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Motorische Hyperaktivität ist ein sehr häufiges Symptom von AD(H)S. Hyperaktivität ist jedoch kein zwingendes Symptom von AD(H)S. Es gibt AD(H)S-Betroffene, die sehr an ihren Symptomen leiden, die weder als Kind hypermotorisch noch als Erwachsene voll innerer Unruhe waren / sind.
Eine motorische Überaktivität ist ein Charakteristikum des Subtyps ADHS und des Mischtyps. Beim Subtyp ADS (überwiegende Aufmerksamkeitsprobleme) ist Hyperaktivität schwächer ausgeprägt.1
Hyperaktivität lässt in der Adoleszenz häufig nach. Die Fachliteratur beschreibt, dass sich Hyperaktivität bei Erwachsenen meist in eine Form ständiger innerer Unruhe umwandele. Dies wird zu diskutieren sein.
Das Zappeln und ständige Bewegen könnte als innere Korrektur der Vigilanz (innere Grundspannung) und des zu niedrigen Dopaminspiegels verstanden werden. Bewegung erhöht den Dopaminspiegel.23 Zappel-Betroffene, die gezwungen werden, stillzusitzen, geben (noch) häufiger falsche Antworten, als wenn sie sich bewegen dürfen.2 Ebenso erhöht Sport vor der Schule (zum ausreagieren der motorischen Unruhe) die Lernerfolge.2
Die Daten des ADxS.org-Symptomtests zeigen folgende Veränderungen in den Altersgruppen:
Altersgruppe | motorische Hyperaktivität | Innere Unruhe | Aufmerksamkeitsprobleme |
---|---|---|---|
5- 9 Jahre (n = 9) | 0,70 | 0,80 | 0,75 |
10 – 14 Jahre (n = 15) | 0,72 | 0,68 | 0,83 |
15 – 19 Jahre (n = 48) | 0,45 | 0,62 | 0,81 |
20 – 29 Jahre (n = 373) | 0,49 | 0,70 | 0,81 |
30 – 39 Jahre (n = 492) | 0,49 | 0,74 | 0,83 |
40 – 49 Jahre (n = 301) | 0,46 | 0,74 | 0,78 |
50 – 59 Jahre (n = 158) | 0,46 | 0,72 | 0,80 |
60 – 75 Jahre (n = 32) | 0,42 | 0,74 | 0,72 |
Männer (n = 630) | 0,52 | 0,73 | 0,81 |
Frauen (n = 823) | 0,45 | 0,72 | 0,80 |
Stand Juni 2020. Die angegebenen Werte geben die Stärke der Symptome relativ zueinander wieder.
Limitierungen der Aussagekraft:
Die Daten stehen in Übereinstimmung mit der These, dass Aufmerksamkeitsprobleme bei Kindern bis 15 Jahren noch nicht vollständig ausgeprägt sind und dass motorische Hyperaktivität im Erwachsenenalter nachlässt. Sie deuten jedoch darauf hin, dass sich Hyperaktivität nicht in Innere Unruhe umwandelt, sondern dass Innere Unruhe auch bei Kindern besteht und sich lediglich weniger stark zurückbildet als Hyperaktivität. Nach der Rückbildung der motorischen Hyperaktivität scheint die Innere Unruhe lediglich besser sichtbar zu werden.
Die innere Unruhe, das stetige Gedankenkreisen (Rumination), könnte man als den “kleinen Bruder” der Hyperaktivität bezeichnen.
Innere Unruhe als eigenständiges Symptom neben Hyperaktivität?
Eine interessante Überlegung ist, ob die nach den Daten möglicherweise bereits bei Kindern bestehende Innere Unruhe aufgrund der Tatsache, dass diese sich anders als Hyperaktivität nicht oder nur wenig zurückzubilden scheint, darauf hinweisen könnte, dass Innere Unruhe ein von Innerer Unruhe / Innerem Getriebensein abzugrenzendes Symptom darstellen könnte.
Vom ursprünglichen (möglichen) Nutzen der Stresssymptome aus gedacht (ursprünglich = bevor die Menschen sesshaft wurden), könnte es hilfreich gewesen sein, wenn Kinder in einer Gefahrensituation eine erhöhte Bewegungsbereitschaft entwickeln, damit sie in Gefahrensituationen zusammen mit der Gruppe besser fliehen können. Erwachsene profitieren von einer Hyperaktivität weniger, denn sie sind es, die die Stressoren bekämpfen müssen. Beim Kampf gegen Stressoren ist ein erhöhter Bewegungsdrang nicht mehr so wichtig wie bei Kindern (die zum Kampf gegen die Stressoren wenig beisteuern können), dagegen tritt in den Vordergrund, alles zu tun, um den Stressor zu bekämpfen und keine Ruhe zu geben, bis die Gefahr bewältigt ist.
Eine Parallele hierzu ist, dass Aufmerksamkeitsprobleme bei Erwachsenen ebenfalls deutlich abnehmen oder sogar ganz remittieren können (wenn auch seltener bzw. schwächer als Hyperaktivität und Impulsivität),7 ohne dass bei diesen ein Wandel in ein anderes Symptombild beschrieben würde. Unsere Daten zeigen jedoch allenfalls nur eine sehr schwache Abnahme von Aufmerksamkeitsproblemen bei Erwachsenen.
Zweifelhaft ist, ob Innere Unruhe / Inneres Getriebensein möglicherweise eher unter eine Überschrift “Antriebsprobleme” passen und dort den Gegenpart zu Antriebslosigkeit darstellen könnte, so wie Ablenkbarkeit (zu leichtes Wechseln des Aufmerksamkeitsfokus) und Taskwechselprobleme / Hyperfokus (erschwertes Wechseln des Aufmerksamkeitsfokus) innerhalb des Überbegriffs “Aufmerksamkeitsprobleme” Gegenparts bilden. Dagegen spricht, dass Antriebslosigkeit stark mit ADS und weniger mit ADHS korreliert, während Ablenkbarkeit und Taskwechselprobleme mit ADHS und ADS gleichermaßen korrelieren.
Hyperaktivität, Zappeligkeit ist bei schwerem Stress als typisches Symptom bekannt, ebenso, dass sich bei Stress die Gedanken auf den Stressor konzentrieren (Gedankenkreisen, Rumination).
Stresssymptome sind:
Das Stresshormon CRH, das in der ersten Stufe der HPA-Achse durch den Hypothalamus ausgeschüttet wird, vermittelt unmittelbar einen Bewegungsdrang. Eine erhöhte lokomotorische Aktivität ist eine unmittelbare Wirkung des Stresshormons CRH.141516139
Symptome, die durch Stresshormone selbst unmittelbar vermittelt werden, können gleichwohl auch AD(H)S-spezifischen Symptome sein. Chronischer Stress wie AD(H)S vermitteln ihre Symptome durch Dopamin- und Noradrenalinmangel im Gehirn.
Grobmotorische und feinmotorische Störungen sollten von motorischer Hyperaktivität getrennt betrachtet werden.
Erscheinungsformen:
Die ersten Daten aus dem ADxS.org-Online-Symptomtest (Stand Oktober 2018) deuten darauf hin, dass grobmotorische Probleme beim ADHS-Subtyp mit Hyperaktivität weitaus häufiger auftreten als beim ADS-Subtyp. Untersuchungen belegen den Zusammenhang zwischen grobmotorischen Problemen und Hyperaktivität/Impulsivität.18
Grobmotorische und feinmotorische Störungen sollten von motorischer Hyperaktivität getrennt betrachtet werden.
Erscheinungsformen:
Feinmotorische Probleme sind bei ADHS wie bei ADS in etwa gleich häufig.19
Diamond (2005): Attention-deficit disorder (attention-deficit/hyperactivity disorder without hyperactivity): A neurobiologically and behaviorally distinct disorder from attention-deficit (with hyperactivity), Development and Psychopathology 17 (2005), 807–825, S. 819 ↥
Studie des MIND Institute der Universität California, zitiert nach Winkler in http://web4health.info/de/answers/adhd-menu.htm ↥ ↥ ↥
Barkley, Benton (2010): Das große Handbuch für Erwachsene mit ADHS ↥
Mick, Faraone, Biederman (2004): Age-dependent expression of attention-deficit/hyperactivity disorder symptoms, Psychiatr Clin N Am 27 (2004) 215–224 ↥
Dr. Rolf Merkle, Diplom-Psychologe: Stress – was versteht man darunter? ↥
Gruber: Fragebögen zur Stressdiagnostik; Fragebogen 1: Streß-Folgen ↥ ↥
Prof. Dr. med. Volker Faust: Erschöpfungsdepression; Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln; PSYCHIATRIE HEUTE; Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Gesundheit ↥
Hebold (2004): Stress und Stressverarbeitung bei Kindern und Jugendlichen, in: Schluchter, Tönjes, Elkins (Hrsg.), Menschenskinder! Zur Lage von Kindern in unserer Gesellschaft. Band zur Vortragsreihe des Humanökologischen Zentrums der BTU Cottbus, Seite 86 ↥
Edel, Vollmöller (2006): ADHS bei Erwachsenen, Seite 113 ↥ ↥
Rensing, Koch, Rippe, Rippe (2006): Mensch im Stress; Psyche, Körper Moleküle, Seite 96, Seite 151 ↥
Egle, Joraschky, Lampe, Seiffge-Krenke, Cierpka (2016): Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung – Erkennung, Therapie und Prävention der Folgen früher Stresserfahrungen; 4. Aufl., S. 45 ↥
Arborelius, Owens, Plotsky, Nemeroff (1999): The role of corticotropin-releasing factor in depression and anxiety disorders. J Endocrinol 1999; 160: 1–12, Seite 5 zitiert nach Egle, Joraschky, Lampe, Seiffge-Krenke, Cierpka (2016): Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung – Erkennung, Therapie und Prävention der Folgen früher Stresserfahrungen; 4. Aufl. S. 46 ↥
Cook, Kelshaw, Caswell, Iverson (2019): Children with Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder Perform Differently on Pediatric Concussion Assessment. J Pediatr. 2019 Aug 30. pii: S0022-3476(19)30956-4. doi: 10.1016/j.jpeds.2019.07.048. ↥
Jansen, Philipsen, Dalin, Wiesmeier, Maurer (2018): Postural instability in adult ADHD – A pilot study. Gait Posture. 2018 Oct 17;67:284-289. doia: 10.1016/j.gaitpost.2018.10.016. ↥
Mokobane, Pillay, Meyer (2019): Fine motor deficits and attention deficit hyperactivity disorder in primary school children. S Afr J Psychiatr. 2019 Jan 22;25:1232. doi: 10.4102/sajpsychiatry.v25i0.1232. eCollection 2019. ↥ ↥