In diesem Beitrag fassen wir – der Vollständigkeit halber – weitere Medikamente zusammen, die in einzelnen Veröffentlichungen im Zusammenhang mit ADHS genannt wurden, jedoch nicht verbreitet zur Behandlung von ADHS verwendet oder erörtert werden.
1. Sonstige primär dopaminerge Medikamente¶
1.1. Risperidon¶
Anwendung bei geistig behinderten Kindern mit ADHS-HI und aggressiven Verhaltensweisen (laut Bundesärztekammer).
Dosierung: niedrig (0,5 bis 1,5 mg/Tag, verteilt auf zwei Dosen).
Risperidon blockiert (wenn auch nur zu 1/3 im Vergleich zu Haloperidol (Marke: Haldol)) den Dopamin-D2 Rezeptor und hat damit antipsychotische Wirkung.
Eine placebokontrollierte Studie zur Wirksamkeit von Risperidon oder Divalproex-Natrium bei Kindern mit ADHS im Bezug auf nach einer optimalen Einstellung auf Stimulanzien verbleibendes aggressives Verhalten. Eine hohe Ansprechrate während der offenen Stimulanzien-Optimierungsphase der Studie deutet darauf hin, dass eine rigorose Titration der Stimulanzien-Medikation und eine gleichzeitige Verhaltenstherapie die Notwendigkeit einer zusätzlichen Medikation vermeiden kann. Führte dies nicht bereits zu einer Symptomremission des aggressives Verhaltens, waren Risperidon wie Divalproex-Natrium wirksame Begleittherapien. Risperidon war mit Gewichtszunahme assoziiert. Eine andere Studie zu Divalproex kam zu ähnlichen Ergebnissen.
Die Nennung im Kontext zu ADHS kommt wohl von einer zeitlich befristeten Anwendbarkeit bei massiver Aggressivität. Es wurden positive Wirkungen bei neben ADHS bestehender komorbider Aggression berichtet.
Zum Problem der Blockade von D2-Rezeptoren bei ADHS siehe unter ⇒ Allgemeine Hinweise zu Antipsychotika als D2 Antagonisten bei ADHS.
Zur klassischen Medikation von ADHS (ohne Minderbegabung oder Aggressivität) ist Risperidon jedenfalls nicht geeignet.
1.2. Isoproterenol / Isoprenalin¶
Isoproterenol ist ein Beta-Adrenorezeptor-Agonist. Ab einer bestimmten Dosierung erhöht Isoproterenol die Dopaminfreisetzung im Nucleus accumbens stark.
Einsatz als ADHS-Medikament kaum bekannt.
1.3. Gingko-Extrakt EGb 761
Eine Untersuchung behauptet eine selektive Erhöhung des Dopaminniveaus im PFC für 40 bis 180 Minuten nach Einnahme um bis zu 63 %, jedoch nur im Rahmen einer Langzeiteinnahme, nicht aber einer Kurzzeitgabe von EGb 761 (100mg/kg). Zugleich habe sich der Noradrenalinspiegel um bis zu 20 % erhöht. Der Serotoninspiegel habe sich nicht verändert. Es habe eine Verbesserung der Lernfähigkeiten bewirkt.
Ob eine Verbesserung auf ADHS-Symptome bewirkt wird, oder ob, wie bei Levodopa, das ebenfalls das Dopaminniveau erhöht, keine Wirkung bei ADHS besteht, wurde nicht beschrieben.
Eine Nutzung als Medikament bei ADHS sollte vor weiteren Untersuchungen nicht erfolgen, zumal die Untersuchung offenbar nicht in einer Fachzeitschrift erfolgte, was darauf hindeutet, dass kein strenges Reviewverfahren, wie es bei Fachzeitschriften üblich ist, durchgeführt wurde.
1.4. Baikalin¶
Untersuchungen thematisieren eine Verringerung von Hyperaktivitäts-Symptomen durch Baikalin bei Ratten.
Baikalin scheint wie MPH die motorischen Fähigkeiten sowie die Lern- und Gedächtnisfähigkeiten von SHR-Ratten (Tiermodell von ADHS-C) regulieren zu können und damit die Kernsymptome von ADHS-C, d.h. Hyperaktivität, impulsives Verhalten und Unaufmerksamkeit, zu verbessern. Baikalin wirkt dosisabhängig. Im Vergleich zu MPH braucht es eine längere Zeit, um seine therapeutische Wirkung zu entfalten.
Baikalin könnte eine therapeutische Wirkung bei ADHS ausüben durch
- Erhöhung des Dopaminspiegels im Striatum (während MPH Dopamin im PFC und Striatum erhöht)
- Upregulation des AC / cAMP / PKA-Signalwegs
Bei den Autoren aller verfügbarer Quellen scheint sich jeweils um dieselben Personen bzw. denselben Hauptautor zu handeln. Veröffentlichungen anderer Autoren zu Baikalin bei ADHS waren nicht aufzufinden. Vor einer Verifikation durch mehrere verschiedene Autorenteams und einer Überprüfung an Menschen sollten die Ergebnisse nicht dazu verwendet werden, Baikalin als Medikament an Menschen auszuprobieren.
1.5. Amphetaminil¶
Handelsname: AN1
Amphetamin- / Methamphetaminähnlicher Wirkstoff, der vom Körper zu Amphetamin metabolisiert wird. Als ADHS-Medikament erwähnt, aber völlig unüblich und kaum dokumentiert.
(1.6. Pemolin)¶
Pemolin soll eine vergleichbare Wirkung gehabt haben wie MPH.
Aufgrund leberschädigender Wirkung wurde es 2006 aus dem Handel genommen.
Frühere Handelsnamen: Cylert, Stimul, Tradon
2. Sonstige Medikamente mit primär anderweitiger Wirkungsart¶
2.1. Sertralin¶
- überwiegend serotonerg wirksam.
- Sigma-1-Antagonist
- verschlechtert psychotische Symptome
Einsatz von Sertralin als ADHS-Medikament kaum bekannt.
2.2. Axura / Ebixa¶
Axura /Ebixa sind Demenz-Mittel.
Sie sind überwiegend glutamaterg wirksam.
Als ADHS-Medikamente sind sie kaum verwendet.
2.3. Opipramol¶
Opipramol ist ein vornehmlich anxiolytisches (angstlösendes) trizyklisches Antidepressivum.
Opipramol bindet stark an Sigma-1- und Sigma-2-Rezeptoren, hemmt allerdings nicht wie übliche TZA die Wiederaufnahme biogener Amine. Subtherapeuthische Dosen verringern die Sigma-2-Rezeptorendichte.
2.4. Brexpiprazol¶
Eine Studie zur Verwendung von Brexpiprazol bei Stimulanzien-Nonrespondern fand keine signifikante Verbesserung der ADHS-Symptomatik.