. Dies gelingt jedoch bei extremen oder unvorhersehbaren Belastungen nicht mehr. Die Dopamin-Innervation scheint auch für die stressinduzierte Aktivierung von Neuronen in der Stria terminalis (anterolaterale BNST) wichtig zu sein.344 die sowohl bei der Aktivierung von stressabhängigen Schaltkreisen höherer Ordnung als auch bei der Erzeugung von Bewältigungsverhalten involviert sind.
Erhöhte Dopaminspiegel im mPFC führen zu einer Verringerung des Dopaminspiegels im Nucleus accumbens im Striatum (Verstärkungszentrum), was dort langfristig mittels Upregulation zur Überaktivierung der Dopamintransporter führten könnte, die ein Hauptproblem bei ADHS sind.
Chronischer Stress führt über eine Downregulation (Erhöhung der Anzahl der Dopamintransporter und Dopaminrezeptoren) zu einer Verringerung des Dopaminspiegels im PFC.
Bei chronischem Stress ist der nach der Downregulation verringerte Dopaminspiegel im PFC dennoch verbunden mit
mit einer Übererregung des PFC
mit einer Verringerung des Dopaminspiegels im Nucleus accumbens im Striatum
Chronischer frühkindlicher Stress (tägliches in die Hand nehmen bei Ratten, Handling) führt zu erhöhtem Dopaminmetabolismus im Nucleus accumbens im Erwachsenenalter. Dieser resultiert aus einem Verlust der inhibitorischen Kontrolle durch den rechten mPFC aufgrund eines dort vorzufindenden Dopaminmangels. Der Dopaminmangel wiederum korreliert mit einer Erhöhung der Dopamintransporteranzahl.35
Die Langfristigkeit (Chronifizierung) von Stress und das Maß der Kontrolle über den Stressor verändert dopaminabhängige Verhaltensweisen und die Aktivierung von Afferenzen zum Nucleus accumbens.364
Während die stressinduzierte Dopaminfreisetzung im Neostriatum durch eine Glutamatwirkung auf den Dopaminzellkörper vermittelt wird, wird die stressinduzierte Dopaminsynthese im Neostriatum durch eine Glutamatwirkung auf die Dopamin-Nerventerminals vermittelt12
Akuter Stress erhöht Dopaminstoffwechsel und Dopaminfreisetzung stärker im PFC (+ 90 %) als in subkortikalen Arealen (Nucleus accumbens + 40 %, Neostriatum + 30 %)12
Vorhergehender chronischer Stress verstärkt die Reaktion auf einen akuten neuen Stressor12
nur bei mesokortikalen Dopamin-Neuronen
nicht in den subkortikalen Arealen
Stress erhöht DOPAC im Gewebe37 und c-fos-exprimierende Neuronen38
Jeder Stressor hat seine eigene, spezifische Auswirkung auf Dopamin.39
Die meisten Stressoren erhöhen das extrazelluläre Dopamin durch einen Anstieg des Dopamin-Effluxes, einen Anstieg der neuronalen Aktivität bei der Gesamtfeuerungsrate und/oder der Bursts:25
Psychischer Stress aktiviert dopaminerg anscheinend nur das D2-Rezeptorsystem.40
Psychosozialer Stress
erhöht die Zahl der D2-Rezeptor-Bindungsstellen im Hippocampus.41
reduziert nach 4 Wochen Dauer die Bindung des Liganden 3 H-WIN 35.428 für den Dopamintransporter im Striatum.40
Chronischer psychosozialer Stress führt zu einer „Schrumpfung“ der Dendriten von Pyramidenneuronen in der Region CA 3 des Hippocampus.42
Chronischer sozialer Stress reduzierte bei Mäusen43
im Hypothalamus: Dopamin-, Noradrenalin- und Serotoninspiegel
im PFC: Serotonin- und Dopaminspiegel
Alkohol im Striatum führte bei den unterlegenen Mäusen zu keiner Erhöhung des Dopaminspiegels, während der Dopaminspiegel bei nicht unterlegenen Mäusen anstieg
erhöht Dopamin im mPFC und im Nucleus accumbens (mesolimbisches Dopaminsystem)46 sowie Acetylcholin im Hippocampus.47
Die Dopaminerhöhung im mPFC und Nucleus accumbens wie die Acetylcholinerhöhung im Hippocampus erfolgen ebenso auf die anschließende Befreiung, weshalb dies ein Korrelat emotionaler Erregung aufgrund plötzlicher Änderung der Umwelteinflüsse sein könnte.4746
erhöht die Konzentrationen des Dopamin-Metaboliten DOPAC in PFC und Nucleus accumbens48
induziert Fos-Immunoreaktivität in Dopamin-Neuronen des Ventralen Tegmentums (VTA), jedoch nicht in der Substantia nigra49
Sauerstoffmangel während der Geburt führt zu erhöhtem Dopaminmetabolismus im Nucleus accumbens im Erwachsenenalter. Dieser resultiert aus einem Verlust der inhibitorischen Kontrolle durch den rechten medialen präfrontalen Kortex (PFC) aufgrund eines dort vorzufindenden Dopaminmangels. Der Dopaminmangel wiederum korreliert mit einer Erhöhung der Dopamintransporteranzahl.35
Unterschiedliche Stressreaktionen haben unterschiedliche dopaminerge neurologische Korrelate.
Schreckhaftigkeit
wird durch erhöhtes Dopamin im dorsalen Striatum und durch Stimulation der (Dopamin produzierenden) Substantia nigra pars compacta gesteuert.2
Dopaminfreisetzung im mesolimbischen System (Nucleus accumbens = ventrales Striatum) durch elektrische Reizung des ventralen Tegmentums fördert das **aversiv motivierte Lernen
Lernen aus Stresserfahrungen
Eine medikamentöse Blockade von Dopaminrezeptoren in der Amygdala unterbindet dies.2
Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit zur Problemlösung
Störung des Sozialverhaltens (Conduct Disorder, CD)
durch ein Netzwerk aus dem ventromedialen PFC und dem limbischen System gesteuert60
oppositionelles Trotzverhalten (ODD)
durch ein Netzwerk aus dem ventromedialen PFC und dem limbischen System gesteuert60
Aggressionen
durch ein Netzwerk aus dem ventromedialen PFC und dem limbischen System gesteuert60
Angststörungen
durch ein Netzwerk aus dem ventromedialen PFC und dem limbischen System gesteuert60
Bipolare Störung
durch ein Netzwerk aus dem ventromedialen PFC und dem limbischen System gesteuert60
Denkblockaden, PFC-Deaktivierung
Eine starke Stimulation der D1-Rezeptoren durch Stress kann dazu dienen, den PFC “auszuschalten”, damit die posterioren kortikalen und subkortikalen Strukturen das Verhalten regulieren können.61
Im ZNS wird Stress vornehmlich durch Noradrenalin moduliert62
Mäßige Noradrenalinspiegel
stärken die Funktion des PFC
hohe Noradrenalinspiegel
schalten den PFC ab (was das analytische Denken beeinträchtigt)
verstärken die sensomotorischen und affektiven Regionen des Gehirns (was Wahrnehmung und Emotion intensiviert)
Akuter Stress wirkte sich noradrenerg primär auf die postsynaptische Reaktion aus und verringert die phasische Noradrenalin-Freisetzung.63
Die Aktivierung von Mikroglia durch Stress scheint mittels Noradrenalin über β1- und β2-Adrenozeptoren, nicht aber über β1-AR β3-Adrenozeptoren oder α-Adrenozeptoren vermittelt zu werden.64
Zweitklässler zeigten an Prüfungstagen einen erhöhten Cortisolspiegel und gleichzeitig einen verringerten Adrenalin- und Noradrenalinspiegel. Die individuellen Unterschiede in den ausgeschiedenen Hormonen standen in signifikantem Zusammenhang mit Persönlichkeitsvariablen, die im Klassenzimmer beobachtet wurden, sowie mit den Auswirkungen von akademischem Stress:65
Soziales Annäherungsverhalten korrelierte mit höheren Cortisol- und Adrenalinspiegeln
Zappeligkeit korrelierte mit niedrigem Adrenalinspiegel
Aggressivität korrelierte mit hohen Noradrenalinspiegeln
Unaufmerksamkeit korrelierte mit niedrigen Noradrenalinspiegeln
Dieser Abschnitt beruht auf der Arbeit von Belujon und Grace66
Das Locus coeruleus - Noradrenalin - System (LC-NE-System)
ist entscheidend involviert in
Regulierung von Verhaltenszuständen
Regulierung der Stressreaktionen
Förderung von physiologischen Stressreaktionen
Verstärkung von Erregungszuständen
Zweck: Anpassung an herausfordernde Situationen
wird durch viele Stressoren aktiviert, z.B.:
Fesselung
Fußschocks
sozialer Stress
Eine Stressbelastung erhöht
die Aktivität von Locus coeruleus-Neuronen
den Noradrenalin-Umsatz in Regionen, in die LC-Neuronen projizieren
ist an Verarbeitung von Kontextinformationen beteiligt
verarbeitet Kontext einer Stressbelastung, der für wirksame Adaption wichtig ist
LC reguliert Hemmung oder Aktivierung von vSub, was Stressanpassung unterstützen kann
vSub innerviert limbische Vorderhirnstrukturen wie
PFC
Amygdala
PFC und Amygdala projizieren zu paraventrikulärem Hypothalamus
im Ergebnis hat vSub vorgelagerten Einfluss auf die limbische Stressintegration
vSub- und BLA-Eingänge zeigen wechselseitige Aktivierung
Dysfunktionale Stressintegration, wie sie bei psychiatrischen Störungen beobachtet wird, könnte mit Dysregulation im noradrenergen System einhergehen, da Stressoren morphologische Veränderungen in Hippocampus und BLA bewirken, z.B.
Die aufsteigenden serotonergen Bahnen, die ihren Ursprung im Mittelhirn (Nuclei raphe) haben, begleiten die vom Locus ceruleus abgeleitete zentrale Stressreaktion durch die Ausschüttung von Serotonin.1
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Serotonin und Empfindlichkeit für Stress. Die Ergebnisse sind jedoch heterogen und die Ursachen und die Zusammenhänge sind noch unklar.69
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Serotonin und dem Cortisolspiegel.
Stress erhöht bei Gesunden den Serotoninspiegel70 ebenso wie den Noradrenalin-, Dopamin- und Cortisolspiegel71. Akuter Stress soll dagegen die Serotoninproduktion der dorsalen Raphekerne verringern, während Fluoxetin die Serotoninproduktion anregt.72
Starker, lebensbedrohlicher Stress scheint die Funktion und Expression der Serotonin-2-A-Rezeptoren zu erhöhen, wie es bei PTSD festgestellt wird. Paradoxerweise wirkt das PTSD-Medikament 3,4-Methylenedioxymethamphetamin als Serotonin-2-A-Rezeptor-Agonist.73
Wird die Nebennierenrinde entfernt, sodass kein Cortisol mehr ausgeschüttet werden kann,
verändert dies die Serotoninausschüttung in den dorsalen Raphekernen (DRN)
nicht bei Nomalbedingungen
verringerte sie jedoch unter Stress
Eine Stimulation der Glucocorticoidrezeptoren in den DRN unterbindet dann die stressbedingte Serotoninblockade.69
vermeidet bei chronischem unvorhersehbaren Stress74
die normalerweise entstehenden Depressionen
nicht aber die normalerweise entstehende Angst
an deren Entstehung der Mineralocorticoidrezeptor beteiligt ist
die mit der die Zellproliferation im Hippocampus eng verbunden ist
erhöht dies den Serotoninspiegel und die TPH2-Expression im Hippocampus auf chronischen unvorhersehbaren Stress.74
Wiederholter Stress erhöht die Serotoninproduktion stärker als einmaliger Stress75 und führt zu einer apikalen Dendritenverringerung im medialen PFC, was die Anzahl erregender postsynaptischer Ereignisse verringert, die mittels Serotonin und Orexin/Hypokretin vermittelt werden. Cortisol führte nicht zu dieser Folge. Ein vor dem Stress gegebener GR-Antagonist vermied die Verringerung der durch Serotonin vermittelten erregenden postsynaptischen Ereignisse, nicht aber die durch Orexin/Hypokretin vermittelten.76
Chronischer Stress erhöht den Cortisolspiegel eher durch Ausschüttung von Vasopressin als durch CRH.75
Cortisol erhöht den Serotoninspiegel in der Amygdala und im PFC77 sowie im Hippocampus.75 Dies erfolgt wahrscheinlich durch Aktivierung der Glucocorticoidrezeptoren. Denn eine Hemmung der Monoaminoxidase erhöht den Serotoninspiegel, während eine Verringerung des Cortisolspiegels diese (durch Monooxidasehemmung bewirkte) Serotoninerhöhung unterbindet.78 Diese Wirkung von Cortisol dauert (wie bei SSRI) lange und erfolgt vermutlich durch Desensibilisierung des Serotonin-1-A-Autorezeptors.79 Die durch SSRI wie Fluoxetin verursachte Desensibilisierung des Serotonin-1-A-Autorezeptors scheint jedoch unabhängig vom Glucocorticoidrezeptor zu wirken.80
Eine Entfernung der Nebenniere (in deren “Rinde” Cortisol hergestellt wird) bewirkt69
unveränderte Serotonintransporterexpression in den dorsalen Raphekernen (in denen Serotonin produziert wird)
unveränderte [3H]Cyano-Imipramin-Bindung an Serotonintransporter in den dorsalen Raphekernen
unveränderte [3H]Citalopram-Bindung an Serotonintransporter des Mesencephalon (Mittelhirn)
verringerte Serotoninwiederaufnahme im Mesencephalon (Mittelhirn)
bei gleichzeitiger langfristiger Gabe von MR- und GR-bindenden Kortikoiden keine Änderung an Serotonintransporten in den dorsalen Raphekernen, medialen Raphekernen oder im Mesencephalon
Serotoninmangel mittels eines Entzugs des Serotoninvorstoffs Tryptophan aktiviert die HPA-Achse ebenso wie ein anderer Stressor, bewirkte jedoch mit diesem zusammen keine synergistischen Stressachsenauswirkungen.8283
Eine SSRI-Gabe reduzierte in einer Studie die PTSD-Symptomschwere bei Kindern und Erwachsenen.84
Serotoninmangel steht klinisch evident in Verbindung mit81
Eine verringerte Serotonintransporterbindungsaffinität korreliert mit einer erhöhten Cortisolstressantwort und erhöhten Angstzuständen.85
Zum Serotonintransporter-Genotyp fanden verschiedene Untersuchungen
keinen signifikanten Einfluss auf Cortisolstressantwort oder Stimmung85
dass der 5-HTTLPR short/short Genotyp mit einer höheren Cortisolstressantwort korreliert
bei jungen Erwachsenen auf psychosozialen Stress86
bei Neugeborenen auf einen physikalischen Stressor87
dass die Gruppe der 5-HTTLPR short Genotypen (SS, SLG, LGLG, SLA, LGLA) im Vergleich zu 5-HTTLPR long/long (LALA) bei jüngeren Erwachsenen, nicht aber bei Kindern, mit einer größeren Häufigkeit frühkindlicher Stresserfahrungen in den ersten 5 Lebensjahren korrelierte.88
Zwillinge, die Mobbing erlitten hatten, hatten im Alter von 10 Jahren eine höhere Serotonintransporter-Methylierung als ihre Zwillingsgeschwister ohne Mobbing-Erfahrung. Zwillinge mit späterer (!) Mobbing-Erfahrung zeigten bereits mit 5 Jahren, also vor dieser (!) Mobbing-Erfahrung, eine ansteigende Methylierung im Vergleich zu ihren nicht gemobbten Zwillingsgeschwistern. Kinder mit höheren Serotonintransporter-Methylierungswerten zeigten eine abgeflachte Cortisolstressantwort.89 Dies könnte damit zusammenhängen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen (wie z.B. ADHS) häufiger Opfer von Gewalt werden. ADHS erhöhte die Wahrscheinlichkeit nach einer Studie auf das 2,7-fache.90
dass die Gruppe der 5-HTTLPR short Genotypen (SS, SLG, LGLG, SLA, LGLA) in Kombination mit vielen frühkindlichen Stresserfahrungen in den ersten 5 Lebensjahren
korreliert mit einer hohen Cortisolstressantwort auf den TSST.88 Ähnliche Ergebnisse fanden etliche weitere andere Studien.919293
dass 5-HTTLPR long/long (LALA) in Kombination mit wenigen frühkindlichen Stresserfahrungen in den ersten 5 Lebensjahren
mit einer hohen Cortisolstressantwort auf den TSST korreliert91
was eine andere Studie nur bei jüngeren Erwachsenen fand88
während eine weitere Studie keine Korrelation feststellen konnte93
Das hintere hypothalamische histaminerge System begleitet die vom Locus coeruleus abgeleitete zentrale Stressreaktion durch die Ausschüttung von Histamin.1
CRH und Cortisol sind keine Neurotransmitter, sondern Hormone, die vom Hypothalamus als erste Stufe der HPA-Achse (CRH) bzw. der Nebennierenrinde als letzte Stufe der HPA-Achse (Cortisol) gebildet werden. Da die HPA-Achse für das Verständnis von Stress und ADHS essentiell ist, verweisen wir hier auf die ausführliche Darstellung unter ⇒ Die HPA-Achse / Stressregulationsachse und ⇒ Cortisol bei ADHS.
Ältere Erwachsene
mit einer niedrigen Anzahl von Stresslebenserfahrungen in den ersten 15 Lebensjahren zeigten die höchste Cortisolstressantwort88
mit einer hohen Anzahl von Stresslebenserfahrungen in den ersten 15 Lebensjahren zeigten die niedrigste Cortisolstressantwort88
Während manche Autoren88 eine niedrige Cortisolstressantwort als Maßstab einer gesunde Reaktion betrachten, stellen wir uns die Frage, ob nicht vielmehr eine mittlere Cortisolstressantwort gesund ist und eine besonders niedrige ebenso wie eine überhöhte Cortisolstressantwort ein Zeichen einer Stresssystemschieflage darstellen, so wie das auch bei der Cortisolstressantwort der Fall ist.
7. Stress-/ADHS-Symptome durch zu hohe oder zu niedrige Katecholaminspiegel¶
Eine optimale Informationsübertragung zwischen Gehirnsynapsen erfordert einen optimalen Pegel der jeweiligen Neurotransmitter. Ein zu geringer Neurotransmitterspiegel führt zu einer nahezu identischen Signalübertragungsstörung wie ein zu hoher Neurotransmitterspiegel (Reversed-U-Theorie).94959697969899100101102103104105
Für eine optimale Signalübertragung benötigen die Pyramidenzellen des PFC eine moderate Stimulation der D1-Rezeptoren durch Dopamin und der α2A-Rezeptoren durch Noradrenalin. Dopaminbindung an D1-Rezeptoren verringert das Rauschen des Eingangssignals im PFC, indem Signale von nicht benötigten externen Quellen reduziert werden, während Noradrenalin über α2A-Rezeptoren das eingehende Signal externer Quellen verstärkt.106
Erhöhte DA- und NE-Level bewirken eine zusätzliche Belegung von Rezeptoren, was die Aufmerksamkeit verringert. Verringerte DA- und NE-Level führen dazu, dass alle eingehenden Signale identisch sind, was die Konzentration auf einzelne Aufgaben verringert.
Ein zu hoher wie ein zu niedriger DA- und/oder NE-Spiegel führen also zu sehr ähnlichen Symptomen aufgrund einer nicht optimalen Signalübertragung im PFC.107
Daher kann ein Medikament, das den Neurotransmitterspiegel erhöht und das in niedriger Dosierung gut wirkt, bei höherer Dosierung eben diejenigen Symptome hervorrufen, die es in niedriger Dosierung gerade vermeidet. Deswegen ist es ein Kunstfehler, Medikamente bei ADHS mit der angestrebten Zieldosierung zu beginnen oder diese schnell einzudosieren. Die Titrationsphase (Einmedikamentierungsphase) sollte besser besonders langsam und niedrig beginnen als zu schnell und zu hoch.
Beispiel:
Erwachsene Nichtraucher wurden in einer kleinen Studie mit Nikotinpflastern behandelt.
Bei denjenigen mit schlechter Konzentrationsfähigkeit verbesserte sich diese, bei denjenigen mit guter Konzentrationsfähigkeit verschlechterte sich diese.108
Nikotin wirkt ähnlich wie Stimulanzien, nur cholinerg anstatt dopaminerg; es erhöht also den Pegel des Neurotransmitters Acetylcholin. Ein zu niedriger Acetylcholinspiegel verursacht Konzentrationsschwierigkeiten.
Nikotinpflaster sind bei ADHS möglicherweise wirksame Medikamente. ⇒ Nikotin bei ADHS
7.2. Stress-/ADHS-Symptome durch erhöhte Katecholaminspiegel (DA / NE)¶
7.2.1. Akuter Stress erhöht Dopaminspiegel im mPFC, Striatum und Nucleus accumbens¶
Stress erhöht bei gesunden Ratten den Dopaminspiegel
Die leichten Stressreaktionen des vegetativen Nervensystems werden durch Acetylcholin und Adrenalin vermittelt.
Im zentralen Nervensystem (Gehirn) bewirken leichte Erhöhungen des Dopamin- und/oder Noradrenalinspiegels eine erhöhte Leistungsfähigkeit des PFC (ausser bei Trägern des COMT Met158Met Genpolymorphismus).112113114115116
Wird dadurch das Problem nicht gelöst (der Stressor nicht beseitigt), steigen Dopamin und Noradrenalinspiegel weiter an. Hohe Noradrenalinspiegel aktivieren die HPA-Achse (Stressachse), die so erst bei schwer bewältigbarem Stress in Aktion tritt.
Im Gegensatz zu leichten Noradrenalinerhöhungen, die den PFC anregen, schalten starke Erhöhungen von Noradrenalin den PFC ab und verlagern die Verhaltenssteuerung in posteriore Gehirnregionen.62117118119120121122
Dies dürfte dem von Dietrich123 unter Bezugnahme auf Mobbs et al124 als Posteriorisierung beschriebenen Effekt entsprechen.
Hohe Cortisolspiegel, wie sie insbesondere bei ADHS-I und SCT bei akutem Stress entstehen, stimulieren im PFC zusätzlich die Noradrenalin-α1-Rezeptoren, über die bereits Noradrenalin die Funktion von PFC und Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt. Die gleichzeitige Adressierung dieser Rezeptoren durch Noradrenalin und Cortisol verstärkt diesen Effekt.125
Daneben wird die Verlagerung der Steuerung von den kognitiven Gehirnregionen (PFC und Hippocampus) auf eher verhaltensorientierten Gehirnregionen (wie Aymgdala und dorsales Striatum) durch die cortisolergen Mineralocorticoidrezeptoren (MR) und Glucocorticoidrezeptoren (GR) reguliert.126
Cortisol, das als Stressreaktion bei ADHS-I und vermutlich auch SCT häufig erhöht ist, blockiert über die Glucocorticoidrezeptoren (GR) im PFC und Hippocampus den Abruf des deklaratorischen (expliziten) Gedächtnisses. Das nondeklarative (implizite, intuitive) Gedächtnis wird nicht beeinträchtigt.127 Dies könnte die häufig mit ADHS-I in Verbindung gebrachten Denk- und Erinnerungsblockaden erklären und ebenso, warum ADHS-I-Betroffene häufig eine höhere Intuition besitzen sollen. Dass die Verlagerung des Schwerpunkts der Gedächtnisfähigkeiten zu einer Verschiebung der Problemlösungsmuster führt, wäre jedenfalls naheliegend. Trappmann-Korr nennt dies die “holistische” Wahrnehmung. Unsere eigenen Datenerhebungen zeigen jedoch bislang, dass eine Selbsteinschätzung, intuitiv zu sein, bei 69 % der ADHS-HI-Betroffenen und lediglich bei 60 % der ADHS-I-Betroffenen vorliegt. (n = 1.100, Stand August 2019)
Wahrscheinlich wird nicht nur der Abruf (Erinnern), sondern auch die Aneignung (Lernen) und die Gedächtniskonsolidierung (Langzeitabspeicherung) von Informationen beeinträchtigt. Konsolidierung erfolgt besonders während des Schlafes in der ersten Nachthälfte, der von besonders niedrigen basalen Cortisolspiegeln geprägt ist. Konsolidierung kann dabei durch niedrige Cortisolgabe unterbunden werden.127
Cortisolstressantwort korreliert nicht mit Denkblockaden
Unsere Hypothese, dass bei ADHS-HI Denkblockaden seltener auftreten würden als bei ADHS-I, wurde durch die Auswertung von rund 1700 Datensätzen des ADxS-Online-Symptomtests nicht bestätigt. Denkblockaden traten nach unseren Daten bei ADHS-HI wie bei ADHS-I ungefähr gleich häufig auf.
Belegt ist, dass hohe Noradrenalinspiegel über α1-Rezeptoren den PFC abschalten.
Wir hatten angenommen, dass ADHS-HI-Betroffene (aufgrund einer parallel zur verringerten Cortisolstressantwort zugleich verringerten Noradrenalinstressantwort) seltener Blockaden des PFC und die damit verbundenen Denk- und Entscheidungsprobleme erleiden müssten, während ADHS-I-Betroffene (ohne Hyperaktivität/Impulsivität) aufgrund einer erhöhten phasischen Cortisolstressantwort und einer damit einhergehenden erhöhten phasischen Noradrenalinausschüttung auf akuten Stress eine häufige kurzfristig übersteigerte Stressreaktion und ein häufigeres Abschalten des PFC (durch Noradrenalin und Cortisol) erleiden würden, was häufigere Denkblockaden auslösen könnte. ⇒ Neurotransmitter bei Stress
Da die Intensität der Noradrenalinausschüttung die Intensität der Cortisolausschüttung stimuliert, hatten wir die Hypothese aufgestellt, dass Cortisol- und Noradrenalinstressantworten parallel verlaufen. Da etliche Daten darauf hindeuten, dass ADHS-I mit erhöhten Cortisolstressantworten korreliert, wäre es bei einer Korrelation von Cortisol- und Noradrenalinstressantworten logisch gewesen, dass die bei ADHS-I typischen erhöhten Cortisolstressantworten mit einer erhöhten stressinduzierten Freisetzung von Noradrenalin und einer daraus resultierend erhöhten α1-adrenergen Rezeptoraktivierung verbunden sind.
Die gleiche Häufigkeit von Denkblockaden bei ADHS-HI- wie ADHS-I-Betroffenen deutet jedoch darauf hin, dass diese Hypothese nicht richtig ist.
Da der PFC die HPA-Achse kontrolliert, wird diese durch den Wegfall der Kontrolle durch den PFC zusätzlich enthemmt.
Andere Stimmen unterscheiden zwischen kurzfristigem Stress, der die kognitive Leistungsfähigkeit des PFC erhöht, und langfristigem Stress, der sie verringert,128 was sich im Ergebnis decken dürfte.
Leicht erhöhte Katecholaminspiegel aktivieren postsynaptisch alpha2A-Adrenozeptoren (durch Noradrenalin) und D1-Rezeptoren (durch Dopamin) und verbessern so die präfrontale Regulation von Verhalten und Aufmerksamkeit, während stark erhöhte Katecholaminspiegel präfrontale Funktionen verschlechtern, indem noradrenerge alpha1-Adrenozeptoren und (exzessiv) dopaminerge D1-Rezeptoren stimuliert werden.129101
Alpha1-Adrenozeptoren sind weniger empfindlich als alpha2A-Adrenozeptoren und sprechen daher erst auf höhere Noradrenalinspiegel an. Wenn der Noradrenalinspiegel so hoch ist, dass er nicht nur die alpha2a-, sondern auch die alpha1-Adrenozeptoren aktiveren kann, hemmen die alpha1-Adrenozeptoren die kognitive Leistungsfähigkeit des PFC.130119131132
Siehe hierzu auch die Darstellung der Adrenozeptoren = Noradrenalinrezeptoren unter ⇒ Noradrenalin.
Physiologische Stressoren wie traumatische Hirnverletzungen133 oder Hypoxie134 scheinen ähnliche physiologische Wirkungen im PFC auszulösen wie psychischer Stress. Die physischen Stressoren induzieren ebenfalls die Freisetzung von Katecholaminen im mPFC und aktivieren die gleichen intrazellulären Signalereignisse (z. B. Aktivierung des cAMP-PKA-Signalwegs), die mit dem Verlust dendritischer Stacheln und der Beeinträchtigung des Arbeitsgedächtnisses einhergehen. Offenbar können verschiedene Stressoren (physische ebenso wie psychische) die Struktur und Funktion des PFC beeinträchtigen.129
Alpha1-Adrenozeptor-Antagonisten (Blocker) werden zur Behandlung von PTSD eingesetzt.
Erhöhungen von Cortisol sind mit der stressinduzierten Freisetzung von Noradrenalin und der α1-adrenergen Rezeptoraktivierung verbunden.135136
Die Erhöhung des Cortisolspiegels nach Stress wird durch Aktivierung des adrenergen Systems und der α1-adrenergen Rezeptoren vermittelt, indem eine starke Noradrenalinspiegel-Erhöhung alpha1-Adrenozeptoren im Hypothalamus aktiviert und dadurch zur Ausschüttung des Stresshormons CRH führt, das die weiteren Stufen der HPA-Achse aktiviert (Ausschüttung von ACTH und Cortisol).135137136138 CRH verringert dosisabhängig die Leistungsfähigkeit des PFC (vor allem das Arbeitsgedächtnis). CRH-Antagonisten heben diese Wirkung auf.139140
Die Aktivierung von alpha1-Adrenozeptoren durch hohe Noradrenalinspiegel verursacht damit hohe Cortisolspiegel sowie Aufmerksamkeitsprobleme.141
Der Noradrenalinspiegel im OFC und in der Amygdala korreliert bei gesunden Menschen mit der Aktivierung der HPA-Achse. Bei stark übergewichtigen Menschen ist diese Korrelation dagegen invertiert.138
Die Aktivität des PFC ist umgekehrt zu der Aktivität der Amygdala. Ein aktiver PFC korreliert mit einer weniger aktiven Amygdala und umgekehrt.142
Es ist bekannt, dass Angst und Depression bei Menschen häufiger auftreten, die Stress internalisieren, Stress also eher in sich hineinfressen (internalisierend, ADHS-I-Subtyp) als ihn nach außen auszuagieren (externalisierend, ADHS-HI/ADHS-C). Bei letzteren überwiegen externalisierende Störungsbilder wie Aggressionsstörungen (Oppositionelles Trotzverhalten; Störung des Sozialverhaltens, Borderline).
Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der Tatsache, dass bei ADHS-I die mit einer aktivierten Amygdala verbundenen Störungsbilder wie Angst und Depression häufiger auftreten, darauf schliessen, dass der PFC bei ADHS-I häufiger deaktiviert ist als bei ADHS-HI. Zusammen mit der Tatsache, dass Erhöhungen von Cortisol mit der stressinduzierten Freisetzung von Noradrenalin und der α1-adrenergen Rezeptoraktivierung verbunden sind,135136 führt uns dies zu der Hypothese, dass bei ADHS-I die Noradrenalinausschüttung auf akuten Stress analog zur Cortisolausschüttung sehr häufig überhöht sein dürfte, was eine häufigere Abschaltung des PFC und Verlagerung der Verhaltensteuerung auf subkortikale Gehirnregionen bewirkt, während bei ADHS-HI, das häufig mit einer verringerten Cortisolausschüttung auf akuten Stress verbunden ist, eine korrelierende verringerte Noradrenalinausschüttung vorhanden sein müsste, die seltener (und vor dem Aspekt einer Erholungsunfähigkeit vielleicht sogar zu selten) zu einer Herunterregulierung des PFC führt.
DAT-Knockout-Mäuse, die fast keine Dopamintransporter (DAT) besitzen (die also eine Art neurologisches Anti-Modell zu ADHS darstellen, bei dem zu viele DAT vorhanden sind) haben einige Symptome wie ADHS-Betroffene:143
Hyperaktiv
Lernprobleme
Erinnerungsprobleme
Die bei ADHS häufig komorbid auftretenden Störungsbilder
Störung des Sozialverhaltens (Conduct disorder, CD)
oppositionelles Trotzverhalten (ODD)
Psychose
Bipolar
sind typischerweise mit extrem erhöhten Dopaminspiegeln in manchen Gehirnbereichen verbunden.107
7.3. Stress-/ADHS-Symptome durch zu niedrige Katecholaminspiegel (DA / NE)¶
Massiver Dopaminmangel im Striatum führt zu einer massiven Störung des Antriebs. Das Interesse an Genuss ist verringert, während die Genussfähigkeit an sich nicht beeinträchtigt ist.
Dopaminmangel ist jedoch nur eine Möglichkeit, die genannten Symptome zu bewirken. Dopaminüberschuss verursacht weitgehend identische Symptome, da es vor allem auf eine Abweichung von einem zur Signalübertragung optimalen Dopaminlevel ankommt (siehe oben unter 1.1. und 1.2.).
Bei Ratten, denen die aufsteigenden dopaminergen Bahnen fast völlig zerstört wurden, sodass 99 % weniger Dopamin verfügbar war, fehlte anschließend der Antrieb, die von ihnen zuvor bevorzugte Zuckerlösung zu sich zu nehmen. Dieses Phänomen wurde also durch Dopaminmangel im Verstärkungszentrum des Gehirns (Striatum) verursacht. Dabei war die Fähigkeit der Genusswahrnehmung der Tiere, wenn ihnen die Zuckerlösung zugeführt wurde, nach wie vor unverändert gegeben, was sich an typischen Zungenbewegungen, die Ratten bei bei ihnen angenehmen Nahrungsmitteln machen, feststellen ließ. Diese Genussreaktion konnte zudem durch hedonisch aktivierende Substanzen (z.B. Benzodiazepine) verstärkt und durch gleichzeitige unangenehme Stimuli abgeschwächt werden.144145
Das Neurotoxin 6-Hydroxydopamin zerstört selektiv dopaminerge Neuronen. So behandelte Tiere entwickeln hyperaktives Verhalten.146
Nach anderen Darstellungen wirkt 6-Hydroxydopamin dagegen eher noradrenerg.147Noradrenalin ist bei ADHS ebenfalls wesentlich beteiligt.
Dopaminspiegel-Störungen durch 6-Hydroxydopamin zeigten eine große Bedeutung der D4-Rezeptoren im Nucleus caudatus (nicht aber von D2-Rezeptoren) bei der Entwicklung von Hyperaktivität.148
Die Betroffenen der Enzephalitis-Epidemie 1914 bis 1917 entwickelten typische ADHS-Symptome. Kinder bekamen eine hyperaktive Motorik, Erwachsene Parkinson-Symptome. Enzephalitis zerstört die Zellen in der Substantia nigra, die Dopamin herstellen. Diese Ursache konnte in Tierexperimenten als Auslöser der Symptome reproduziert werden. Die Symptome sind also Folgen des Dopaminmangels.149 Bei einer ADHS-Diagnostik muss auch heute eine Enzephalitis als Differentialdiagnose abgeklärt werden.
Perinatale Hypoxie, die zu frühkindlichem Hirnschaden (FKHS) führt, bewirkt einen Untergang der dopaminergen Zellen im Striatum, wodurch das Dopaminniveau im Striatum um bis zu 70 % sinkt.
Bei Parkinson-Betroffenen die Zellen der Substantia nigra beschädigt, wodurch die Synthese von Dopamin um bis zu 90 Prozent verringert ist. Dies bewirkt motorische Beeinträchtigungen wie Rigor, Tremor und Akinese. Depression ist bei Parkinson-Betroffenen um ein Vielfaches häufiger, was ebenfalls auf den Dopaminmangel zurückzuführen sein dürfte.150
Kokain- oder Amphetaminmissbrauch bewirkt eine Downregulation der körpereigenen Dopamin-Synthese. Nach dem Absetzen der Kokainzufuhr entsteht Hyperaktivität als Entzugssymptom aufgrund der nun zu niedrigen Dopaminspiegels.151
Nikotin, das von ADHS-Betroffenen früher und häufiger konsumiert wird,152 erhöht die Dopaminausschüttung in nigrostriatalen und mesolimbischen Arealen und verbessert dadurch die Aufmerksamkeit.153154
Gifte wie z.B. polychlorierte Biphenyle, die die Dopamin-Synthese sowie die Speicherung von Dopamin in den Vesikeln und dessen Ausschüttung hemmen und dadurch ein zu niedriges Dopaminniveau bewirken, rufen (bei Ratten bereits in subtoxischen Dosen) ebenfalls Hyperaktivität und Impulsivität hervor.155
Dysphorie wird durch Dopaminmangel verursacht (nach Wender-Utah ist Dysphorie bei Inaktivität ein Kernsymptom von ADHS bei Erwachsenen).156
Dass Dopaminmangel an der Vermittlung von ADHS-Symptomen beteiligt ist, zeigt sich an der sehr guten Wirkung von Medikamenten, die im Ergebnis den Dopaminspiegel erhöhen oder eine verbesserte Reaktion auf Dopamin vermitteln. Stimulanzien (Methylphenidat, Amphetamin-Medikamente) sowie Atomoxetin wirken als Dopaminwiederaufnahmehemmer (was die Verfügbarkeit von Dopamin im synaptischen Spalt erhöht) und regen die Dopaminproduktion an.
Dennoch sind nicht alle Medikamente, die den Dopaminspiegel erhöhen, bei ADHS hilfreich. Die Dopamin-Agonisten L-Dopa (Levodopa), Amantadin und Piribidel beispielsweise haben trotz ihrer Dopamin erhöhenden Wirkung keine positiven Effekte bei ADHS.157
Levodopa ist ein Vorstoff von Dopamin (Prodrug), der die Blut-Hirnschranke überwinden kann und wird im Gehirn zu Dopamin verstoffwechselt.158 Levodopa ist zwar hilfreich bei Parkinson und Restless-legs-Syndrom, die beide von Dopaminmangel gekennzeichnet sind, wirkt bei ADHS jedoch nicht.
Amantadin ist ein schwacher Glutamat-Rezeptor-Antagonist des NMDA-Rezeptors, erhöht die Dopaminausschüttung und wirkt als Dopamin-Wiederaufnahmehemmer. Die Wirkung bei Parkinson ist umstritten. Teilweise wird eine schwache aktivierende Wirkung auf das Arousal berichtet.159
Piribedil ist ein Piperazin-Derivat und daher ein Non-Ergot-Dopaminagonist.
Piribedil ist Agonist der D2 und D3-Dopaminrezeptoren und Antagonist der α2-Adrenorezeptor-Subtypen α2A und α2C. Es wird gegen Parkinson eingesetzt, auch zusammen mit Levodopa.
Während bei kurzfristigem Stress ohne ADHS ein Übermaß an Katecholaminen (Dopamin und Noradrenalin) im PFC vorhanden ist,143 führt früher langfristiger Stress zu einer Downregulation der Dopamin- und Noradrenalinsysteme. Beispielsweise verringert chronischer frühkindlicher Stress den Dopaminspiegel im Nucleus accumbens.33
Bewegungseinschränkender Stress bei Ratten bewirkt über Noradrenalin an Beta-Adrenozeptoren der Amygdala eine spätere Downregulation von Dopamin im ventralen Tegmentum.160
Ob bei ADHS ein zu geringes oder ein zu hohes Maß an (tonischen = langfristigen) Katecholaminen vorhanden ist, wird intensiv diskutiert.161
Die Uneinigkeit der Wissenschaft deutet darauf hin, dass beide Varianten vorkommen. Möglicherweise unterscheiden sich hieran die Subtypen und individuellen Symptomzusammensetzungen der jeweiligen Betroffenen. Unstreitig ist, dass viele ADHS-Betroffene einen verringerten Dopaminspiegel in PFC und Striatum aufweisen.
Wir gehen nach derzeitigem Wissensstand davon aus, dass bei ADHS ein Mangel an Dopamin- und Noradrenalin in dlPFC, Striatum und wohl auch Cerebellum vorliegt.
Die typischen ADHS-Medikamente (Stimulanzien und Atomoxetin wirken als Dopamin- und Noradrenalinwiederaufnahmehemmer. Stimulanzien erhöhen die DA- und NE-Pegel im PFC und Striatum, Atomoxetin nur im PFC) erhöhen die Verfügbarkeit dieser Neurotransmitter im synaptischen Spalt.
Umgekehrt müsste dies dazu führen, dass Stimulanzien bei stressinduzierten “Schein-ADHS”-Symptomen nicht wirken, da sie das bereits über dem Optimum befindlichen Dopaminspiegel noch weiter anheben und damit noch weiter vom funktionalen Niveau entfernen. Während bei ADHS die Dopamin- und Noradrenalinspiegel (bzw. die DA- / NE-Wirkung) verringert sind, haben Menschen (mit akutem, aber nicht chronisch langanhaltendem Stress) ohne ADHS keine verringerten, sondern eher erhöhte Spiegel von Dopamin und Noradrenalin. Deshalb müsste eine weitere Erhöhung der DA- und NA-Spiegel bei Nichtbetroffenen die Symptome eher verschlimmern, während sie bei ADHS hilfreich sind.
Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass diese Überlegungen berechtigt sein könnten:
Nur geringe Dosen von Methylphenidat bewirken auch bei nicht gestressten Gesunden eine Verbesserung der Aufmerksamkeit und exekutiven Fähigkeiten, höhere Dosen wirken dagegen negativ.101 Dies entspricht der leichten DA- und NE-Erhöhung bei leichtem Stress, die die kognitiven Fähigkeiten erhöht und der starken DA- und NE-Erhöhung bei schwerem Stress, die den PFC abschaltet.
Allerdings sprechen viele ADHS-Betroffene nur auf manche ADHS-Medikamente an, sodass in der Praxis aus einer Nichtwirkung von Medikamenten allein keine diagnostischen Schlussfolgerungen gezogen werden können. Dies liegt in den oben beschriebenen großen Unterschieden, welcher Stress beim jeweils Betroffenen eine Downregulation in welchen Gehirnbereichen verursacht hat.
Marinelli M (2007): Dopaminergic reward pathways and the effects of stress. In: Al’Absi M, editor. Stress and Addiction: Biological and Psychological Mechanisms. Academic Press; Burlington: 2007. pp. 41–84 ↥
Trott, Wirth (2000): die Pharmakotherapie der hyperkinetischen Störungen; in: Steinhausen (Herausgeber) Hyperkinetische Störungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, 2. Aufl., Seite 215 ↥
Trott, Wirth (2000): die Pharmakotherapie der hyperkinetischen Störungen; in: Steinhausen (Herausgeber) hyperkinetischen Störungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, 2. Aufl., Seite 214, mwNw. ↥