Dieser Beitrag behandeln endogene (körpereigene) Opioide. Endogene Opioide wirken als Neurotransmitter und sind an der Regulierung von Stress beteiligt.
1. Opioidsystem¶
Das körpereigene Opioidystem ist beteiligt an der Regulation von
- Stress
- Belohnungsverarbeitung
- der Entstehung stressbedingter Verhaltensweisen wie
1.1. Kappa-Opioidrezeptoren (KOR / OP2)¶
Akuter Stress
- erhöht Dynorphin in den Dopaminneuronen des VTA
- dies bewirkt eine verlängerte Aktivierung der Kappa-Opioidrezeptoren (KOR, OP2) im ventralen Tegmentum in GABAergen Zellen
- dies wiederum bewirkt eine Unterdrückung der Langzeitpotenzierung der GABAergen Zellen (auch durch einmaligen Stress)
- was wiederum Dopamin im Nucleus accumbens verringert und Anhedonie auslöst.
- Stress oder Drogenmissbrauch erhöht die Aktivität des Transkriptionsfaktors CREB (cAMP response element binding protein) im Nucleus accumbens, was die Expression des Opioidpeptids Dynorphin erhöht, das wiederum Symptome von Angst oder Depression verursacht.
Frühkindlicher Stress durch soziale Isolation verstärkt die KOR-induzierte Downregulation der dopaminergen Zellen des Nucleus accumbens.
Die Verfügbarkeit von KOR in einem Netzwerkkreis aus Amygdala, anteriorem cingulären Cortex und ventralem Striatum scheint dysphorische / anhedonische Symptome nach einem Trauma zu moderieren.
Dies deutet auf einen durch KOR modulierten Mechanismus als Folge von chronischem Stress hin, der mit depressiven Symptomen korreliert.
Namalfene (ein partieller KOR-Agonist und MOR- und δ-Opioidrezeptor-Antagonist) reduzierte das antizipatorische Belohnungsverhalten bei Hennen, nicht aber die Nahrungsaufnahme insgesamt.
KOR-Antagonisten verringerten in vivo den bei der humanen DAT-Genvariante VAL559 erhöhten Dopamin-Efflux und normalisierten die Dopaminfreisetzung. Ebenso wurde die bei hDAT VAL559 verstärkte DAT-Thr53-Phosphorylierung und das erhöhte DAT-Trafficking normalisiert. Umgekehrt erhöhten KOR-Agonisten im Wildtyp die DAT-Thr53-Phosphorylierung und das DAT-Trafficking. hDAT VAL559 wird mit ADHS, ASS und BPD assoziiert.
1.2. M-Opioidrezeptoren (MOR/μ-Opioidrezeptor/Mü-Opioidrezeptor)¶
MOR modulieren den mesolimbischen Dopaminpfad und dessen stresspuffernde Wirkung. Mu-Opioide aktivieren via MOR den mesolimbischen Dopaminpfad (wirken hier Dopamin erhöhend) durch Beseitigung der Hemmung von GABA-Interneuronen.
Eine chronische Corticosteron-Gabe induziert depressives Verhalten. Eine gleichzeitige Gabe des (vollständigen) MOR-Agonisten Tianeptin behebt das. Tianeptin als Serotoninantagonist (der also Serotonin verringernd wirkt) soll mindestens äquivalente antidepressive Wirkung wie SSRI zeigen. Im Gegensatz zu SSRI verhinderte Tianeptin die durch Cortisol verursachte Atrophie der Dendriten des Hippocampus und konnte eine bereits eingetretene Dendriten-Atrophie im Hippocampus wieder umkehren, selbst wenn die Corticosteron-Zufuhr fortgesetzt wurde..
Tianeptin bewirkt etliche opiatähnliche Verhaltenseffekten wie Analgesie (Schmerzlinderung), erhöhte motorische Aktivität, verringerte Nahrungsaufnahme und verändertes Belohnungsverhalten. Alle genannten Veränderungen traten in Mäusen ohne MOR nicht auf. Tianeptin führte allerdings weder zu Toleranzentwicklung noch zu Entzug.
Der partielle Mu-Opioid-Agonist Buprenorphin reduzierte bei Menschen die Cortisolreaktion und die Bedrohungswahrnehmung auf den TSST.
Mü-Opioide modulieren Stressreaktionen.
Gesunde zeigten während sozialer Ablehnung eine erhöhte MOR-Aktivierung von
- rechtes ventrales Striatum (Nucleus accumbens)
-
Amygdala bilateral
- Thalamus midline
- Periaquäduktales Grau
Gesunde zeigten während einer sozialen Akzeptanz
- eine erhöhte MOR-Aktivierung in:
- rechte anteriorer Insula
-
Amygdala links
- eine verringerte MOR-Aktivierung im
Schwer Depressive zeigten während der Zurückweisung eine verminderte MOR-Aktivierung (z.B. verminderte endogene Opioidfreisetzung) in Hirnregionen, die Stress, Stimmung und Motivation regulieren, und eine langsamere emotionale Erholung im Vergleich zu Gesunden. Während der sozialen Akzeptanz zeigten nur Gesunde eine erhöhte soziale Motivation, die positiv mit der MOR-Aktivierung im Nucleus accumbens korrelierte. Die Autoren deuten dies als Hinweis darauf, dass die Reaktion von Opioiden auf akuten Stress in belohnungsabhängigen Regionen der Schlüssel zur Aktivierung eines Mechanismus zur aktiven Bewältigung von Stressoren sein könnte, der bei chronischem Stress und schwerer Depression beeinträchtigt sein könnte.
Namalfene (ein partieller KOR-Agonist und MOR- und δ-Opioidrezeptor-Antagonist) reduzierte das antizipatorische Belohnungsverhalten bei Hennen, nicht aber die Nahrungsaufnahme insgesamt.
1.3. Nozizeptin/Orphanin FQ (N/OFQ)-Rezeptorsystem¶
Möglicherweise sind das Opiopeptid Nozizeptin/Orphanin FQ und seine Rezeptoren an der Entstehung von stressbedingten anhedonischen Verhaltensweisen beteiligt.
Stress und Manipulationen, die depressionsähnliche Verhaltensweisen induzieren, bewirken eine Upregulation des N/OFQ-Rezeptors (NOP). Ein selektiver N/OFQ-Rezeptor-Antagonist zeigte eine ähnliche antidepressive Wirkung wie Imipramin und behob die Folgen von mildem unvorhersagbarem Stress.
NOP-Rezeptoren befinden sich auf dopaminergen Neuronen einschließlich des VTA. Der NOP-Agonismus hemmt die Neurotransmission von Dopamin im
-
ventralen Tegmentum
-
Nucleus accumbens
Chronischer Stress (soziale Niederlagen) induziert bei Ratten
- Anhedonie
- erhöhte N/OFQ-Peptid-mRNA-Spiegel im Striatum.
NOP- und Nozizeptinrezeptor-mRNA-Spiegel in Schlüsselregionen der Belohnungsverarbeitung und Stressregulation
-
ventrales Tegmentum
-
Striatum
-
Anteriorer cingulärer Cortex
korrelieren mit Anhedonie.
Die Upregulation von NOP scheint die Entstehung von stressbedingter Anhedonie zu beeinflussen.
2. Dynorphine¶
Dynorphine sind Opioidpeptide. Es bestehen verschiedene weitere Formen:
- Dynorphin A
- Dynorphin B
- alpha-Neoendorphin
- beta-Neoendorphin
- Dynorphin A(1-8)
- Big Dynorphin (ein Molekül aus Dynorphin A und Dynorphin B).
3. Enkephaline¶
Enkephaline sind (wie Endorphine und Dynorphine) endogen (vom Körper selbst) produzierte Opioidpeptide.
Sie sind am Schmerzempfunden beteiligt.
Es gibt Met-Enkephalin und Leu-Enkephalin. Sie werden durch das Proenkephalin-Gen (PENK) reguliert.
Enkephalin bindet an den Opioidrezeptor, was eine Verringerung der Schmerzempfindung bewirkt.
Stress kann das mesokortikolimbische enkephalinerge System regulieren. Akuter Stress erhöhte, chronischer Stress verringerte die Enkephalinexpression im Striatum von Ratten.
Enkephalin reguliert die Freisetzung von mesocorticolimbischem Dopamin im ventralen Tegmentum. Enkephalin vermittelte die durch chronischer Stress erhöhte Dopaminausschüttung im ventralen Tegmentum bei Ratten. Dies scheint durch eine Blockade des D2-Rezeptores im Nucleus accumbens erleichtert zu werden.
Chronischer sozialer Stress verringert die Enkephalin-Gen-Expression im Nucleus accumbens und die Expression von Opioidrezeptoren im VTA.
Die Expression von D1- und D2-Rezeptoren im Striatum der Ratte erfolgt in unterschiedlichen Populationen durch Mitwirkung von Proenkephalin und Substanz P.
Im Kern des Nucleus accumbens wie im Putamen des Striatums exprimieren Prodynorphinzellen selektiv Dopamin-D1-Rezeptoren, Proenkephalinzellen dagegen selektiv Dopamin-D2-Rezeptoren.
Im rostralen Pol und der Shell des Nucleus accumbens exprimieren Proenkephalinzellen lediglich Dynorphin und Dopamin-D1-Rezeptoren.
D3-Rezeptoren werden durch Proenkephalin nicht exprimiert.